Skandalöse Enthüllungen

Skandalöse Enthüllungen

EU leistet Beihilfe zur Tötung von Flüchtlingen

Über ein Jahr hinweg haben der Bayerische Rundfunk, der Spiegel und weitere internationale Medienpartner intensive Recherchen über den Umgang mit Flüchtlingen vor den Außengrenzen Europas angestellt.

Von lg
EU leistet Beihilfe zur Tötung von Flüchtlingen
Flüchtlinge in der Wüste. Stockvektorgrafik: shutterstock_2119422416

„Für die Recherche reisten Reporterinnen und Reporter nach Tunesien, Marokko und Mauretanien – Länder, mit denen die EU Abkommen zur Eindämmung irregulärer Migration geschlossen hat. Sie verifizierten Videos, filmten die Aktionen, wo immer möglich selbst, werteten Satellitenbilder und vertrauliche Dokumente aus,  sprachen mit Dutzenden Migranten, Diplomaten, EU-Beamten und Polizisten. Mehr als 50 Asylsuchende schilderten den Reportern, wie sie von Sicherheitskräften in entlegenen Gebieten ausgesetzt wurden“, so berichtet der Spiegel.

 

Das Ergebnis bringt Licht ins Dunkel der EU-Politik vor ihren Außengrenzen. Schnell verblasst der Heiligenschein der ach so demokratischen und humanitären Europäischen Union angesichts der neuerlichen Enthüllungen.

 

Erst vor sechs Tagen publizierte die Bundesregierung stolz, dass nun der Rat der Europäischen Union die „Reform der europäischen Migration- und Asylpolitik final angenommen“ habe. Bundeskanzler Scholz lobte es als „historische Einigung für eine humane Begrenzung von irregulärer Migration. Für verlässliche Registrierungen an den Grenzen“. Sogar das Wort „solidarisch“ verwendete Scholz in diesem Zusammenhang. Innenministerin Faeser (SPD) versprach zugleich „geordnete Asylverfahren“.

 

In Wirklichkeit wird offenbar, dass die EU mitsamt der deutschen Bundesregierung die ganze Zeit zweigleisig fährt: Einerseits wird juristisch und politisch das Asylrecht auf europäischem Boden faktisch aufgehoben und die Genfer Flüchtlingskonvention mit Füßen getreten. Begleitet werden diese Maßnahmen mit roher Gewalt, damit Flüchtlinge nicht einmal mehr in die neuen Flüchtlingslager an den Außengrenzen der EU gelangen können.

 

Die Reporterinnen und Reporter haben aufgedeckt, dass systematisch Flüchtlinge aus Tunesien, Marokko und Mauretanien gewaltsam verschleppt und außer Landes gebracht werden. Das Rechercheteam dokumentierte 14 Verschleppungsaktionen alleine aus Tunesien. Ein Flüchtling aus Kamerun, François, hat seine Erlebnisse sorgfältig dokumentiert: In Tunesien wurde er mit anderen Flüchtlingen plötzlich gefangengenommen, sie wurden gezwungen, in Busse zu steigen, um dann nach stundenlanger Fahrt ins Ungewisse in der Wüste an der Grenze zu Algerien ausgesetzt zu werden. Die tunesischen Sicherheitskräfte haben ihnen noch zugerufen: Wer zurückkommt, wird umgebracht.

 

Diese Schilderung ist kein Einzelfall, sondern wird von 50 verschiedenen Migranten berichtet und belegt. In Marokko filmten Reporter selbst, wie marokkanische Sicherheitskräfte Migranten jagten, sie festnahmen und mehrere 100 Kilometer entfernt aussetzten. In Mauretanien beobachteten Reporter, wie Migranten mit Lastwagen in ein Gefängnis und dann an die Grenze zu Mali transportiert wurden – wohl gemerkt in ein Gebiet, das von Terroristen beherrscht ist. Spanische Beamten erhielten später sogar Namenslisten, wer an der Grenze zu Mali zurückgelassen wurde. Wenigstens ist die ordnungsgemäße Bürokratie erledigt.

Welche Rolle spielt die EU dabei?

Der Spiegel beschreibt die Verantwortung der EU wie folgt: „Im Norden Afrikas verschleppen von der EU finanzierte Sicherheitskräfte Tausende Asylsuchende, die nach Europa wollen, und setzen diese anschließend mit Wissen der Europäer in entlegenen Gebieten aus, bisweilen mitten in der Wüste.“ Fakt ist:

 

