GEAS gestern verabschiedet

GEAS gestern verabschiedet

Für Widerstand und Solidarität gegen die menschenverachtende Asylpolitik der EU!

Am gestrigen 10. April stimmte das EU-Parlament abschließend über die "Reform" des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Zu diesem menschenverachtenden faschistoiden Machwerk kann es nur ein klares Nein geben!

Für Widerstand und Solidarität gegen die menschenverachtende Asylpolitik der EU!
Wir sind Flüchtlinge, keine Kriminellen (Foto: Freundeskreis Flüchtlingssolidarität)

Der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität in Solidarität International schreibt in einer aktuellen Pressemitteilung: "Damit werden die Grenzen Europas zu unüberwindbaren Festungsmauern ausgebaut, ihre Überwindung zum tödlichen Risiko. Zusammengenommen bedeuten diese Rechtsverordnungen eine Auslagerung der Asylverfahren an die EU-Außengrenze, dazu gehört: De-facto-Haft an den Grenzen ohne Ausnahmeregelung für Familien mit Kindern aller Altersgruppen, beschleunigte, minderwertige Verfahren zur Beurteilung von Asylanträgen anstelle vollständiger und fairer Beurteilungen und Abschiebeverfahren mit geringeren Sicherheitsvorkehrungen ... Die grausamsten und repressivsten Praktiken werden institutionalisiert!"

 

Die Grünen im Europa-Parlament haben dagegen gestimmt, alle Achtung. Ihnen wirft die Frankfurter Allgemeine Zeitung promt "Realitätsverweigerung" vor. Die deutsche grüne Außenministerin hingegen hat die Beschlüsse uneingeschränkt begrüßt und der EU bescheinigt, sie sei "handlungsfähig" in schwierigen Zeiten. Nicht melr mehr ein winziger Rest ist bei ihr übrig geblieben vom früheren Eintreten der Grünen gegen die Einschränkung und Aushöhlung des Asylrechts. Ihr Rücktritt ist überfällig!

 

Auf der Wochentagung der Offenen Akademie Ende März 2024 hielt der Bundessprecher des Freundeskreises Flüchtlingssolidarität, Alassa Mfouapon, einen Vortrag, der eindringlich deutlich machte, wie mit Migrationsabkommen und diesen GEAS-Beschlüssen grundlegende Menschenrechte außer Kraft gesetzt werden. Mit der Zustimmung von Alassa Mfouapon dokumentiert Rote Fahne News Auszüge aus dem Vortrag. Die Offene Akademie hat in Aussicht gestellt, die Beiträge sukzessive auf ihrer Homepage zu veröffentlichen.

Selbst als Flüchtling nach Deutschland gekommen

Mein Name ist Alassa Mfouapon, ich bin Bundessprecher des Freundeskreises Flüchtlingssolidarität in Solidarität International. Eine Selbstorganisation der Flüchtlinge und von Flüchtlingsaktivisten und Einheimischen, die sich seit 2018 für die Rechte von Flüchtlingen in Deutschland einsetzen. Bevor ich mit meinem Vortrag beginne, möchte ich kurz etwas über mich erzählen. Ich bin 34 Jahre alt, Mediengestalter Bild und Ton und komme aus Kamerun. Damals war ich mit einer Christin verheiratet und wegen dieser nicht erlaubten religiösen Entscheidung wurde ich damals verfolgt. Als die Repressionen auch innerhalb der Stadt sehr stark wurden, blieb uns nichts anderes übrig, als zu fliehen. Unser Ziel war es nicht, direkt nach Europa zu kommen, sondern einen sicheren Ort in einem arabischen Land zu suchen. Nachdem wir auch dort rassistisch verfolgt wurden, machten wir uns auf den Weg nach Libyen. Leider wurde ich von meiner Frau und meinem kleinen Kind getrennt. Das hat unser Schicksal völlig verändert.

Keine trockene Recherche über Paragrafen

Unser Thema lautet »Migrationsabkommen setzen grundlegende Rechte außer Kraft«. Ich möchte Ihnen sagen, dass das für mich und meine Freunde keine trockene Recherche über Paragrafen ist. Es geht auch nicht einfach um eine politische oder moralische Zustimmung oder Ablehnung. Das was die Bundesregierung, was die EU betreibt, löst in mir und meinen Freundinnen und Freunden aus aller Welt, die in Deutschland leben, tiefe Ängste aus. Die Vorgänge re-traumatisieren uns. Sie machen uns schlaflose Nächte. Wenn wir dann noch von Vorhaben und sogar schon Plänen einer faschistischen »Re- Migration« hören, ist für uns - mitten im Frühling - die ganze Welt wie in Grau getaucht. Wir fragen uns: hat sich das alles gelohnt? Die oft brutalen Härten auf der Flucht? Unsere Anstrengungen, hier Fuß zu fassen, Arbeit zu finden und zu lernen?Die einzelnen reagieren unterschiedlich darauf. Manche kämpfen umso mehr. Andere suchen verzweifelt nach Sicherheit und geben zuweilen dafür auch ihre Ideale auf. Ich sage das nicht, um Mitleid zu bekommen. Ich sage es, damit Sie sich die menschliche und weltanschauliche Dimension dieser Auseinandersetzung deutlich machen. Ich hoffe, dass unser heutiger Tag dazu beitragen kann, dass wir noch enger und solidarisch zusammenrücken. Die über 3 Millionen Menschen, die in den letzten Wochen gegen Faschismus, gegen die AfD demonstriert haben, machen mir hier sehr viel Mut und geben Hoffnung.

