Wald erholt sich nicht

Wald erholt sich nicht

Waldschadensbericht 2023 – Flickschusterei statt Kampf gegen die Ursachen!

Am 13. Mai 2024 veröffentlichte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir den Waldschadensbericht 2023 mit dem traurigen Ergebnis: Vier von fünf Bäumen sind krank, der Wald erholt sich nicht. Özdemir verkündet: „Hauptursache für diese fatale Entwicklung sind die Auswirkungen der Klimakrise. … Der Wald entwickelt sich zum Dauerpatienten.“ Es sei deshalb nötig, dem wertvollen Ökosystem „eine Langzeitkur" unter anderem mit einem Umbau zu mehr Mischwäldern zu verschreiben. Dies sei ein Generationenprojekt.

Von gb
Waldschadensbericht 2023 – Flickschusterei statt Kampf gegen die Ursachen!
Abgestorbenen Fichten im Erzgebirge (foto: bdk (CC BY-SA 3.0))

Ganz davon abgesehen, dass es sich hier nicht mehr um eine "Klimakrise" handelt, sondern um eine begonnene globale Klimakatastrophe, ist folgendes  auffällig: Im Waldschadensbericht 2022 wurde auch schon festgestellt, dass vier von fünf Bäumen krank sind.

 

Jeder Arzt sollte seine Diagnose und Therapie überprüfen, wenn der Patient keine Fortschritte zeigt, sondern die Krankheit bei genauerer Betrachtung weiter voranschreitet: "Vor allem unsere älteren Bäume über 60 Jahre sind von Schaderscheinungen betroffen, doch auch bei den jüngeren Bäumen zeigt sich ein negativer Trend", heißt es in der Erhebung. Besonders im Blick stehen vier Hauptarten, die zusammen drei Viertel aller Bäume ausmachen. Nur bei Kiefern wurden nun leichte Verbesserungen festgestellt - der Anteil mit deutlichen Schäden sank von 28 Prozent auf 24 Prozent. Bei Fichten stieg er um drei Prozentpunkte auf 43 Prozent, bei Buchen um einen Punkt auf 46 Prozent und bei Eichen um vier Prozentpunkte auf 44 Prozent.

Pseudoreform und Subventionen – typisch Ampelregierung

Özdemir bereitet eine Reform des fast 50 Jahre alten Bundeswaldgesetzes vor, die mehr Klimaschutz mit wirtschaftlichen Perspektiven für Waldbesitzer vereinen soll. Wetten, dass sich die „wirtschaftlichen Perspektiven“ durchsezten werden? Ampel-Partnerin FDP fordert hier auch gleich „mehr Freiraum für die Waldbauern.“ Özdemir verkündet lieber ein Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“. 2024 seien 250 Millionen Euro eingeplant, „um den Wald gegen die Klimakrise zu wappnen". Zwölf Kriterien muss der Waldbesitzer einhalten, um in den Förderungsgenuss zu kommen. Vorsichtshalber werden Ausnahmekriterien und wachsweiche Formulierungen gleich mitgeliefert. Kostprobe: „Die Naturverjüngung hat Vorrang, sofern klimaresiliente, überwiegend standortheimische Hauptbaumarten in der Fläche auf natürlichem Wege eingetragen werden und anwachsen.“ Wachsen die jungen Bäume nicht an, egal: Geld gibt es trotzdem.

 

Passend dazu beschloss das EU-Parlament im September 2023: „Holzbasierte Biomasse wird weiterhin als erneuerbare Energie eingestuft.“ So können die großen Waldbesitzer also auch noch an der Holzverbrennung kräftig verdienen – mit grünem Heiligenschein!

Was nützt der Reparaturschlosser, wenn das Haus noch brennt?

So berechtigt Özdemirs Hinweis auf die Erderhitzung als Ursache des Waldsterbens ist, so ist das immer noch eine sehr unvollständige und einseitige Betrachtung. Die weltweite monopolistische Holzindustrie rodet gnadenlos die Regenwälder oder sie werden für die Jagd nach Gold, Öl und anderen Bodenschätzen platt gemacht. Stehen indigene Umweltschützer hier im Weg, werden sie nicht selten ermordet. Auch im Rahmen der EU wird zum Beispiel in Rumänien in den Karpaten der dortige Urwald im Kahlschlag und meist illegal abgeholzt - mit Duldung der EU, der Bundesregierung und der rumänischen Regierung. Große jährliche Waldbrände auf inzwischen allen Kontinenten werden völlig unzureichend bekämpft!

