Kontroverser Diskurs - starker Wunsch nach Klarheit und gemeinsamer Aktivität
Wegweisende Umweltstrategiekonferenz in Potsdam – Gesellschaftsverändernder Kampf ist nötig!
„Arbeiter- und Umweltbewegung gemeinsam – weltweit! Retten wir die Lebensgrundlagen der Menschheit!“ Das Motto wurde Programm. Erfolgreich tagte die Strategiekonferenz in Potsdam mit über 450 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Sie kamen aus über 40 Organisationen und fünf Parteien, der ganzen Bandbreite von Religion bis Revolution und aus 13 Ländern.
Schon in ihrer Zusammensetzung und in ihrem Ablauf war sie besonders: 12 Impulsreferate und geschätzte 100 Diskussionsbeiträge zeugten von hoher Kompetenz, berichteten detailreich und öffneten vielfach den Blick, dass mit dem Kapitalismus keine Rettung der Menschheit möglich ist. Entsprechend großen Raum nahm die Frage ein, wie ein gesellschaftsverändernder Kampf organisiert und wie eine solche befreite Gesellschaft aussehen soll – was ist echter Sozialismus? Auch wenn noch viele Kontroversen und auch andere Vorstellungen der Zukunft bestehen.
Hier kamen Aktivisten zu Wort von der Umweltgewerkschaft, der Letzten Generation, Fridays for Future, Omas for Future, Parents for Future, von XtinctionRebellion, der RAZ (Rückendeckung für eine aktive Zivilgesellschaft), Climate Justice, der Linkspartei, ÖDP, MLPD und ihres Jugendverbands REBELL, Young Struggle, dem Frauenverband Courage, Solidarität International oder Kommunaler Personenwahlbündnisse. Beeindruckend war die Diskussion auf Augenhöhe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Azubis, Studierenden, internationaler Bergarbeiterbewegung, Arbeiterinnen und Arbeitern aus Energie-, Stahl- und Autoindustrie sowie aus dem öffentlichen Dienst, die sich alle als Umweltkämpfer und Umweltkämpferinnen verstehen.
Sie nahmen besonders die Regierung ins Visier sowie die internationalen Monopole, belegten kompetent deren Rolle als Hauptverursacher der eingetretenen globalen Umweltkatastrophe. Dabei wurde ein verfeinertes Greenwashing einer „Transformation in eine sozial-ökologische Zukunft“ (Kali+Salz) ebenso aufgedeckt wie von der nötigen Diskussion unter den Kollegen berichtet, um damit fertig zu werden. Ebenso wurden rechte faschistische Pseudo-Alternativen angegriffen. Das erfordert auch eine Selbstveränderung jedes einzelnen, angesichts der Dramatik der Entwicklung den Kampf um die Rettung der Menschheit nicht als untergeordnete Frage zu behandeln. „Man muss das Bewusstsein über die brenzlige Situation schaffen, in der wir jetzt stecken. Kriegsgefahr, Umweltkatastrophe. Aber: dass noch nicht alles zu Ende ist," so ein Kollege. Die Rolle der Arbeiterklasse wurde auch hinsichtlich der Beherrschung des technologischen Fortschritts diskutiert, mit ihrer internationalen Vernetzung sowie ihre Kampffähigkeit ist sie eine unverzichtbare Kraft. Ebenso gehören Jugend- und Frauenbewegung zur Umweltbewegung!
Dabei konnte die Konferenz schöpfen aus Erfahrungen der internationalen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus: Frankreich, Indien, Israel, Kongo, Marokko, Österreich, Peru, Russland, Spanien, Togo, Ukraine, Westsahara, Zypern. Entschieden protestiert wurde gegen die Verweigerung der Einreise einer Delegierten aus dem Jemen durch die Deutsche Bundesregierung und Behinderung der Einreise aus Malawi. Die Konferenz erklärte ihre Solidarität mit dem Kampf der unterdrückten Völker wie in Palästina oder gegen den Mord an Umweltaktivisten in Peru.
