Von der RW-Webseite

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Stefan Engel: Die Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Kultur grundsätzlich führen!

Die Redaktion des theoretischen Organs der MLPD, des Revolutionären Weg, hat Anfang Mai einen Beitrag des Redaktionsleiters Stefan Engel online gestellt: "Die Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Kultur grundsätzlich führen!" "Rote Fahne News" dokumentiert den Brief.

Stefan Engel

Stefan Engel schrieb ihn bereits im Februar 2022. Er befasst sich mit der Ausarbeitung eines Abschnitts für die kommende RW-Ausgabe Nr. 39: »Die Krise der bürgerlichen Gesellschaftswissenschaften, der Religion und der Kultur« zur Krise der bürgerlichen Kultur.

 

Liebe Genossen,

 

ich habe euren Abschnitt für den Revolutionärer Weg Nr. 39 »Die Krise der bürgerlichen Gesellschaftswissenschaften, der Religion und der Kultur« zur Krise der bürgerlichen Kultur jetzt durchgearbeitet. Ich bin nicht einverstanden mit dem Abschnitt, weil er eigentlich keine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Kultur führt.

 

Ihr beginnt richtigerweise mit dem bürgerlichen und dem proletarischen Kulturbegriff, wobei ihr zu der Unterscheidung von Kultur und Kulturbetrieb kommt. Im Folgenden wird aber diese Unterscheidung überhaupt nicht mehr vorgenommen und ständig Kultur und Kulturbetrieb durcheinandergeworfen. Hier wurde in eine wichtige Auseinandersetzung geführt ohne praktische Konsequenz. Man hat den Eindruck, dass dieser Absatz erst nachträglich eingefügt wurde, ohne den gesamten Text mit dieser Erkenntnis zu durchdringen.

 

Es wäre zweckmäßig, dass man dann einen Absatz zur bürgerlichen Kultur macht und später einen zur bürgerlichen Massenkultur. Es ist mir überhaupt nicht erklärlich, warum ihr diese Auseinandersetzung um die bürgerliche Kultur nicht richtig weltanschaulich führt. Ich sehe keine bürgerlichen Definitionen über die Kultur, keine Vorgaben, was die Kultur nach Ansicht der bürgerlichen Ideologie leisten soll und welche weltanschaulichen Auseinandersetzungen da stattfinden, mit denen man sich polemisch auseinandersetzen kann.

 

Stattdessen wird dann sofort auf die Dekadenz der bürgerlichen Kultur abgehoben, die meines Erachtens einseitig hervorgehoben wird, während die besondere Rolle der bürgerlichen Kultur zur Manipulation der öffentlichen Meinung überhaupt nicht erschöpfend behandelt wird. Die ganze bürgerliche Kultur nur als »dekadent« einzuschätzen, ist auch deshalb einseitig, weil sie dann nicht einen solch allseitigen Einfluss auf die Denk-, Lebens- und Arbeitsweise der Menschen haben könnte.

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Es gibt auch verschiedene Kulturformen, auf die man eingehen muss, die Musik, die Literatur, Theater, Filme usw. Aber wenn das nur so negativ wäre, wird überhaupt nicht klar, warum zum Beispiel mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung lieber Volksmusik als andere Musik hört, wobei der inhaltliche Unterschied gar nicht so wesentlich ist. Ihr untersucht überhaupt nicht, was der Gehalt dieser Volksmusik ist. Das wird nur in abstrakten Formulierungen dargelegt, ohne einmal konkret zu werden.

 

Auch die ganze Dimension der bürgerlichen Massenkultur wird nicht behandelt. Einmal wird kurz angedeutet, dass der Individualismus gefördert wird. Aber das ist nicht das einzige. Es werden auch die bürgerliche Familienordnung, der kleinbürgerliche Ehrgeiz, die Unterwürfigkeit, der Antiautoritarismus usw. gefördert. Hier gibt es überhaupt keine Untersuchung, was diese Kultur alles macht, was natürlich nur möglich ist, wenn man sich auch mit den üblichen Texten der Schlager, der Filme usw. befasst.

 

Gar nicht dargelegt wird auch, wie sich die bürgerliche Massenkultur im Lauf der Zeit verändert hat, insbesondere mit dem System der kleinbürgerlichen Denkweise und dem Auftreten der allgemeinen Krisenhaftigkeit des imperialistischen Weltsystems. Überhaupt ist auffällig, dass die Frage der Krise der bürgerlichen Kultur nicht richtig ausgeführt wird.

 

Es sind sicher einige gute Auseinandersetzungen drin. Ich habe auch versucht, einzelne Änderungen durchzuführen. Aber die Sache ist meines Erachtens nicht allseitig zu Ende analysiert und auch in der Synthese nicht ausreichend. Es ist relativ willkürlich und unterschätzt im Grunde genommen die Bedeutung der bürgerlichen Kultur im weltanschaulichen Kampf.

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Ich meine also, dass eine Konkretisierung des ganzen Abschnitts dringend erforderlich ist. Vor allem scheint euch die Notwendigkeit der wissenschaftlichen Polemik nicht einsichtig zu sein. Viel zu viel wird kommentiert, statt zu polemisieren!

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Soweit erst einmal, herzliche Grüße

 

Zuerst hier auf der Webseite des Revolutionären Weg erschienen.

 

Dort veröffentlicht die RW-Redaktion regelmäßig Rezensionen über die theoretischen Schriften der MLPD und Briefwechsel aus der und über ihre theoretische Arbeit.