Sitzung des Rats der Stadt Gelsenkirchen

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Redebeitrag von Jan Specht (AUF Gelsenkirchen) zum TOP Bebauungsplan 451 – BP-Norderweiterung

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter aus dem Bürgerbündnis gegen die BP-Norderweiterung, liebe Zuschauer zuhause!

Der vorgelegte Bebauungsplan 451 öffnet den Weg zur BP-Norderweiterung mit dem Herzstück von zwei vorgesehenen Pyrolyse-Anlagen. Schon der frühere Bebauungsplan 404 wurde vor Gericht für unwirksam erklärt. Ausnahmen davon wurden von der Bezirksregierung und der Stadt trotz großer Bedenken durchgezogen und bis heute besteht dort ein Fremdfirmenhof. Trotz Bedenken aus dem Umweltamt wurden Ausnahmegenehmigungen erteilt. Seit April 2023 stehen dort also illegale Bauten, wo eigentlich auch mal ein Interventionsteam vorbeischauen könnte. Bester Mutterboden wurde abgetragen und zur Abdeckung der RAG-Altlasten im Stadteilpark Hassel verwendet.

 

Wir von AUF Gelsenkirchen haben von Anfang an vertreten, dass dieser Bebauungsplan abgelehnt werden muss – warum?

 

  1. Ein wichtiger Ausgangspunkt für uns ist die angegriffene Gesundheit der Bevölkerung in dieser Region: Wir liegen hier im „Giftdreieck" Gelsenkirchen, Herne, Herten an der Spitze derKrebsskala in NRW und auch bei den Herz- Kreislauf-Erkrankungen – jede weitere Belastung durch LKW-Verkehr und Emissionen der Anlage sind unverantwortlich!
  2. Für die BP-Norderweiterung soll ausgerechnet ein großes, zusammenhängendes Frischluftgebiet, ein Landschaftsschutzgebiet angrenzend an ein Naturschutzgebiet platt gemacht werden. Das Umwelt-Gutachten trifft die Aussage: „Insgesamt ist das Schutzgut Tiere, Pflanzen, biologische Vielfalt ... als hoch bedeutsam zu betrachten." Ich frage mich bei SPD, CDU und FDP: Warum einerseits dem Klimanotstand zustimmen, aber dann ein großes Landschaftsschutzgebiet opfern für eine extrem umweltschädliche Fabrik?
  3. Die „Abwägung" der Stadt räumt „erhebliche Nachteile" für Natur und Klima ein – also auch für unsere Gesundheit. Als Argument für die BP-Norderweiterung wird dagegen ins Feld geführt, BP könne damit seine Rohstoffbasis hin zu einer Kreislaufwirtschaft entwickeln. Selbst zwei Pyrolyse-Anlagen können aber allerhöchstens maximal 2% des Rohöls von BP ersetzen. Die „Umstellung der Rohstoffbasis" ist ein Märchen, reines Greenwashing! In Bezug zu dem, was Frau Ossowski zur Klimaneutralität bis 2050 gesagt hat: Wissen Sie, was Klimaneutralität heißt? Das heißt, dass wir weg müssen von fossilen Brennstoffen, von Benzin und Diesel, das heißt nicht, dass BP seinen eigenen Strombedarf klimaneutral macht bis 2050, sondern dass wir von diesen ganzen Produkten weggehen, und das verhindert BP selber, die schaufeln sich ihr eigenes Grab. Ich komme später bei den Arbeitsplätzen auch nochmal dazu.
  4. Selbst das Dezernat für Immissionsschutz der Bezirksregierung Münster beanstandet, die vorgelegte Planung sei insgesamt nicht belastbar. Das Dezernat für Abfallwirtschaft äußert Bedenken, ebenso das Dezernat für Wasserwirtschaft. Einwendungen von Anwohnern aus Gelsenkirchen, Polsum/Marl und Dorsten werden alle zurückgewiesen.
  5. Ungeklärt ist: Wo soll die hoch giftige Restasche und Schlacke hin, immerhin bis zu 200 Tonnen täglich schon bei einer Anlage? Was ist mit den vielen Giftstoffen, die unkontrolliert entstehen, bis hin zu Dioxin? Hier droht der zweite Ölpellet-Skandal, denn diese Reststoffe sind nichts anderes. Dafür gibt es bis heute keine gescheite Lösung. Zur US-Firma Brightmark wurde schon viel gesagt, das will ich nicht wiederholen, ihre Anlage in den USA läuft immer noch im Probebetrieb, und dort gibt es erhebliche Bedenken auch von ehemaligen Mitarbeitern.
  6. Mit dem Argument der Schaffung neuer Arbeitsplätze wird über alle Belastungen für Umwelt und Gesundheit der Anwohner hinweggegangen. Dabei sind die in Aussicht gestellten bis zu 150 Arbeitsplätze voraussichtlich mehrheitlich zur Müllsortierung und gar nicht bei BP, vielleicht sogar bei einer Leiharbeitsfirma, wer weiß. Gelsenkirchen braucht Arbeitsplätze durch wirkliche Maßnahmen für Umweltschutz! Warum wird nicht an Plastikersatzstoffen geforscht? Warum wird nicht eine Petrochemie entwickelt, die mit nachwachsenden Rohstoffen funktioniert? Ich sage Ihnen: BP wird am Öl festhalten bis zu seinem Untergang, bis zum letzten Tropfen Öl, weil der Konzern damit gigantische Profite macht. Und damit sind nicht nur die 150 Arbeitsplätze gefährdet, sondern 2000 Arbeitsplätze, das ganze Werk in
    Gelsenkirchen. Wenn die nicht umdenken und umsteuern anstatt solcher Greenwashing-Projekte, dann ist das das Ende von der Raffinerie. Nicht wir betreiben das Ende der Raffinerie, Sie, Frau Ossowski betreiben letztlich das Ende der Raffinerie, wenn Sie die Argumente von BP einfach so unkritisch übernehmen. Umwelt, Gesundheit und die Zukunft unserer Kinder dürfen nicht Profitinteressen geopfert werden. Dieser Bebauungsplan muss abgelehnt werden!

 

Dieser Beitrag kann angesehen werden im Live-Stream der Ratssitzung 

 

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