Wichtige Filme ausgezeichnet
Politische Oscar-Verleihung
Die Verleihung der Oscars Anfang März war erstaunlich politisch. Einige Stars trugen rote Buttons - das Zeichen der "Artists4ceasefire - Künstler für Waffenruhe in Palästina". Die Nominierungen zollten Filmen mit politischem Statement Respekt.
So 'Oppenheimer', mit klarem Standpunkt gegen den Einsatz der Atombombe und 'The Zone of Interest', der die Perversität der Nazimaschinerie in Auschwitz polemisiert. Letzterer gewann den Oscar als bester internationaler Film. Der jüdische Regisseur Jonathan Glazer äußerte in der Dankesrede klare Worte: Er lehne es ab, dass das Jüdischsein und der Holocaust als Rechtfertigung für eine Besatzung gekapert würden, die für so viele unschuldige Menschen Konflikt bedeute. „Ob es um die Opfer des 7. Oktober in Israel geht oder die anhaltenden Angriffe auf Gaza, alle sind Opfer der Entmenschlichung ... Wenn wir andere als geringer ansehen, als anders als wir selbst, dann führt das Schritt für Schritt zu Grausamkeit.“ Das Publikum reagierte auf seine Rede mit Applaus und Jubel. (Zitiert aus Berliner Zeitung online vom 11.3.24).
Einen Tag später wird auf Welt online gehetzt, Glazer missbrauche den Holocaust selber und verleugne mit seinem Film jüdische Opfer. Ähnliche Angriffe hatte es auf die Regisseure der Berlinale gegeben. Der britische Regisseur Ben Russell hatte mit einem Palästinenser-Tuch über den Schultern gesagt, er stehe gegen den Genozid und für einen Waffenstillstand. "Eklat!" Schreien da die "Wächter der Demokratie" wie der Grünen-Politiker Konstantin von Notz. Berlins Bürgermeister Kai Wegner (CDU) erwartet von der neuen Leitung der Berlinale, sicherzustellen, dass sich solche Vorfälle nicht wiederholen (Berliner Zeitung online 25.2.) Welche "Vorfälle"? Solidarität mit dem Befreiungskampf des palästinensischen Volks? Welche Demokratie soll verteidigt werden? Nach Lesart der bürgerlichen Politiker wohl die der Kriegstreiber.
Zurück zu den Oscars: Nach Glazers Rede hielt es der deutsche Moderator Steven Gädjen nicht für nötig, diese zu übersetzen, sondern erwähnte, dass wegen der palästinensischen Aktivisten ein massives Polizeiaufgebot aufgefahren werden musste. Da gibt Pro7 wohl die Linie vor, die sich an der bedingungslosen Unterstützung Israels der Bundesregierung anlehnt.
Diese Preisverleihungen zeigen die Möglichkeiten und Grenzen der politischen Bewusstseinsbildung über Filme auf. Zum einen kommt die Hollywood-Traumfabrik nicht umhin, sich mit der polarisierten Wirklichkeit auseinanderzusetzen. Zum anderen bleibt der Kulturbetrieb an die Fesseln der bürgerlichen Ideologie gebunden. Die Zustimmung und Anerkennung zu klaren Aussagen zeigt aber, dass auch in der Filmbranche Widersprüche dazu entstehen und sich entfalten.