Kampf um jeden Arbeitsplatz

Kampf um jeden Arbeitsplatz

Thyssenkrupp: Selbständiger Streik ist die Antwort, die sie verstehen

Der Vorstandsvorsitzende von Thyssenkrupp Stahl, Bernhard Osburg, verkündete am 11. April erneut „schmerzliche Einschnitte“ für die Belegschaft bei der „Neuaufstellung“ des Konzerns. Er sprach davon, erster Schritt solle eine Reduzierung der Produktionskapazitäten in Duisburg von 11,5 Millionen Jahrestonnen Stahl auf 9,5 Millionen sein.

Von gp
Thyssenkrupp: Selbständiger Streik ist die Antwort, die sie verstehen
Stahlaktionstag in Duisburg im März 2023 (rf-foto)

Der Vorstandsvorsitzende des Konzerns, Miguel Lopez, machte klar, dass es um viel mehr geht: eine Reduzierung auf 6,5 Millionen Jahrestonnen. Außer der Vernichtung Tausender Arbeitsplätze in der Produktion kommen auch wieder Auslagerungspläne für Werkstätten, Logistik, Coil- und Brammenlager auf den Tisch. Damit sind über 10000 Arbeitsplätze bedroht!

Das x-te Zukunftsprogramm des Vorstands

Der Vorstand erklärte, dass „die vorgesehenen Maßnahmen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit zwingend notwendig“ seien, um die Stahlproduktion am Standort Duisburg „in eine gesicherte Zukunft zu führen“. „Da kann ich nur lachen,“ reagiert ein Kollege vom Hochofen. „Das ist jetzt schon das x-te ‚Zukunftsprogramm‘ des Vorstands. Die haben eine immer kürzere Halbwertzeit und immer zur Vernichtung Tausender Arbeitsplätze geführt. Das einzige, was dadurch gesichert wurde, ist der Profit! Damit muss endlich mal Schluss sein!“ Als Begründung für seine Pläne nennt der Vorstand unter anderem ausgerechnet „die hohen und durch klimapolitische Zielsetzungen weiter steigenden Energiekosten.“ Dabei haben die steigenden Energiekosten nichts mit dem Klimaschutz zu tun, sondern ausschließlich mit den Raubpreisen der Energiekonzerne. Es ist blanker Zynismus, wenn der Vorstand als einer der Hauptverursacher für den CO2-Ausstoß damit gegen den dringenden Kampf um Sofort- und Schutzmaßnahmen gegen die begonnene globale Umweltkatastrophe Stimmung macht,

 

Mit wohlklingenden Worten, wie "historische Transformation der Stahlindustrie" wurde vom Vorstand die Illusion verbreitet, man werde Arbeitsplätze retten, indem zu Direktreduktionsanlagen mit "grünem" Wasserstoff übergegangen wird. Dafür hat der Konzern von der Regierung als Dienstleister der Konzerne satte 2 Milliarden Euro kassiert, selbstverständlich aus unseren Steuergeldern. Dabei wird auch nur ein Teil der Stahlindustrie umgestellt und zunächst meist mit "blauem" Wasserstoff gearbeitet. Offen gab der Vorstandvorsitzende Bernhard Osburg nun auf der Betriebsrätekonferenz am 12.4. bekannt, die Preise für Wasserstoff aus grünem Strom seien zu unsicher. Damit stellt er die Umstellung überhaupt in Frage. Die auf grünem Wasserstoff basierte Stahlproduktion ist unbedingt richtig, die eine effektive Verringerung des Treibhausgas-Ausstoßes bedeuten würde. Deshalb  gehört der Kampf für Arbeitsplätze und grüne Stahlproduktion zusammen.

Reaktion auf dauerhaften Rückfall von Thyssenkrupp Stahl im internationalen Konkurrenzkampf

Die Pläne vom TKSE-Vorstand sind vor allem eine Reaktion auf den dauerhaften Rückfall von Thyssenkrupp Stahl im internationalen Konkurrenzkampf. Die europäischen Stahlkonzerne waren bis in die 1970er Jahre noch weltmarktführend neben USA und Japan, sie sind im internationalen Konkurrenzkampf erheblich zurück gefallen. ThyssenKruppSteel (TKSE), einst unter den zehn führenden Stahlherstellen, liegt heute jenseits eines Platzes hinter den 125 größten. Aktuell findet ein globales Lohndumping der führenden Stahlkonzerne statt. Sie unterbieten sich gegenseitig darin, die Produktion zu verbilligen. Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, Steigerung der Arbeitshetze sind oft die Folge. So gab es allein bei TKSE in den letzten beiden Jahren mindestens neun schwere Unfälle, auch mit Toten!

