Briefwechsel
Soll die MLPD aktuell den Rücktritt der Ampel-Regierung fordern?
Die Rote-Fahne-Redaktion erhielt unlängst eine E-Mail eines Kollegen aus Kassel:
„Die Forderung nach einem Ende der Ampel ist richtig. Es gab bisher noch keine Regierung, die so rücksichtslos die Interessen der Reichen, der Konzerne, die Kriegstreiber und Umweltzerstörer unterstützt hat. Die Ampel unterstützt den Krieg in der Ukraine und damit vor allem die Interessen des US-Imperialismus nach Ausweitung seiner Macht in Richtung Osten. Dieser Krieg muss im Interesse der Werktätigen in den betroffenen Ländern beendet werden. Die Ampel unterstützt die zionistische Regierung Netanjahu. Der Völkermord im Gaza-Streifen wird von der Ampel stillschweigend und offen akzeptiert. Die Ampel ist nicht das 'kleinere Übel', wie der Text in RF-news nahelegt. Die Ampel ist ein großes Übel, das das Leben vieler Menschen immer unerträglicher macht. Warum sollen sich die Menschen hier eine solche Regierung gefallen lassen? Außerdem: die CDU stellt bereits in mehreren Bundesländern die Regierung.“
Aus der Antwort der Redaktion
Lieber Kollege, danke für Deinen Brief.Die MLPD stellt momentan ganz bewusst keine Forderung zum Rücktritt der Ampel oder für Neuwahlen auf. Natürlich ist die Ampel-Regierung eine Dienstleisterin der Monopole. Deshalb könnte man grundsätzlich zu jeder Zeit fordern, dass sie zurücktritt. Aber es ist immer eine Frage der Zweckmäßigkeit, welche Forderungen oder Losungen man in der proletarischen Strategie und Taktik in welcher Situation aufstellt.
Aktuell muss man beachten, dass es seit einigen Monaten eine richtiggehende Kampagne von rechts gegen die Regierung gibt. Sie wird medial besonders über die Bild-Zeitung verbreitet, sehr aktiv von den Ultrarechten der CDU und der faschistoiden AfD und anderen betrieben.
Der Hintergrund ist: Unter den herrschenden Monopolen wird verstärkt an einem Regierungswechsel von rechts herumgebastelt. Die Szenarien gehen dazu von einer CDU/CSU Regierung gemeinsam mit der FDP bis hin zu Gedenkenspielen nach einer Zusammenarbeit mit der AfD. Interessanterweise bezog sich das von correctiv enttarnte faschistische Geheimtreffen auch genau auf die Hoffnung auf eine künftige noch offen rechtere Regierung, deren Arbeit man dann von faschistischer Seite aus „begleiten“ und ausnutzen würde. (Siehe "Vertreibung von Millionen Migranten wird geplant!")
Darauf drängen immer mehr Monopole, um einen noch schärferen Kurs zu Lasten der Massen, der Natur und international im Konkurrenzkampf durchzusetzen. Es gibt schon längst die Forderung, das Bürgergeld drastisch zu senken, die Flüchtlingsabschiebungen deutlich zu erhöhen, noch mehr beim Umweltschutz zu kürzen oder auch den Rüstungsetat noch weiter aufzublasen. Würde die MLPD in dieser Situation konkret die Forderung nach Rücktritt der Regierung und Neuwahlen aufstellen, würde das wie eine Unterstützung dieser rechten Kampagne wirken. Es würde auch zu zusätzlicher Verwirrung unter den Massen beitragen. Es wird gerade aus der AfD verbreitet, jetzt käme es nur darauf an, dass wir „alle gegen die Ampel kämpfen“, egal, was ansonsten vertreten wird. Das ist eine moderne Variante der Querfront-Politik, wo wir sehr wachsam sein müssen.
Richtig ist, dass wir unser Profil schärfen und auch weiterentwickeln müssen. So haben wir bei dem Flugblatt letzte Woche die Losung entwickelt: „Gegen Regieurng, rechte 'Opposition' und Monopole!“ Wir müssen noch deutlicher für die fortschrittliche und kämpferische Opposition eintreten. Hier sind weitere Vorschläge willkommen.
Herzlichen Grüße!
Peter Weispfenning