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Daimler hat Angst vor revolutionärem Umweltbuch

Donnerstag, 25. April: Vor dem Tor des Motorenwerks Untertürkheim spielt sich eine wahre Posse ab. Die ersten Kollegen der Spätschicht treffen ein. Wir bieten das Buch: „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen!“ von Stefan Engel, Monika Gärtner-Engel und Gabi Fechtner an. Viele eilen vorbei, aber erste Gespräche kommen auf. Keine fünf Minuten später kommt der Werkschutz.

Korrespondenz

Langsam beobachten sie das Geschehen, fragen nach, schauen auf die Schautafel mit dem Buchcover. Einer fängt schon an, seine Gedanken zur Umwelt zu erklären, als ein anderer messerscharf feststellt: "Ah, MLPD!" Dann geht alles ganz schnell. „Das ist Daimler-Gelände. Unsere Vorgesetzten wollen das nicht. Sie müssen hier weg.“ Jede Diskussion wird immer lauter unterbunden: „Sie gehen nicht? Dann rufen wir die Polizei." Wir bleiben ruhig und verweisen auf ein Gerichtsurteil. Im Juristendeutsch: Wenn ein Privatgrundstück nicht „eingefriedet“ ist, also keinen Zaun darum hat, dann gelten teils rechtlich die gleichen Regeln wie auf öffentlichem Grund. Aber was interessieren Daimler Gerichtsurteile.

 

Wir ändern unsere Ansprache: "Daimler will dieses Umweltbuch verbieten - das musst du lesen!" Auch die Werkschützer bleiben nicht untätig. Sie erklären den Kolleginnen und Kollegen: „Das müsst ihr nicht beachten.“ Auch der Werkschutz macht mal Schichtwechsel, die drei von der Frühschicht werden abgelöst, die Spätschicht kommt sogar mit vier Mann. Schließlich kommen noch zwei Polizisten dazu. Alles wird eifrig fotografiert. Die Kollegen staunen nicht schlecht, was heute am Tor los ist. Trotz des Trubels ergeben sich einige längere Gespräche. Ein Kollege berichtet: „Ich bin so aufgewachsen, dass man sparsam lebt, nichts verschwendet. Die Jugend von heute ist anders.“ Er fängt an zu schimpfen, dass man doch nicht jedes Jahr um die Welt jetten müsse, um Urlaub zu machen. Ich greife ein: „Aber sind nicht eher Daimler & Co. das Problem? Die reden immer von Umwelt...“ Er unterbricht: "Das ist alles Greenwashing!" Ein Buch will er noch nicht, aber den Flyer nimmt er gerne mit. Der ganze Trubel juckt ihn offensichtlich wenig. Es folgen weitere Gespräche, aber die Polizei beginnt gegen unseren Protest Personalien aufzunehmen. Das eigentlich Erstaunliche an der Geschichte ist, wie lernresistent die Verantwortlichen bei Daimler sind. Genau für dieses Tor hat das Landgericht Stuttgart mit Urteil vom 4. November 2015 (38 Ns56310/14) bestätigt, dass dort sowohl Flugblätter verteilt als auch Kundgebungen abgehalten werden dürfen.


2017 versuchte Daimler bereits, sich darüber hinwegzusetzen und scheiterte. Seitdem ist es jahrelang ruhig um das Tor. Offensichtlich hat Daimler Angst vor dem neuen Buch, in dem immerhin die internationalen Monopole wie Daimler als Hauptverursacher der globalen Umweltkatastrophe benannt werden. Auch die Polizei scheint ein schlechtes Gedächtnis zu haben. Noch am 30. Mai 2017 musste sich der Leitende Polizeidirektor für einen rechtswidrigen Einsatz gegen Verteiler an diesem Tor entschuldigen und versichern, „dass die Beamten des Polizeireviers 5 Ostendstraße und weitere eingesetzte Beamte zwischenzeitlich über die Rechtslage belehrt wurden“. Beim Kaffee nach dem Einsatz sind alle guter Dinge.„Viel Feind, viel Ehr“, sagt einer. „Sie versuchen, das Buch zu unterdrücken - ein Grund mehr, es zu verkaufen“, sagt ein anderer. Wir werden Daimler und die Polizei in geeigneter Weise auf die Rechtslage hinweisen!