"Nation als solche muss vernichtet werden"

"Nation als solche muss vernichtet werden"

Vor 120 Jahren: Deutscher Völkermord in Namibia beginnt

Der Völkermord des deutschen Imperialismus an den Herero und Nama im heutigen Namibia begann mit dem Aufstand der Herero am 12. Januar 1904.

Von cg/Solingen

Am 13. Januar 2024 veröffentlichte der Präsident des heutigen Namibia folgende Erklärung:

 

"Namibia lehnt Deutschlands Unterstützung der völkermörderischen Absichten des rassistischen israelischen Staates gegen unschuldige Zivilisten in Gaza ab. Auf namibischem Boden beging Deutschland in den Jahren 1904 bis 1908 den ersten Völkermord des 20 Jahrhunderts, bei dem Zehntausende unschuldige Namibier unter unmenschlichsten und brutalsten Bedingungen starben. Die deutsche Regierung hat den Völkermord, den sie auf namibischem Boden begangen hat, noch immer nicht vollständig gesühnt. Angesicht der Unfähigkeit Deutschlands, Lehren aus seiner grausamen Geschichte zu ziehen, bringt Präsident Dr. Hage G. Geingob seine tiefe Besorgnis über die schockierende Entscheidung zum Ausdruck, die die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gestern, am 12. Januar 2024, mitgeteilt hat, in der sie die moralisch aufrechte Anklage Südafrikas vor dem International Court of Justice zurückgewiesen hat, wonach Israel einen Völkermord an den Palästinensern in Gaza begeht."

 

Der Deutsche Imperialismus zeigte seine skrupellose Barbarei erstmals beim Völkermord in Namibia. Am 2. Oktober 1904 schrieb der deutsche General von Trotha an die Hereros: "Innerhalb der deutschen Grenzen (!) wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen." Als der damalige Reichskanzler von Bülow vor einem solchen Völkermord warnte, aber nur, weil "die Eingeborenen sowohl für den Ackerbau und die Viehzucht als auch für den Bergbau unentbehrlich" seien, antwortete General von Trotha: "Ich bin gänzlich anderer Ansicht. Ich glaube, dass die Nation als solche vernichtet werden muss".

 

Diese Vernichtung wurde planmäßig durchgeführt: Tausende von Nama und Herero wurden nach brutalen Kämpfen in der Wüste zur planmäßigen Vernichtung ausgesetzt. Ein Zeitzeuge: "Die mit eiserner Strenge monatelang durchgeführte Absperrung des Sandfeldes vollendete das Werk der Vernichtung. ... Als die Regenzeit kam, als unsere Patrouillen bis zur Grenze des Betschuanalandes vorstießen, da enthüllte sich ihrem Auge das grauenhafte Bild verdursteter Heereszüge. Das Röcheln der Sterbenden und das Wutgeschrei des Wahnsinns ..., sie verhallten in der erhabenden Stille der Unendlichkeit!" 80 Prozent des Herero-Volkes wurden ermordet.

 

Diese Zitate stammen aus dem hervorragenden Roman "Morenga - Aufstand in Südwestafrika" von Uwe Timm. Darin enthüllt er nicht nur die Brutalität des deutschen Imperialismus. Er würdigt auch den mutigen Freiheitskampf der einheimischen Herero und Nama - und dabei an führende Stelle den früheren Bergarbeiter Jakob Morenga (1875 bis 1907), Namensgeber des Romans. Er ist einer der ersten modernen Guerillaführer – ein selbstloser, todesmutiger, gebildeter (er beherrschte fünf Sprachen) und taktisch äußerst versierter Volksheld im ganzen südlichen Afrika bis heute. Er verbündete die jahrzehntelang verfeindeten Herero und Nama und brachte den technisch und zahlenmäßig überlegenen deutschen Truppen zahlreiche Niederlagen bei. Strategisch setzte er sich für ein friedliches und respektvolles Zusammenleben aller Völker ein - gegen jeden Nationalismus.

 

Für die deutsche Kolonialmacht galt er daher als Hauptfeind. Kaiser Wilhelm II. ordnete an: "Preis auf Morengas Kopf setzen 20.000 Mark, seine Bande ausrotten ohne Pardon." 1907 wurde er in Zusammenarbeit von deutschen und englischen Imperialisten erschossen.

 

Noch heute genießt Morenga in Namibia hohes Ansehen. Ein Denkmal erinnert an ihn. Als Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im Dezember 2022 in Namibia zu Besuch war, um mit einer großen Wirtschaftsdelegation neue Geschäfte einzufädeln, besuchte er auch das Denkmal von Morenga. Er wusste, worum es ging: Hatte er doch 1981 das Nachwort zu Uwe Timms Roman "Morenga" geschrieben. Grüne Verbiegung in höchster Form.