Die seitherigen Rückführungsabkommen und die neuen Rückführungsgesetze

Schon seit den 1990er Jahren wurden sogenannte Rückführungsabkommen geschlossen. Dies mit mehr als 30 Ländern, wie mit Albanien, Algerien, Marokko und Rumänien. Sie sollten vermehrt Abschiebungen ermöglichen. Dies scheiterte jedoch meist daran, dass sich diese Staaten in der Praxis trotzdem weigerten, Landsleute zurückzunehmen, die aus Deutschland abgeschoben werden sollten. Mit den neuen Migrationsabkommen soll das geändert werden. So will die Regierung durch wirtschaftliche und finanzielle Anreize Deals abschließen, die die Herkunftsländer dazu bringen, von Abschiebung bedrohte Asylbewerber aufzunehmen. Das geht auch ganz schön weit. Die spanische Regierung zum Beispiel hat ihre Zustimmung zum Selbstbestimmungsrecht der Westsahara zurückgezogen für einen schmutzigen Flüchtlingsdeal mit Marokko. Die Verwirklichung der jetzigen Regierungspläne würde grundlegende demokratische Freiheiten sowie Menschenrechte außer Kraft setzen, die im Grundgesetz der Bundesrepublik verankert sind. Von uns Flüchtlingen wird die Akzeptanz dieses Grundgesetzes als Voraussetzung für ein Aufenthaltsrecht gefordert. Ich will an dieser Stelle sehr deutlich sagen, dass ich sehr froh bin für die demokratischen Rechte, die in diesem Grundgesetz als Lehre aus dem Hitler Faschismus gezogen wurden. Es gibt diese Rechte in sehr wenigen Ländern der Welt und es ist traurig, dass erst so bittere Erfahrungen bis 26 Millionen Tote im Zweiten Weltkrieg gemacht werden müssen. Die geplanten Rückführungsgesetze behandeln Flüchtlinge als Menschen zweiter oder dritter Klasse, denen selbst solche Grundrechte verwehrt werden sollen. ...

Es ist an der Zeit, die Fluchtursachen zu  bekämpfen und nicht die Flüchtlinge!

Menschen müssen fliehen vor Kriegen, vor politischer Verfolgung, Diskriminierung oder aufgrund der begonnenen globalen Umweltkatastrophe mit katastrophalen Folgen wie Dürren, Überschwemmungen und Ernteausfällen usw. Dadurch  werden in Zukunft noch mehr Millionen Menschen gezwungen sein, ihr Land zu verlassen. Die Hauptverantwortlichen für diese Entwicklung sind die internationalen Konzerne und ihre Regierungen. Sie aber wollen und werden das Problem nicht lösen. Dazu bedarf es einer grundlegenden gesellschaftlichen Alternative. Ich kann sie mir lebhaft vorstellen. Wir erleben schon heute, wie durch Migration die ganze Welt durcheinandergewirbelt wird - das kann auch die Kampferfahrungen, die ökologischen Kenntnisse, den Arbeitseifer und die Solidarität aus allen Kontinenten zusammenführen für ein reichhaltiges Leben, in dem alle Menschen Nahrung, Arbeit, Gesundheitsfürsorge und Bildung. Kurz: ein Leben, in dem unsere Kinder Zukunft haben! Die Realisierung dieser Träume, die ich mit meiner ganzen Flucht verfolgt habe, habe ich hier als sozialistische Perspektive kennengelernt. Ich denke, das ist eine wichtige Botschaft an die Völker Afrikas. Heute sind die Forderungen nach der unverzüglichen Rücknahme der Verschärfung des Asylrechts und von Abschiebungen sowie nach dem Recht auf Flucht dringlich und müssen gehört werden. Es ist an der Zeit, die Fluchtursachen zu bekämpfen und nicht die Flüchtlinge. Der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität wird weiterhin den Widerstand gegen reaktionäre Politik organisieren und den Protest vorantreiben.  Wie schon in der Vergangenheit werden wir dabei viele Freundinnen und Freunde aus Deutschland finden, uns eng zusammenschließen, verbrüdern und verschwistern. Unser ganzer Kampf dient auch der Verbrüderung von Mensch und Natur. Ich habe sie am eigenen Leib erlebt. Bevor das Mittelmeer zur Erfahrung wurde, hatte ich nie an die Geschichte der Delfine geglaubt. Doch als ich dort unterwegs war, zusammen mit anderen Hoffnungslosen, wurden wir von zwei Delfininnen gerettet. Wir hatten zeitweilig völlig die Orientierung verloren. Plötzlich kamen sie nah an unser Schlauchboot heran, drehten sich zweimal und führten uns den Weg bis zum Rettungsschiff. Es war ein überwältigendes Ereignis und ohne sie hätten wir im Mittelmeer nicht überlebt, denn wir waren bereits verloren. Wenn schon allein die Natur uns bei dieser Flucht unterstützt, was können die Menschen dagegen tun, außer zu unterstützen, dass nicht mehr Menschen im Mittelmeer sterben? Und mehr noch: dass wir  gemeinsam die Früchte dieser Erde und die Früchte unserer Arbeit auf der ganzen Welt teilen und genießen können.

 

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Hier der Text auf Rote Fahne News

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