Beitrag zu einem dialektischen Weltbild

Beitrag zu einem dialektischen Weltbild

Gestern 300. Geburtstag von Immanuel Kant

Immanuel Kant, Philosoph der Aufklärung, der seine Heimatstadt Königsberg nie verlassen hat, ist dort am 22. April 1724 geboren. Aus Anlass seines 300. Geburtstags nimmt die Beschäftigung mit Kant in Medien, auf dem Buchmarkt und mit zahlreichen Veranstaltungen breiten Raum ein.

Von hi
Gestern 300. Geburtstag von Immanuel Kant
Illustration: Shutterstock 1451523287

Kant hat sich große Verdienste um die Herausbildung eines dialektischen Weltbildes erworben. Dies wird in den vielen Medienartikeln heute wenig aufgegriffen. Als 29-Jähriger schrieb er „Die Naturgeschichte und Theorie des Himmels“, eine Erklärung der Entstehung des Sonnensystems.

Würdigung des Kantschen Beitrags für die Dialektik

Dieser für die damalige Zeit ungewöhnlich weitsichtige Beitrag entsprang Kants aufklärerischem Geist und einer wissenschaftlichen Neugierde für seine Umgebung und die Welt. Er beschäftigte sich mit vielen Wissensgebieten, darunter der Astronomie. Zu Hilfe kam ihm seine Abneigung gegen die Anschauungen der Katholischen Kirche in verschiedenen Fragen.

 

In seiner berühmten Schrift "Antidühring" würdigt der Mitbegründer des Marxismus Friedrich Engels 120 Jahre später Kants Beitrag für ein dialektisches Weltbild: „Die Kantische Theorie von der Entstehung aller jetzigen Weltkörper aus rotierenden Nebelmassen war der größte Fortschritt, den die Astronomie seit Kopernikus gemacht hatte. Zum ersten Male wurde an der Vorstellung gerüttelt, als habe die Natur keine Geschichte in der Zeit. Bis dahin galten die Weltkörper als von Anfang an in stets gleichen Bahnen und Zuständen verharrend; und wenn auch auf den einzelnen Weltkörpern die organischen Einzelwesen abstarben, so galten doch die Gattungen und Arten für unveränderlich. Die Natur war zwar augenscheinlich in steter Bewegung begriffen, aber diese Bewegung erschien als die unaufhörliche Wiederholung derselben Vorgänge. In diese, ganz der metaphysischen Denkweise entsprechende Vorstellung legte Kant die erste Bresche, und zwar in so wissenschaftlicher Weise, daß die meisten von ihm gebrauchten Beweisgründe auch heute noch Geltung haben." (Antidühring, Marx-Engels-Werke, Band 20, Seite 52f). Willi Dickhut, der Vordenker und Mitbegründer der MLPD, greift in seinem naturwissenschaftlichen Werk diese Würdigung auf und stimmt ihr zu.

 

Gleichzeitig war Kants Blick auf die Welt eingeengt, weil er dem Agnostizismus anhing, der Auffassung, dass es ein "Ding an sich" zwar gibt, man es aber nicht erkennen könne. Lenin nannte das den Hauptfehler Kants und bezeichnete die Versöhnung von materialistischer und idealistischer Weltanschauung als "Kantianismus".

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Kind der Aufklärung

Kant war ein Kind der Aufklärung, auch wenn er nicht frei von rückschrittlichen Einflüssen war, darunter einer reaktionären Rassentheorie. Die Aufklärung war die größte progressive Umwälzung, die die Menschheit bis dahin erlebt hat. Die Bourgeoisie spielte noch eine revolutionäre Rolle bei der Entwicklung der Produktivkräfte. Mit den Losungen von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit sammelte sie die werktätigen Massen im Kampf zur Beseitigung der feudalen Fesseln. Kant verteidigte zeitlebens die Französische Revolution, auch als auf allen Kanälen gegen sie gehetzt wurde. Als die Bourgeoisie sich als herrschende Klasse durchgesetzt hatte, zeigte sie bald ihr wahres Gesicht. Ihr Motiv war nicht die Menschenwürde, sondern der schnöde Mammon, die Jagd nach Profit, nach Akkumulation des Kapitals.

 

Sich heute auf die Werte von Kant von Gleichheit und universeller Menschenwürde zu berufen, ist illusionär unter der Herrschaft des internationalen Finanzkapitals. Diese Ideale sind in der klassenlosen Gesellschaft des Kommunismus verwirklichbar. Das lassen alle die "Kantianer" von heute weg. So beruft sich Jürgen Habermas, Unterstützer der BRD-Beteiligung am Nato-Krieg in Jugoslawien, auf Kant. Omri Boehm erhielt für sein Buch über den Kantschen Universalismus den Leipziger Buchpreis zur europäischen Verständigung. Er vertritt darin das Ideal universeller Freundschaft zwischen allen Menschen, u.a. zwischen Juden und Palästinensern. Dazu ist der Kampf gegen den Imperialismus notwendig, das sieht Boehm nicht oder er verschweigt es. Kantsche Ideale zu predigen losgelöst vom Klassencharakter der heutigen kapitalistischen Gesellschaft führt in die Irre. So kann sich selbst Putin auf Kant berufen. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hielt gestern eine Lobesrede auf Kant, beim Festakt zu dessen Geburtstag in Berlin. Darin sprach er Putin das Recht ab, sich auf Kant zu berufen. Was heißt: Dieses Recht bleibt westlichen Imperialisten vorbehalten.