Buschmann droht mit Strafanzeige
Berlinale: Auf was bitte drischt diesmal die Antisemitismuskeule ein?
Wie wild wird in bürgerlichen Medien die Antisemitismuskeule gegen die Berlinale geschwungen. Von der "Schande von Berlin" ist die Rede. Bären-Preisträgerin, Jury, Veranstalter, ein Film und seine Macher stehen am Pranger. Justizminister Buschmann droht gar mit strafrechtlicher Verfolgung.
>Kulturstaatssekretärin Claudia Roth, die bedauert, dass Vertreter der AfD von der Gästeliste der Eröffnungsgala gestrichen wurden, setzt jetzt noch einen drauf und lässt durch ihren Sprecher verlautbaren: "Die Statements bei der Bärenverleihung der Berlinale am Samstagabend waren erschreckend einseitig und von einem tiefgehenden Israelhass geprägt." Gestern stand in der Süddeutschen Zeitung: "Die Preisverleihung der Berlinale wird für ein bizarres Israel-Bashing zweckentfremdet, auch von der Gewinnerin des Abends."
Was geschah tatsächlich? Mariette Rissenbeek, die scheidende Co-Festivalleiterin, sagte in ihrer Eröffnungsrede: "Wir fordern Hamas auf, die Geiseln umgehend freizulassen, und wir fordern Israel auf, alles erdenklich Mögliche zu tun, um die Zivilbevölkerung in Gaza zu schützen und dafür zu sorgen, dass dauerhaft Frieden in die Region zurückkehren kann." Das soll "bizarres Israel-Bashing" sein? Oder "erschreckend einseitig"? Kann man ihr beim besten (bzw. schlechtesten) Willen nicht unterstellen angesichts ihrer Appelle, die sich 1:1 die Waage halten. Allenfalls könnte man den Beitrag als etwas naiv beurteilen. Israel, das sich durch zig UNO-Resolutionen nicht beeindrucken ließ, ist nicht dafür prädestiniert, dauerhaften Frieden in der Region herzustellen.
Die Regisseurin Mati Diop hat mit ihrem Dokumentarfilm „Dahomey“ den diesjährigen Goldenen Bären gewonnen. In ihrem Film geht es um die Rückgabe von aus Afrika geraubten Kunstschätzen. Dahomey war ein Königreich, dort wo heute Benin ist. Mati Diop spricht in ihrer Dankesrede über Kolonialismus und Unterdrückung ganzer Völker, und ruft am Ende in den Saal: "I stand with Palestine!“ Hört man hier Israel-Hass? Verachtung von Juden, Antisemitismus? Nein, zu hören ist, dass die Regisseurin solidarisch an der Seite des palästinensischen Befreiungskampfs steht.
Das meiste Fett kriegt der Dokumentarfilm "No Other Land" ab. Er handelt über die Zerstörung eines Dorfs im Westjordanland. Er erhielt den vom RBB gestifteten Dokumentarfilmpreis. Rote Fahne News berichtete kurz vor der Preisverleihung über den Film. Wutentbrannt kreischt der Kommentator der Süddeutschen Zeitung: "Da wurden Begriffe wie 'Apartheid' und 'Terror' und 'Genozid' von der Bühne gen Israel geschleudert." Keine dieser zutreffenden Kennzeichnungen wurde auf der Berlinale erfunden. Ein ausführlicher Bericht von Amnesty International belegte schon vor zwei Jahren detalliert, dass Israel gegenüber den Palästinensern als Apartheids-Staat agiert. Vor dem Internationalen Gerichtshof (ICJ) in Den Haag wurde kürzlich eine Klage Südafrikas gegen Israel verhandelt. Der Vertreter Südafrikas warf Israel in seiner Einlassung vor dem UN-Gericht „völkermörderisches Handeln“ vor und verglich den Umgang mit den Palästinensern mit dem Apartheid-System der Rassentrennung. Zu erwähnen vergessen hat der wütende Kommentator mit der Antisemitismuskeule, dass der Film "No Other Land" vor dem 7. Oktober abgedreht war. Und dass er von einem palästinensisch-israelischen Filmteam gemacht wurde, dessen Mitglieder einander freundschaftlich verbunden sind.
Hier ein Video mit der Rede, die zwei von ihnen bei der Preisverleihung gehalten haben
Jetzt droht Bundesjustizminister Marco Buschmann gar mit strafrechtlichen Konsequenzen. Man darf gespannt sein, welche Beweise er aus dem Hut zaubert. Die bisherigen Schreihälse sind jeden Beweis für antisemitische Ausschreitungen auf der Berlinale schuldig geblieben.
Im Rote-Fahne-Magazin 5/2024, das ab Freitag erhältlich ist, erscheint ein Bericht über die Berlinale insgesamt.