Bauernproteste
Was steckt hinter der Forderung „Erzeugerpreise rauf, Verbraucherpreise runter?“
Manche, die die Forderung der MLPD „Erzeugerpreise rauf – Verbraucherpreise runter!“ hören, sagen: Wie soll das gehen? Das sei doch ein Widerspruch in sich. Die Preise für Fleisch, Milch-, Eier- und Zuckerprodukte sind gegenüber früheren Zeiten dermaßen niedrig. Soll das etwa noch mehr gesenkt werden? Und wenn die Erzeugerpreise erhöht werden, dann müssten doch eigentlich auch die Käufer an den Lebensmitteltheken mehr bezahlen? Der gesunde Menschenverstand sagt: Wenn die Produktionskosten höher sind, muss der Produzent die Ware auch zu einem höheren Preis verkaufen. Diese Rechnung übersieht aber eine wesentliche Tatsache: Die Rechnungsgrundlage für den Preis einer Ware sind die Produktionskosten plus Durchschnittsprofit.
Unter dem ökonomischen Diktat der Agrar- und Einzelhandesmonopole haben diese die Macht, einen Monopolprofit einzuheimsen. Zwischen den Erzeugerpreisen, die die Masse der Klein- und Mittelbauern bekommen, und den Verbraucherpreisen war die Schere noch nie so groß wie letztes Jahr. Für einen Liter Milch bekam der Landwirt bis Mitte 2021 rund 35 Cent. Der Verbraucherpreis beim Discounter lag bei rund 70 Cent. Das war eine Differenz von 35 Cent.
Zum Jahreswechsel lag der Milchpreis im Laden bei 99 Cent. Der Erzeugerpreis für den Milchbauer war 40 Cent. Die Differenz ist also auf 59 Cent, also um 68 Prozent, gestiegen. Wo die einen überdurchschnittliche Gewinne durchsetzen können, sind andere dazu gezwungen, mit ihren Gewinnen unter dem Durchschnitt zu bleiben. Nach dem ökonomischen Gesetz der Durchschnittsprofitrate entspricht die Summe aller Preise in der Gesellschaft der Summe aller Werte. Deshalb sichern sich die Monopole einen Monopolprofit, unabhängig von Angebot und Nachfrage. Weil sich alle Konzerne entlang der Dienstleistungskette, vom Landmaschinenhersteller bis zu den Düngemittel- und Saatgutproduzenten, die Taschen vollstopfen, konnten sie ausgerechnet in den Corona-Jahren die größten Gewinnzuwächse erzielen. Was sich die Großen nehmen, wird von den Kleinen genommen, sobald sich dafür die Gelegenheit ergibt. Und die besteht für sie immer, mal durch das Wetter, oder durch die Börsenkurse, durch Kriege etc. Sie sind die Krisengewinner.
Einer der größten Agrarhandelskonzerne, Baywa, steigerte 2022 seinen operativen Gewinn im Agritrade & Service um sagenhafte 751,22 Prozent! Das sei ein „Gelegenheitsgewinn“ rechtfertigte sich das Management. Man habe sich nur genommen, was an der Börse zu holen war!!? Solche „Gelegenheiten“ haben weder die Masse der Verbraucher noch die Klein- und Mittelbauern. Sie sollen damit abgespeist werden, was ihnen gelegentlich übrig bleibt. Natürlich würden Großagrarier von einer Erhöhung der Erzeugerpreise auch profitieren. Deshalb ist es zweckmäßig, die Produktion von Lebensmitteln an bestimmte Standards zu binden. Zum Beispiel den, dass Kühe auf der Weide gehalten werden, und Massentierhaltung eingeschränkt wird. Oder dass je nach Größe des bearbeiteten Ackerlands Umweltauflagen gestaffelt werden, also Anlage von Blühstreifen.
Mit einem Verbot von nicht artgerechten Haltungsformen, wie der Käfighaltung von Hennen, kann der Verbraucher qualitativ höhere Lebensmittel bekommen, die wiederum auch für die Masse der einkommensschwächeren Verbraucher bezahlbar wird. Darin besteht der Sinn der geforderten Senkung der Verbraucherpreise. Beides wird nicht im Vertragshandel mit den Monopolen real, sondern nur durch den gemeinsamen Kampf der Arbeiter und Klein- und Mittelbauern. Und im Kapitalismus immer nur teilweise und zeitweise.