Bericht 5. Verhandlung im Prozess Mouhamed Lamine Dramé

Bericht 5. Verhandlung im Prozess Mouhamed Lamine Dramé

Notwehr der Polizisten – nicht mit uns!

Am 5. Verhandlungstag, dem 21. Februar 2024, wurden vier Mitarbeiter der Jugendeinrichtung, in der Mouhamed wohnte, als Zeugen vernommen. Sie alle waren immer noch schockiert, ein Zeuge benötigte sogar eine Psychologin als Begleitung.

Freundeskreis Mouhamed

Sie bestätigten, dass Mouhamed sich nicht aggressiv verhielt, jedoch traumatisiert war und sich das Leben nehmen wollte. Sie hatten selbst mit ihm gesprochen, da er aber keine Reaktion zeigte, wurde die Polizei zu Hilfe gerufen. Alle Aussagen der Zeugen bekräftigten die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft, dass es sich nicht um Notwehr gehandelt hat. Ein Zeuge hatte sogar den Befehl des Einsatzleiters gehört: „Vorgehen, das volle Programm, die ganze Flasche“. Darauf Pfefferspray, Taser und sechs Schüsse aus der Maschinenpistole, die Mouhamed töteten.

 

Staatsanwaltschaft und Nebenkläger wollten noch genauere Details erfahren. Doch nach eineinhalb Jahren konnten sich die Zeugen nicht mehr an jede konkrete Einzelheit, wie z.B. die einzelnen Standorte aller Polizeikräfte, genau erinnern, oder aber haben in der angespannten Situation bestimmte Einzelheiten nicht mitbekommen, wie z.B. Gespräche der Einsatzleitung. Das versuchten die Verteidiger der fünf Polizisten und Polizistinnen auszunutzen, um die Zeugen zu verunsichern. Ein Verteidiger erklärte offen: Das unsicherste in einem Strafprozess sind die Zeugenaussagen.

 

Auch wenn alle Zeugen beteuerten, dass Mouhamed kein Wort Deutsch verstand, versuchte ein Anwalt penetrant, dass er doch bestimmt, wenn auch nur einzelne Worte, hätte verstehen können. Oder aber von der Stimme und Haltung eines Polizisten her hätte er doch verstehen müssen „Auf den Boden! Messer weg!“ Klare Antwort des Zeugen: NEIN. Oder wie Mouhamed nach dem Pfefferspray aufgestanden ist, die Arme gehalten  und sich bewegt habe. Ein Zeuge: wie man halt wegläuft aus Angst und Schmerz.

 

Dann bohrten die Anwälte weiter, wie die Geschwindigkeit denn gewesen sei. Da zwei Zeugen unterschiedliche Angaben dazu machten, wurde sofort die Schlussfolgerung gezogen, Zeugenaussagen seien ja als unsicher zu bewerten. Sie lassen angeblich keine belastbaren Rückschlüsse zu. Das belegt deutlich die Taktik der Verteidigung, die Aussagen der Zeugen anzuzweifeln und den Einsatz als notwendiges  Bedrohungsszenario hinzustellen.

 

Es war keine Notwehr der Polizisten, viele sind der Meinung – das war Mord! Umso wichtiger ist der weitere Druck der Öffentlichkeit. Der Zuschauerraum war wie immer, wieder vollständig besetzt.