Tabubruch bei der Finanzierung
„Krankenhausreform“ – Kampf gegen das Kliniksterben geht weiter!
Lauterbachs verheerende Krankenhausreform passierte am 21. Februar 2024 den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat, wo sie seit fast drei Monaten feststeckte aufgrund ihrer unzureichenden Finanzierung und Aufteilung der Kosten zwischen Bund und Ländern.
Das Ergebnis ist jetzt, dass die gesetzlich Versicherten in den kommenden Jahren mit Milliardenkosten und damit mit kräftigen Beitragsanhebungen belastet werden, um die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Klinikreform samt seines Transparenzgesetzes über die Behandlungsqualität der Kliniken zu finanzieren.
Dafür versprach er die Einrichtung eines „Transformationsfonds“ in Höhe von 50 Milliarden Euro ab 2025 über 10 Jahre, an dem sich Bund und Länder zur Hälfte beteiligen sollen. Der Anteil des Bundes soll dabei allerdings aus dem Gesundheitsfonds kommen, der überwiegend durch Beitragsgelder der Krankenversicherten finanziert wird. Das ist ein Tabubruch. Bisher üblich war, dass die gesamte Klinikinfrastruktur über Steuern von den Ländern bezahlt wird, während die Krankenkassen die medizinischen Behandlungen und damit den laufenden Betrieb der Krankenhäuser finanzieren.
Lauterbach zeigte sich mit dieser „Einigung“ für mehr Transparenz bei Klinikbehandlungen mehr als zufrieden und sagte wahrheitswidrig, dass damit eine Insolvenzwelle abgewendet werden könne. Tatsächlich wird aber der Kahlschlag nicht beendet, im Gegenteil ist doch diese „Klinikreform“ selbst das Drehbuch für ein regelrechtes Schließungsprogramm hunderter Krankenhäuser in den nächsten Jahren.
So lehnt auch Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) das Ergebnis des Vermittlungsausschusses in Sachen Transparenzgesetz ab: „Die bloße Ankündigung des Bundesgesundheitsministers, dass die Landesbasisfallwerte für das laufende Jahr erhöht werden sollen, um die Erlöse der Kliniken an die inflationsbedingt gestiegenen Kosten anzupassen, ist eine wertlose Beruhigungspille für die Krankenhäuser. Es bleibt auch nach dem Vermittlungsausschuss und dem heutigen Pressestatement des Ministers völlig unklar, wie der sich täglich verschärfende kalte Strukturwandel gestoppt werden soll.“ (Presseerklärung der DKG vom 22.2.24)
Mit der jetzigen Einigung im Vermittlungsausschuss ist der Weg frei für die Aufteilung und Umstrukturierung der gesamten Krankenhausversorgung in Grundversorgung und Spezialbehandlungen. Das liegt einzig im Interesse der großen Krankenhauskonzerne wie Helios Deutschland, Asklepios, Sana Kliniken usw. mit Konzernumsätzen zwischen 5,9 und 2,8 Milliarden Euro.
Dafür sieht das Krankenhaustransparenzgesetzes die Einführung sogenannter sektorenübergreifender Versorger des Levels 1i vor. Damit sollen bundesweit 657 Krankenhäuser der Grundversorgung künftig dem Level 1i zugeordnet werden und damit de facto aufhören, als Krankenhäuser zu existieren. Denn für diese Einrichtungen ist weder eine ärztliche Verfügbarkeit an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr noch eine Notfallversorgung vorgesehen. Sie werden zu ambulanten Versorgungszentren herabgestuft. Rund 20 Prozent der stationären Akutversorgung bräche auf einen Schlag weg!
Weiter führt der Entzug von Leistungsgruppen zu Schließungen: Künftig sollen Kliniken nur dann eine bestimmte Behandlung anbieten dürfen, wenn ihnen die entsprechende Leistungsgruppe zugeteilt wurde. Das System ist aber so eingerichtet, dass die Leistungsgruppen wegen rigider Mengenvorgaben und zu knapper Finanzierung an möglichst wenige Häuser gehen – mit Schließungen als absehbare Folge. Auch die von Lauterbach gepriesene Vorhaltefinanzierung ist ein Etikettenschwindel: Genau wie die Fallpauschalen sind die neuen Vorhaltepauschalen an die Fallmengen geknüpft und zu knapp angesetzt. Zudem wird die Bürokratie durch komplizierte Abrechnungsverfahren vermehrt.
„Es werden mit und ohne Reform Kliniken sterben, weil wir zu viele haben“, sagte Lauterbach am 10. Juli 2023 im Deutschlandfunk. Das ist die Grundlinie seiner „Revolution“ der Klinikreform mit dem Kern des radikalen Abbaus wohnortnaher Krankenhäuser. Diese „Reform“ ist nichts als ein kurzsichtiges und notdürftiges Krisenmanagement, das die Krise der bürgerlichen Medizin und des Gesundheitswesens weiter vertieft. Dagegen regt sich zu Recht immer stärkerer Widerstand in der Bevölkerung.
Die Bilanz ist bereits jetzt erschreckend: Über 54 Krankenhäuser mussten seit 2020 bundesweit schließen, elf allein im letzten Jahr. In vielen Regionen sind bereits jetzt schon Krankenhäuser innerhalb von 30 Fahrminuten nicht mehr erreichbar. Vor allem kleinere Kliniken, als Allgemeinversorger für ländliche Gebiete mit wichtigen Abteilungen für Notfälle mit Chirurgie, Schockraum, Innere Medizin, aber auch Kinderstationen und Geburtshilfe, sind gefährdet. Sie sind Teil der Daseinsvorsorge und müssen allen zur Verfügung stehen.
Gerade mit der begonnenen globalen Umweltkatastrophe muss der Schutz der menschlichen Gesundheit erste Priorität bekommen. Wir brauchen nicht weniger, sondern wesentlich mehr Krankenhäuser zur Katastrophenhilfe, zum Gesundheitsschutz und zur Vorbeugung und Behandlung von umweltbedingten Krankheiten! Deshalb Stopp der unsäglichen „Krankenhausreform“ und Klinikschließungen! Kampf der Privatisierung, Ökonomisierung, Profitorientierung und Beherrschung des Gesundheitssystems durch weltweit agierende Pharma-, Krankenhaus- und Finanzkonzerne. Statt der Fallpauschalen muss eine kostendeckende Vergütung für eine gründliche Behandlung erfolgen.