GDL-Streik

GDL-Streik

Schlichtung oder warum die DB keine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich will

Nach drei Tagen Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) für höheren Lohn, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich und einen Tarifvertrag für Fahrdienstleister fordert die Deutsche Bahn (DB) die GDL scheinheilig auf, „an den Verhandlungstisch zurückzukehren“, legt aber kein Angebot vor.

Von ako
Schlichtung oder warum die DB keine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich will
GDL-Warnstreik in Stuttgart im letzten Jahr (rf-foto)

GDL-Chef Claus Weselsky meint daher im Interview mit den Stuttgarter Nachrichten vom 15. Januar: „Wieso soll ich jetzt schon sagen, wie lange wir streiken. Vom Prinzip her wird es länger und härter – das ist die Botschaft. Der Druck wird erhöht. Punkt.“ Weitere Streiks als Antwort auf die Blockade der DB-Führung sind sicher eine gute Wahl und im Sinne der Gewerkschaftsmitglieder, die Ende letztes Jahr zu 97 Prozent für Streik gestimmt hatten.

 

Überhaupt gefällt sich das DB-Management mehr in PR-Arbeit, anstatt sich mit den Forderungen der GDL-Mitglieder auseinanderzusetzen. Zur Forderung nach Absenkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich für Schichtarbeiter „bietet“ sie allen Ernstes eine Flexibilisierung der Arbeitszeit von 35 bis 40 Wochenstunden ohne Lohnausgleich an. In einem Interview, das die Rote Fahne im Dezember mit dem GDL-Sprecher Stefan Mousiol geführt hat, betonte dieser die Bedeutung der GDL-Forderung nach Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich: "Der Kern dieser Tarifrunde ist die Absenkung der Wochenarbeitszeit. Mit NETINERA haben wir einen Referenzabschluss für die gesamte Branche getroffen, dem sich die anderen Unternehmen, auch die DB, anschließen sollten. Ziel ist es, die Eisenbahnerberufe unter anderem durch die Arbeitszeitreduzierung wieder so attraktiv zu machen, dass die jetzt in den Unternehmen tätigen Eisenbahner dort verbleiben und junge Leute sich wieder verstärkt für die Berufe bei der Bahn entscheiden."

 

Auch das „Lohnangebot“ von 11 Prozent liegt weit unter der Forderung nach 555 EUR mehr im Monat plus einer Inflationsprämie von 3000 EUR, zumal die Bahn eine Laufzeit von 32 Monaten anstrebt.

 

Angesichts der Blockadehaltung der DB ist ihr aktueller Ruf nach der Schlichtung nicht mehr, als in der Öffentlichkeit den Schwarzen Peter der Verweigungshaltung der GDL zuzuschieben. GDL-Chef Weselsky lehnt die Schlichtung ab, „weil ich über grundgesetzliche Angelegenheiten nicht schlichten lasse. Die Frage, ob ich einen Tarifvertrag für Fahrdienstleiter kriege, gebe ich nicht in Schlichterhand. Da wäre ich ja ein bisschen bekloppt.“ Eine der Forderungen der GDL ist ein Tarifvertrag für Fahrdienstleiter. Paragraf 9 (3) Grundgesetz sagt, „das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet.“ Und diese Vereinigungen können Tarifverträge für ihre Mitglieder abschließen.

 

Das ist eigentlich hochpolitisch! Wenn eine Aktiengesellschaft, die zu 100 Prozent in Staatsbesitz ist, sich schwer tut, einem Teil der Beschäftigten einen Tarifvertrag nach dem Grundgesetz zuzugestehen. Es ist Ausdruck einer ökonomistischen Sichtweise, wenn GDL-Chef Weselsky im gleichen Interview auf die Frage nach gemeinsamen Aktionen mit den Bauernprotesten meint: „Wir sind im Arbeitskampf – und bei den Bauern handelt es sich um politische Demonstrationen.“ Damit nimmt er den politischen Aspekt raus. Der ja die Frage des Streikrechts in Deutschland betrifft, den notwendigen Kampf für ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht. Auch die Verbindung der Tarifkämpfe um höheren Lohn und bessere Arbeitsbedingungen mit dem Kampf gegen die Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten auf die breiten Massen ist wichtig.

 

Der Tarifkampf der Eisenbahner hat wirtschaftliche Forderungen zum Ausgangspunkt, hat aber auch politische Bedeutung. Er richtet sich gegen einen Staatskonzern. Er wird konsequent gegen das Logistikmonopol Deutsche Bahn geführt. Und warum können andere Bahnunternehmen wie Netinera mit 1200 Triebfahrzeugführern oder die kleinere Gesellschaft Go-Ahead die Arbeitszeitverkürzung der Schichtarbeiter vereinbaren, das Staatsunternehmen DB aber nicht? Kann es sein, dass das DB-Monopol, das öffentlich mit dem Staatsapparat verbunden ist, (die DB untersteht dem Bundesministerium Digitales und Verkehr, BMDV!) hier im Interesse der herrschenden Monopolistenklasse überhaupt die weitere Arbeitszeitverkürzung verweigert? Eine Schlichtung ist der institutionalisierte Kompromiss. Wo aber die Klasseninteressen aufeinanderprallen, ist bei einem Kompromiss immer einer – die Arbeiterklasse – der Verlierer.

 

Die Arbeiter können Verbündete unter jenen Bauern finden, die nicht ihr Standesinteresse verteidigen, sondern offen sind für eine Aktionseinheit, und mit weiteren Angehörigen der kleinbürgerlichen Zwischenschichten. Vor allem kann so die Einheit der Arbeiterklasse vorwärts zur Arbeiteroffensive gestärkt werden.