1. Mai
Kämpfe gegen die Folgen des imperialistischen Weltsystems und Offenheit und Diskussionen zum Sozialismus
Wie an jedem 1. Mai fanden die ersten großen Demonstrationen in Manila auf den Philippinen und in Seoul in Südkorea statt. Auf den Philippinen ging es um eine Verbesserung der Arbeiterrechte, für Lohnsteigerungen und gegen das Ende der traditionellen "Jeepneys" - eine Art öffentliches Taxinetz. In Seoul haben tausende Arbeiter gegen die arbeiterfeindliche Politik der konservativen Regierung unter Präsident Yoon Suk Yeol demonstriert.
In Istanbul griff die Polizei mit Tränengas und Gummigeschossen eine Demonstration zum Taksim Platz an. Seit langen Jahren versucht das Erdoğan-Regime, den Arbeitern die Demonstrationen auf dem Taksim Platz mit Gewalt zu verwehren. Am 1. Mai 1977 hatten faschistische Heckenschützen am Taksim Platz auf eine Demonstration mit rund 500.000 Teilnehmern geschossen und zahlreiche Menschen getötet. In Deutschland wendet sich der DGB-Maiaufruf richtig gegen die Tarifflucht, den Abbau von Sozialleistungen und die AfD. Zu der Gefahr eines Dritten Weltkrieges und der Umweltzerstörung verliert er leider kein Wort. Das widerspricht der Tradition des 1. Mai, der in der Geschichte immer eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Kriegsgefahr spielte. Weltweit - so auch in Deutschland - protestierten Menschen auf vielen Demonstrationen und Kundgebungen gegen die Folgen der allseitigen Krisen des imperialistischen Weltsystems: Proteste gegen die Kriege im Gazastreifen, wo die israelische Armee einen Völkermord begeht, und in der Ukraine, gegen die drastisch hoch gefahrenen Waffenlieferungen, z.B. der USA an die Ukraine und an Israel, gegen die Abwälzung der Krisenlasten und gegen die Folgen der begonnenen Umweltkatastrophe.
In einer Korrespondenz aus Malaga (Spanien) heißt es: "Vom Klassenkampf zu sprechen, war bei den etwa 1500 Demonstranten weitgehend Konsens, auch wenn sicherlich unterschiedliche Richtungen darunter verstanden werden. Die Kundgebung wurde mit dem Abspielen der Internationale beendet. ... Aus dem 1. Mai eine Solidaritätsveranstaltung für den Präsidenten Sánchez (PSOE) zu machen, wurde von vielen kritisiert. Einen wichtigen Schwerpunkt bildete die Solidarität mit dem palästinensischen Volk, die in Spanien sehr groß ist." Ein Korrespondent aus Griechenland berichtet: "Große Demonstrationen in Athen und anderen großen Städten. Studenten demonstrierten gemeinsam mit den Hafenarbeitern, Bauarbeitern und Beschäftigten in der Tourismusbranche. Die Forderungen: Tarifverträge mit Lohnerhöhungen, sofortige Abschaffung der arbeiterfeindlichen Gesetze, die den 8-Stunden-Arbeitstag untergraben, für den 7-Stunden-Tag an fünf Tagen - 35 Stunden die Woche. Die Streikkundgebung drückte ihre Solidarität mit den kämpfenden Menschen in Palästina aus und prangerte die polizeiliche Unterdrückung der US-Studenten an. Die Internationale mit gestreckten Fäusten wurde von einigen Tausenden auf dem Syntagma Platz gesungen"
In Deutschland ging es auch gegen die Pläne zu Massenentlassungen in der Stahlindustrie, in mehreren Automobil- und Zulieferkonzernen, aber auch in der Chemie- und Elektroindustrie. Speziell im Ruhrgebiet spielte die am Tag zuvor in Duisburg stattgefundene Kundgebung gegen den Kahlschlag bei Thyssen eine bedeutende Rolle: In vielen Diskussionen unter den Teilnehmern ging es um die dort zutage getretenen zwei Wege: Warten die Stahlarbeiter jetzt die nächsten Verhandlungen Ende Mai ab oder bereiten sie einen selbständigen Streik vor. Geben sie sich mit dem Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen zufrieden oder muss es um den Kampf um jeden Arbeitsplatz gehen? In Hannover fand die Hauptkundgebung des DGB mit der Bundesvorsitzenden und ehemaligen SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi statt. Auf der Demonstration waren ca. 5000 Teilnehmer, beim Familienfest ca. 10.000 Teilnehmer. Betriebliche Delegationen kamen von VW und ZF. Alle Gewerkschaften waren vertreten. International waren die ATIK, ein Block der Kurden, Iraner und ein großer Block der Palästinenser vertreten. Die MLPD war mit offenem Mikrofon, Beiträgen und Liedern fester Bestandteil der Demonstration.
Eine besondere Provokation vor dem 1. Mai ist in Deutschland der 12-Punkte-Plan der FDP als Angriff auf die sozialen und ökologischen Rechte der Arbeiter und der Massen. Direkt zum 1. Mai forderte der Präsident des Monopolverbands BDA, dass die Leute "länger und mehr arbeiten müssen", während Kapitalisten verstärkt zu Arbeitsplatzvernichtung übergehen. In vielen Diskussionen spielte eine Rolle, dass sich die SPD und Grünen Führung zwar aus Rücksicht auf ihre Massenbasis von den Vorschlägen des FDP-Parteitages distanzieren, aber in Wirklichkeit auch eine arbeiterfeindliche Politik machen.