Die Methode war gelungen: durch den Aufbau die ganze Kompetenz des breiten Teilnehmerkreises zum Tragen zu bringen: Impulsreferate mit anschließender Diskussion zu den Blocks „Beurteilung der Dramatik der Umweltkatastrophe, Ursachen und allgemeine Schlussfolgerungen“, „Strategien und Wege und Widerstandsformen zur Rettung der Lebensgrundlagen der Menschheit“ und die „Schlussdiskussion zu den Ergebnissen und Vereinbarungen zur weiteren Zusammenarbeit, Diskussion und Verabschiedung einer Abschlussresolution“. Parallel ein Informationsprogramm mit 14 Infoständen beteiligter Organisationen und Initiativen.
Die Unmenge vorbereiteter Redebeiträge verarbeiteten die vielseitigen Erfahrungen – zugleich wurde im Laufe der Diskussion gemeinsam drum gerungen, daraus wirklich die strategischen Fragen herauszustellen, den eigenen Kampf einzuordnen in die gesamte Weltlage und nicht Gefahr zu laufen, durch Überbetonung einzelner Aspekte die Existenz und Dimension der begonnenen globalen Umweltkatastrophe zu unterschätzen. Ob die Umweltzerstörung bereits eine Gesetzmäßigkeit im Kapitalismus geworden ist, ist noch nicht Konsens und muss weiter beraten werden.
Nur mit geeigneten Prinzipien kann die Umweltbewegung ihre Selbständigkeit behalten. Dafür waren die im Vorfeld vereinheitlichten und auf der Konferenz nochmals beschlossenen und weiterentwickelten Grundlinien entscheidend:
"Unsere Grundlinien sind: Demokratische und solidarische Streitkultur um die gemeinsame Sache, weltanschauliche Offenheit – Antikommunisten, Antisemiten, Rassisten, Faschisten und Klimaleugner (wurde weiterentwickelt zu: Leugner des menschengemachten Klimawandels) haben auf der Konferenz nichts verloren. Wir sind überparteilich, jede Partei, Organisation und Bewegung kann sich gleichberechtigt einbringen, hat das Recht eigenständig aufzutreten und trägt wiederum zum Gesamtgelingen der Konferenz bei. Auch Einzelpersonen sind herzlich willkommen. Wir sind finanziell unabhängig, wir organisieren die Konferenz selbstständig, gestützt auf alle beteiligten Kräfte."
Solche Prinzipien werden und wurden heftig attackiert und mit Schlagworten und antikommunistischen Vorwürfen um sich geworfen. Diese Spaltung gab es auch im unmittelbaren Vorfeld der Konferenz, wenige Tage vor ihrem Beginn: Mit Dreck um sich zu werfen, statt die Auseinandersetzung zu suchen? Manche waren aber auch gerade deshalb gekommen, um die Auseinandersetzung zu suchen und sich ein eigenes Bild zu machen. Hier muss berücksichtigt werden, dass einige noch nie mit der Arbeiterbewegung zu tun hatten und für andere es die erste Berührung mit der Umweltbewegung war. Hier sind wir in der Auseinandersetzung vorangekommen.
„Ich hoffe, dass wir zumindest den Weg ebnen, um die Arbeitenden und die Umweltbewegung zusammenzuführen und so eine wirkliche gesellschaftliche Kraft auf den Weg zu bringen die wirklich etwas verändern kann“, so Christian Behrens von der Koordinierungsgruppe. Das ist gelungen – nicht zuletzt durch die Abschlussdiskussion, die in konkreten Vereinbarungen und einer Abschlussresolution mündete. (sie wird in Kürze dokumentiert)
Gabi Fechtner brachte neben ihrem Impulsreferat „Echter Sozialismus statt Untergang in die globale Umweltkatastrophe“ den vorwärtstreibenden Gedanken ein, dass diese Konferenz keine Eintagsfliege bleiben darf. Dass hier eine Basis, Bewegung und Bandbreite der Strömungen entstanden ist, die verstetigt werden sollte. Sowohl in die alltägliche Zusammenarbeit an den Orten als auch in künftigen Umweltpolitischen Ratschlägen mit internationaler Beteiligung in regelmäßigen Abständen. Darüber gab es eine Debatte, ob sie öfter als alle zwei Jahre oder schon früher stattfinden sollte. Aber wir brauchen auch die Zeit dazwischen, um unsere Arbeit an den Orten richtig zu entwickeln.