  • Die europäische Kommission ebenso wie die EU-Mitgliedsstaaten wurden von vielen Stellen über die oben geschilderte Politik informiert – bauen die Kooperation mit den Regierungen von Tunesien, Marokko und Mauretanien zur Bekämpfung der Migration zeitgleich aus.
  • Im Sommer 2023 vereinbarten EU und Tunesien einen Deal, wodurch alleine für den tunesischen Grenzschutz 105 Millionen € von der EU zur Verfügung gestellt werden.
  • Seit 2015 werden die tunesische Grenzpolizei und Nationalgarde durch die deutsche Bundespolizei ausgebildet.
  • Die drei genannten Ländern erhalten Ausrüstung sowie Fahrzeuge wie Pick-ups für den Grenzschutz. Pick-ups aus den europäischen Lieferungen wurden bei der Verschleppung von Migranten gefilmt. Das deutsche Innenministerium investierte 31 Millionen € für Ausbildung und Ausrüstung der tunesischen Grenzschützer.
  • Im Februar versprachen Ursula von der Leyen und der spanische Ministerpräsident Sanchez eine halbe Milliarden Euro für die „Migrationskontrolle“ an Mauretanien. Innenministerin Faeser (SPD) vereinbarte im Januar eine enge Zusammenarbeit mit Marokko im Kampf gegen Flüchtlinge.
  • Ohne Scham schreibt das Entwicklungsministerium auf seiner Homepage stolz über seine Zusammenarbeit mit Libyen: „Mit Zusagen in Höhe von 128 Million € seit 2015 ist Deutschland der zweitgrößte entwicklungspolitische Geber nach den USA.“ Jeder Flüchtling weiß: Libyen bedeutet für Menschen mit schwarzer Hautfarbe die Hölle. (bmz.de/de/laender/libyen)
  • Zeitgleich werden durch Deutschland überall auf der Welt die besten Fachkräfte abgeworben, wodurch der Notstand in den ohnehin gebeutelten Ländern noch verstärkt wird.

Handelt es sich nur um einen Missbrauch durch die Sicherheitsbehörden?

Angenommen, dem wäre so. Dann hätten die EU und zuallererst Ursula von der Leyen oder die Sozialdemokratin Faeser nach diesen und ähnlichen Enthüllungen die Reißleine ziehen und alle Gelder stoppen müssen, bis eine Aufklärung durch Tunesien, Marokko, Libyen oder Mauretanien erfolgt.

 

Doch das Bundesinnenministerium verweist nur darauf, man habe „die Verbringung“ von Flüchtlingen „in das libysch-tunesische und algerisch-tunesische Grenzgebiet im Sommer 2023 mehrfach scharf und öffentlich kritisiert“. Heißt erstens: das Bundesinnenministerium ist bestens informiert. Heißt zweitens: die Kritik ist nur Publicity und Imagepflege. Denn seit der Kritik vom Sommer wurden die Abkommen wie oben beschrieben ausgebaut und die sogenannten „Verbringungen“ gingen ungehindert weiter.

 

Zu den aktuellen Enthüllungen will sich Ursula von der Leyen nicht äußern. Hat ihr großes Mutterherz plötzlich aufgehört, für Menschenkinder zu schlagen? Ihre Sprecherin teilte lediglich mit, man erwarte von seinen Partnern Respekt vor Menschenrechten und Menschenwürde. Ach wie gut! Allerdings, so der schnelle Einwand: für die Strafverfolgungsbehörden seien die Behörden der Partnerländer selbst zuständig. Wenn die Partner aber für ihre Sicherheitskräfte selbst verantwortlich sind, dann bedeutet das auch, dass von der EU bedingungslos weiter Gelder und Ausrüstung fließen sowie Ausbildungen stattfinden.

 

Weit weniger Spielraum räumte das deutsche Außenministerium der UNRWA im Gazastreifen ein. Als Israel ohne Beweise behauptete, einige seiner Mitarbeiter wären am Terroranschlag am 7. Oktober beteiligt gewesen, erklärte es ohne eigene Prüfung: „Bis zum Ende der Aufklärung wird Deutschland … keine neuen Mittel für UNRWA in Gaza bewilligen“. In Gaza hätte damit eine humanitäre Katastrophe eingedämmt werden können. Doch in Libyen, Tunesien, Mauretanien und Marokko wird mit deutschen und europäischen Geld eine humanitäre Katastrophe angerichtet.

 

Die Spitzenkandidatin der MLPD, Monika Gärtner-Engel, sagt dazu: "Die Recherchen belegen, dass es um ein ganzes System der Abschreckung, Unterdrückung und Beihilfe zur Tötung von Flüchtlingen gibt, um sie auf ihrem Weg nach Europa zu stoppen. Während hierzulande immer gegen brutale Schleuserbanden gewettert wird (zurecht!), kommt nun raus: Ebenso menschenverachtend verhalten sich Sicherheitskräfte, die von der EU finanziert und von Deutschland ausgebildet werden. Das zeigt: Die EU ist kein humanitäres Projekt, sondern ein imperialistisches, eiskaltes Blockbündnis, das über Leichen geht."

 

Die Heuchelei im Europawahlkampf stinkt angesichts dessen zum Himmel! Die MLPD plakatiert stattdessen Klartext: „Freiheit für Kapital, Stacheldraht für Menschen? HEUCHLER!“