Anhaltende Regierungskrise
Frankreich: Image-Politur für angekratzte Regierung
Die französische Premierministerin Elisabeth Borne ist zurückgetreten. Ihr Rücktritt ist das sichtbarste Zeichen einer anhaltenden Regierungskrise in Frankreich.
Elisabeth Borne hatte sich für die Herrschenden in Frankreich verdient gemacht, indem sie als Chefin der Eisenbahngesellschaft SNCF die Rechte der Eisenbahner stark beschnitten hat.
In der Regierung war sie es vor allem, die die verhasste Rentenreform ohne Abstimmung durchs Parlament drückte gegen Proteste von Millionen Menschen. Ende letzten Jahres war sie dann verantwortlich, dass das Einwanderungsgesetz in einem Pakt mit Rechten und Faschisten erheblich verschärft wurde. Damit erhalten Flüchtlinge erst nach drei Monaten Beschäftigung oder fünf Jahre Aufenthalt im Land Wohngeld. Für die „Sans-Papier“ (Ausländer „ohne Papiere“) wurden hohe Geldstrafen eingeführt.
Der jetzige Regierungsumbau ist eine Reaktion auf die anhaltenden Proteste gegen die arbeiter- und volksfeindliche Politik der Regierung. Offenbar versucht Macron, mit der Regierungsumbildung von seiner Person abzulenken. Während der Rentenreform waren seine Zustimmungswerte unter Arbeiterinnen und Angestellten auf 19% gefallen. In Umfragen lag seine Partei zuletzt acht bis zehn Prozentpunkte hinter der Bewegung der faschistischen Oppositionschefin Marine Le Pen.
Neuer Premierminister wird der bisherige Bildungsminister Gabriel Attal. Er nutzte für seine Arbeit Kanäle wie YouTube und den Austausch mit Influencern. Attal wird auch der erste offen homosexuelle Regierungschef seines Landes. Den ein oder anderen Jugendlichen wird er damit vielleicht zeitweise täuschen können, aber die brutale Polizeigewalt gegenüber Jugendlichen, die im Sommer zu einer Jugendrevolte führte ist sicher nicht vergessen. Im Parlament hat das Macron-Lager keine absolute Mehrheit mehr und ist entweder gezwungen Kompromisse mit Rechten und Faschisten zu machen oder ohne Abstimmung durchzudrücken.
Zuletzt hatten die Beschäftigten des Eurotunnels gestreikt für eine höhere Prämie als Inflationsausgleich. Zuvor waren schon Fluglotsen, Eisenbahner und Autoarbeiter in den Streik getreten mit einem Höhepunkt eines kämpferischen gewerkschaftlichen Streik- und Aktionstag am 14. Oktober in ganz Frankreich. Die Gewerkschaft CGT stellt derzeit politische Forderungen auf zur Rücknahme des Immigrationsgesetzes und zu einem Stopp der israelischen Massaker im Gaza-Streifen.