Filmtipp
„The Zone of Interest - Ein Auschwitz-Film?
Mit zahlreichen Auszeichnungen, bis zum Wettbewerb um den Oskar, wird der Film des britischen Regisseurs Jonathan Glazer beworben: „The Zone of Interest“.
Kein Foto, kein einziges Dokument zeigt das Konzentrationslager Auschwitz von innen und doch ist das Grauen der industriell betriebenen Massenvernichtung an diesem Ort allgegenwärtig.
Der Film zeigt die Familienidylle des Lagerkommandanten Rudolf Höß mit seiner Frau Hedwig in ihrer Villa, direkt an den Mauern des KZ – nur getrennt durch einen wunderschönen Garten mit Swimmingpool für die fünf Höß-Kinder. Es sind nur die Geräusche aus dem Lager – das Wummern der Verbrennungsöfen, Schreie, Peitschenhiebe, Schüsse und Hundegebell, die unaufhörlich den Film begleiten.
Diese Abstraktion ist die Methode des Films. Nur stückweise dringen reale Momente in die Villa ein. Verhandlungen von Höß mit Firmenchefs über die Möglichkeiten eines „Dauerbetriebs“ bei der Verbrennung der Ermordeten. Industriekapitäne werden auch später dabei sein, wenn es um die Verwertung der Arbeitskraft von Häftlingen geht.
Hedwig Höß dreht sich vor dem Spiegel in einem geraubten Pelzmantel, aber sie wischt sich die Spuren des dabei gefundenen Lippenstifts schnell wieder ab – eine deutsche Frau schminkt sich nicht. Die Kinder verabschieden sich mit Hitler-Gruß zur Schule... . Die Alpträume eines der Kinder werden vom Vater mit Märchen beruhigt – oder taucht da in verfremdeter Manier ein Kind auf, dass in den umgebenden Feldern Äpfel für die Häftlinge versteckt hat?
Rudolf Höß, zu Hause der brave Ehemann, missbraucht sexistisch Häftlingsfrauen. Andere Häftlinge schuften in der Villa als Gärtner oder Hausmädchen – und werden von Hedwig Höß bedroht: „Wenn ich meinen Mann bitte, lässt er sofort deine Asche über Auschwitz verstreuen“. Aber auch mit diesen Menschen verbietet der Film jedes Mitgefühl – da erscheint mir der Grad der Abstraktion überzogen.