Dazwischen muss örtlich intensiv um nötige Sofort- und Schutzmaßnahmen gerungen und die Zeit für die nötige Bewusstseinsbildung gegeben werden. In Auseinandersetzung mit einer vereinzelt auftretenden Ungeduld, ob nicht alles viel schneller gehen, noch viel kontroverser diskutiert werden müsse oder „keine Zeit für eine Revolution“ sei, brachte Monika Gärtner-Engel den Gedanken ein: Wir brauchen auch Geduld. Wir diskutieren hier unsere Kontroversen, aber statt einem Gegeneinander oder antikommunistischer Unterdrückung hören wir einander zu und haben die nötige Geduld miteinander. Wir müssen uns auch kennenlernen und ein Vertrauensverhältnis bilden, was auch Zeit braucht. Monika Gärtner-Engel hat viele Jahrzehnte Erfahrung aus den Prozessen der Frauenpolitischen Ratschläge, der Weltfrauenkonferenzen, der revolutionären Weltorganisation ICOR und der United Front.
Die Diskussion der Abschlusserklärung war kontrovers und vom Willen um Lösung und zu gemeinsamer Aktivität geprägt. So, wie das Verhältnis zur Partei der Grünen behandelt wird. In der Diskussion wurde klare Kante gegen die antikommunistische Spaltung und das Vorgehen der Grünen als Ordnungsfaktor vertieft, der die Umweltbewegung an die Leine des Kapitalismus legen will. Die Zusammenarbeit mit ehrlichen Basismitgliedern der Grünen in der Umweltbewegung ist gewünscht und muss auch noch ausgebaut werden, viele der teilnehmenden Organisationen sind ja gerade aus der Kritik an den Grünen und ihrer Verwandlung zu einer bürgerlichen Monopolpartei entstanden. Einzelne sehen das noch nicht so, weshalb dies weiter diskutiert werden soll.
Die Abschlusserklärung wurde gründlich diskutiert und bildet mit den beschlossenen Prinzipien der Konferenz die Grundlage für die Organisierung einer dauerhaften Zusammenarbeit und Diskussionsprozess, der über die Homepage und regelmäßige Ratschläge oder Konferenzen organisiert werden soll. Die künftige Zusammenarbeit konnte sich ein Teilnehmer auch als eine "United Nations der Umweltaktivisten" vorstellen, deren Charakter weiter diskutiert werden sollte.
Dazu wurde die Koordinierungsgruppe deutlich gestärkt und am Schluss den vielen Helferinnen und Helfern gedankt. Die Spendensammlung, die vielen Essens- und Zeitspenden bildeten einen gelungenen Rahmen für diese Konferenz. Allerdings wurde von der Koordinierungsgruppe nicht mit so vielen Redebeiträgen gerechnet, die vielfach zu Hause vorbereitet wurden. Sie blieben teils etwas nebeneinander stehen - es ist aber im Verlauf gelungen, das höher zu entwickeln. Daraus kann für künftige Konferenzen gelernt werden, wie man dieser Vielfalt an Beiträgen gerecht werden kann.
Beim Konzert am Abend mit den Bands „Gehörwäsche“, „Klimakiller“ und „Marions Männer“, ergänzt um Beiträge internationaler Teilnehmer und von „Nümmes“, wurde ausgelassen gefeiert. Vielen Dank an alle und weiter auf gute Zusammenarbeit!