Bundeskanzler Scholz sprach an diesem 1. Mai nicht selbst auf einer Kundgebung, sondern argumentierte in einem Video. Er lehnte das von der FDP geforderte spätere Renteneintrittsalter ab. Dabei brüstete er sich wegen der von seiner Regierung beschlossenen Erhöhung des Mindestlohnes auf 12 Euro. Wie viel davon durch die hohe Inflation noch übrig ist, vergaß er leider in seinem Video zu berechnen.
Auf vielen Demos und Kundgebungen spielte die Diskussion über den Sozialismus eine wichtige Rolle. Diese Diskussion über eine gesellschaftliche Alternative zum Kapitalismus konnte durch die Versuche, die MLPD oder kämpferische Organisationen mit Standverboten zu belegen, nicht unterbunden werden. Nach bisherigen Informationen konnten diese Versuche nirgendwo durchgesetzt werden. In Gelsenkirchen z.B. : "Verschiedene Organisationen, darunter die MLPD, hatten für dieses Fest vom DGB Emscher-Lippe ein Standverbot auferlegt bekommen. Selbstverständlich erkämpften sich diese Organisationen das Recht auf ihren Stand am 1. Mai und führten diese erfolgreich durch. Ein schöner, kämpferischer 1. Mai bei bestem Wetter." Ähnlich auch in Oberhausen und Hagen, wo die wachsende Kritik daran, wie der DGB den 1. Mai durchführt, mit der Diskussion darüber verbunden ist, wieder Maidemonstrationen durchzuführen und dem 1. Mai wieder einen kämpferische Charakter zu verleihen.
In allen Ländern, von denen bisher Berichte vorliegen, spielte auch die Diskussion über einen gesellschaftsverändernden Kampf und den Sozialismus eine Rolle. So gab es Diskussionen darüber, warum die MLPD vom "echten Sozialismus" spricht und sich damit vom Revisionismus, der sich nach 1956 als "real existierender Sozialismus" tarnte und den Sozialismus diskreditierte, abgrenzt. Der 1. Mai ist von der sozialistischen Arbeiterbewegung ins Leben gerufen worden. In Deutschland stellte die MLPD besonders in den Mittelpunkt, welche Lehren sie aus der weltweiten Niederlage des Sozialismus für einen neuen Anlauf zum echten Sozialismus zieht. Aus Heilbronn wird dazu berichtet: "In Gesprächen zum Vertrieb des Buchs „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen“ (drei verkaufte Exemplare) und dem aktuellen Rote Fahne Magazin gab es wenig Vorbehalte zum Sozialismus als Alternative.". Zum Sozialismus war in Heilbronn eine wichtige Diskussion, "wie die Einhaltung der Prinzipien im Sozialismus kontrolliert werden kann." In Moers berichteten die Kollegen am MLPD-Stand: "Von einer großen Offenheit für die Diskussion über den echten Sozialismus. Besonders, welche Lehren aus der weltweiten Niederlage des Sozialismus für einen neuen Anlauf zu ziehen sind. Das Entscheidende ist, ob und wie die proletarische Denkweise als Grundlage der Arbeit durchgesetzt wird." Aus Bochum wird berichtet, dass das neue Magazin der Roten Fahne mit dem Titel "Sozialismus, aber echt" sehr anziehend ist und sich gut verkaufte. Auch aus Oberhausen wird berichtet: "Großes Interesse bestand am neu erschienenen 'Sozialismus am Ende?' und dem Gesamtband zur globalen Umweltkatastrophe am Büchertisch der MLPD." Auch aus Hannover wird berichtet: "Es gab viele Diskussionen über den Sozialismus, teilweise kontrovers. Es gab viel Interesse an der begonnenen globalen Umweltkatastrophe. Diese wird aber zu Teilen noch unterschätzt." Für die MLPD war der 1. Mai Startschuss für eine Kampagne zum breiten Vertrieb dieses Buches, worüber es tausende Diskussionen gab und etliche Bücher verkauft wurden.
In verschiedenen Städten machte das Internationalistische Bündnis eine Auftaktkundgebung (Duisburg, Gelsenkirchen, Dortmund), in Dresden fand zum ersten Mal seit langem wieder eine DGB-Demonstration statt. Die Bergarbeiterbewegung Kumpel für AUF nutzte den 1. Mai zum Auftakt für ihre Unterschriftensammlung für "ein Programm für eine lebenswerte Zukunft". Ein Kollege sammelte in eineinhalb Stunden zwölf Unterschriften "in Verbindung mit intensiven Diskussionen über den erfolgreichen Protest gegen die Kündigung eines Kollegen bei Kali und Salz in Thüringen, weil der sein Recht auf freie Meinungsäußerung auf einer Betriebsversammlung genutzt hat." In Heilbronn "bestimmten Rebellen und Rotfüchse mit Werbung für das Pfingstjugendtreffen das Bild". In Köln verkauften die Rotfüchse erfolgreich Nelken für 2 Euro und sangen dazu.
Die Kundgebungen des DGB gingen in vielen Städten anschließend in Familienfeste über. In Chemnitz wie in Dresden wurde heute auch gegen AfD-Veranstaltungen zum 1. Mai demonstriert. In Chemnitz zogen die Gegendemonstranten mit Livemusik direkt an der AfD-Kundgebung vorbei, sodass einer der Sprecher seine Rede unterbrechen musste. Auf Plakaten forderten sie „AfD-Verbot jetzt“ und „Stoppt die AfD“. In Heilbronn demonstrierten aktive Kolleginnen gegen die Schließung zweier Standorte durch den AfD-Freund Müller (Milch).