Stahlbelegschaft von Acerinox in Los Barrios/Spanien im Streik

Die Stahlkonzerne sind weltweit hoch organisiert. Unter anderem mit ihren globalen Lieferketten sind sie auch anfällig. Jeder Streik stört die Produktion empfindlich. Seit 5. Februar steht die Stahlbelegschaft von Acerinox in Los Barrios/Spanien im Streik für höhere Löhne und gegen die Verlängerung der Arbeitszeit. Es ist deshalb von großer Bedeutung, dass kämpferische Stahlarbeiter und Gewerkschafter eine Grußadresse verfasst haben, die den Streikenden den Rücken stärkt. Es gibt auch Überlegungen, die Streikenden zu besuchen. Das ist der richtige Weg des Zusammenschlusses der Stahlarbeiterinnen und Stahlarbeit in der Welt.

Vorschlag des "Stahlkocher" wird diskutiert

Die Pläne haben auch Auswirkungen auf andere Standorte. Dazu gehören z.B. die Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) im Duisburger Süden mit 3000 Beschäftigten. Sie gehören zu 50 Prozent TKSE und der dort produzierte Stahl zählt zu den 11,5 Mio. Kapazitäten von TKSE. Im Februar hatte Lopez noch die Ankündigung einer massiven Arbeitsplatzvernichtung als „unseriös“ bezeichnet. Das hatte vor allem den Zweck, die Belegschaften ruhig zu halten. Doch die meisten Kolleginnen und Kollegen trauten dem Braten nicht. Der Vorschlag der Kollegenzeitung "Stahlkocher" für einen selbständigen Massenstreik in allen Stahlbetrieben wird diskutiert und der Gedanke wird von Kollegen aufgegriffen.

 

Sarah Philipp, die Landesvorsitzende der SPD, bezeichnete die Pläne als „eine ganz bittere Pille für NRW und das Ruhrgebiet“. Der Duisburger Bundestagsabgeordnete der Grünen sieht in den Plänen sogar eine „Chance, den Standort nachhaltig und profitabel aufzustellen.“ D.h., die bürgerlichen Parteien und die Landesregierung heucheln „Bedauern“, tragen aber die Kahlschlagpläne mit.

Kampf um jeden Arbeitsplatz - selbständiger Streik in allen Standorten

Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Tekin Nasikol fordert als „rote Linien“ die Einhaltung von Tarifverträgen, keine betriebsbedingte Kündigungen und Erhalt aller Standorte. Das ist etwas anderes als der konsequente Kampf um jeden Arbeitsplatz. Soll man Arbeitsplatzvernichtung akzeptieren, wenn sie nicht über betriebsbedingte Kündigungen stattfindet? Jeder Arbeits- und Ausbildungsplatz muss auf Kosten der Profite konsequent und offensiv verteidigt werden und konzernweit der Kampf um die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich aufgenommen werden. Das geht nur mit selbständigen Streiks in allen Standorten. Denn während in unserer Gesellschaft die Monopole das Recht haben, Werke zu schließen, Arbeiter auf die Straße zu setzen, wird den Arbeitern das Grundrecht auf ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht verwehrt. Ein Spiegelbild der Diktatur der Monopole über die gesamte Gesellschaft.

 

Bei einem selbständigen Streik können sich die Belegschaften auf die Solidarität im Revier verlassen. Sie können anderen Belegschaften Mut machen, die vor den selben Herausforderungen stehen. Jetzt ist die Zeit, die Forderungen und den selbständigen Streik, den der "Stahlkocher" vorschlägt, gemeinsam zu diskutieren in selbständigen Pausen- und Kauenversammlungen und zu beraten, wie ein wirklicher Massenstreik aussehen muss.

Alle Standorte zusammen

  • Kampf um jeden Arbeits- und Ausbildungsplatz – Für die 30 Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich als Konzernvereinbarung!
  • Für ein vollständiges und allseitiges gesetzliches Streikrecht!
  • Finger weg von der unbefristeten Übernahme aller Azubis entsprechend ihrer Ausbildung auf 10 Prozent der Belegschaft!
  • Umstellung der Stahlproduktion auf grünem Wasserstoff basierte Direktreduktion, Schaffung neuer Arbeitsplätze!

 

Nur wenn wir international als Stahlbelegschaften denken und handeln und uns nicht spalten lassen, können wir unsere Überlegenheit ausspielen. Die Macht der Arbeiter ist ihre Zahl und ihre Organisiertheit. Die Kolleginnen und Kollegen können dabei auf die MLPD und ihr Know-how bauen.