 

Es ist der Kapitalismus, der Waldzerstörung und Klimakatastrophe zusammen mit noch mehreren anderen hauptsächlichen Faktoren der begonnenen globalen Umweltkastastrophe verursacht. 13 Prozent der Treibhausgase stammen aus der Zerstörung der Wälder.

 

In dem von der Regierung und bürgerlichen Medien unterdrückten Buch „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen“ könnte und sollte Özdemir folgendes nachlesen: „Aufforstung ist zweifellos dringend geboten. Die entscheidende Frage ist jedoch, wie sie erfolgt. Bundesminister Özdemir fällt nicht mehr ein, als schlicht 'Mischwald statt Monokulturen' zu fordern. So wichtig Mischwälder sind, so ist die Alternative zu Monokulturen aus kranken Bäumen wohl kaum ein Mischwald aus kranken Bäumen! Entschieden fordert demgegenüber der berühmteste deutsche Förster, Peter Wohlleben: 'Wir müssen weg von der völlig auf Holzertrag fokussierten Bewirtschaftung unserer Wälder … Die Kühlungs- und die Wasserspeicherfunktion muss einen höheren Stellenwert erhalten. Wir müssen gewährleisten, dass das Ökosystem Wald arbeitsfähig bleibt.' Wohlleben warnt, 'Wiederaufforstungen schlagen … immer häufiger fehl'".(Seit 371)

Gemeinsam den gesellschaftsverändernden Umweltkampf entwickeln!

Im Buch findet der Leser ab Seite 449 auch Leitlinien für ein erweitertes Kampfprogramm der Sofort- und Schutzmaßnahmen gegen die globale Umweltkatastrophe. Hier findet man auch die Forderungen:

„Schutz der Wälder und Moore

  • Sofortiger, entschädigungsloser Stopp der Rodung von Regen­wäldern/tropischen Urwäldern. Herstellung der vollen Rechte ihrer indigenen Bevölkerung und Nutzung ihrer ökologischen Weisheit. Regenwälder zu internationalen Schutzzonen machen.
  • Einschränkung der Waldwirtschaft zum Schutz der Wälder, nachhaltige Aufforstungsprogramme, standortgerechte
  • Misch­wälder statt Monokulturen und Verbindung mit geeigneten Bewässerungsprogrammen. Paradigmenwechsel in der Forstpolitik mit oberster Priorität des Walds als ökologisches System.
  • Drastische Reduktion der Holzverbrennung. Nutzung von Holz als CO2-Speicher bei Bau und Wärmedämmung, Textilien und Pflanzenkohle.
  • Umfassende Verhütung von Waldbränden. Wo möglich ­Löschen mit minimiertem Wassereinsatz, unter anderem mit Wassernebel.
  • Stopp der Vernichtung der Moore. Sofortige umfassende Renatu­rierung von Mooren und Flusslandschaften.
  • Forschungsschwerpunkt: Nachhaltigkeit von Aufforstungs­programmen, Waldbrandbekämpfung.“ S. 453-454

 

Unmissverständlich wird auch klargestellt: „Die Leitlinien dieses Sofort- und Schutzprogramms können nur im entschlossenen Kampf durchgesetzt werden. Er muss als Schule des Klassenkampfs, um eine gesellschaftsverändernde Umweltbewegung, um die Einheit von Arbeiter- und Umweltbewegung geführt werden.“ (S. 449)

 

Dieses Buch leistet nicht nur eine allseitige wissenschaftliche Bestandsaufnahme der begonnenen globalen Umweltkatastrophe, es weist auch wissenschaftlich nach, dass allein der echte Sozialismus die verheerenden Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus beenden und die menschlichen Lebensgrundlagen retten kann. Dass sich Kapitalisten, Regierung und Monopolparteien davor fürchten, dass dieses Buch breite Kreise zieht, wundert nicht. Es sollte erst recht ein Grund sein, den Gesamtband „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen -  Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur“ zu kaufen, möglichst gemeinsam zu lesen und zu studieren und den Umweltkampf zu entwickeln.