Bundesweiter Protesttag
Bauernproteste: Eindrücke eines kämpferischen und widersprüchlichen Tags
Am 8. Januar fuhren circa 100.000 Traktoren bei Protestfahrten durch ganz Deutschland.
Noch immer gehen bei der Rote Fahne-Redaktion Korrespondenzen aus den verschiedenen Regionen Deutschlands ein. Daher hier heute nur ein erster Bericht. In Emden kam die VW-Produktion zum Erliegen, weil die Arbeiter nicht rechtzeitig ins Werk kamen. Zahlreiche Autobahn-Auffahrten wurden blockiert.
Ausgerechnet heute beschloss das Bundeskabinett, die Streichung des Agrardiesels binnen drei Jahren auf den weg zu bringen. Aber auch deutliche Kürzungen beim Bürgergeld. Zugleich gibt es wachsende Widersprüche bis in die Landesregierungen. Vier Ministerpräsidenten, davon drei von der SPD (Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Saarland), fordern die komplette Rücknahme der Streichungen. In Meschede sprach ausgerechnet der rechte Scharfmacher Friedrich Merz (CDU) vor 1700 Teilnehmern. Er bezeichnete den Kompromiss der Ampel-Regierung als faules Ei und forderte aber lediglich die Verschiebung der Streichungen und dann die Einführung in der gesamten EU. Das dürfte die Bauern keinesfalls beruhigen. Zudem hat die CDU/CSU 16 Jahre lang die Bundesregierung geführt, und gleichfalls eine Politik zu Lasten der Klein- und Mittelbauern gemacht.
Der Grund für den breiten Protest liegt eben nicht nur bei der Streichung der Dieselbeihilfe. Diese hat das Fass nur zum Überlaufen gebracht. Weitere Gründe bei Klein- und Mittelbauern sind die gesunkenen Erzeugerpreisen bei gleichzeitig gestiegenen Energiekosten und steigenden Anforderungen. Und es gab riesen Wut auf die Ampel.
Die MLPD trat bei mindestens 30 Protestaktionen auf und verbreitete unter anderem das Flugblatt: "Arbeiter und Bauern Hand in Hand: Gegen Regierung, rechte 'Opposition' und Monopole!"
In Kirchhellen erklärte ein Jungbauer: "Ich finde das ziemlich wichtig, dass die Arbeiter und Bauern zusammen kämpfen, weil alle haben irgendwo die gleichen Probleme. Die Regierung geht ja nicht nur auf die Landwirte los,"
Aus Gera wird berichtet: "Das Flugblatt wurde gern genommen. In den Gesprächen bestätigte sich sehr schnell, dass es nicht nur um Agrardiesel und Kfz-Steuerbegünstigung ging, sondern um die ganze Richtung der Abwälzung der Krisenlasten auf die Masse der Bevölkerung. Auch die Umwelt, der Ukraine- und Gazakrieg waren Thema. Wichtig war es, sich als Vertreter der revolutionären Arbeiterpartei MLPD vorzustellen und klar vom Klassenstandpunkt zu argumentieren, gegen die Ampel-Regierung, aber auch gegen CDU und AfD. (...)
In mehreren Gesprächen zeigte sich ein Einfluss des bürgerlichen Nationalismus. Deutschland sei angeblich der Geldgeber der Welt und die Ampel-Regierung würde „unsere“ Wirtschaft ruinieren. Es war notwendig, klare Kante zu zeigen mit unserem Standpunkt zum Klassencharakter dieses Staates und der imperialistischen Ziele Deutschlands. Trotz kontroverser Meinungen wurde sachlich diskutiert."
Es gibt nicht einfach die Bauern! Vor allem auch nicht, wenn der DBV (Deutscher Bauernverband) und LSV (LandschafftVerbindung) aufrufen. Der Bauernverband verdient im Grunde seinen Namen nicht, vertritt er doch die Interessen der Großagrarier und Agrarkonzerne.
Die MLPD unterstützt berechtigte Forderungen der Klein- und Mittelbauern. Treffend hieß es auf einem Protestschild: „Nicht nur beim Schach wird der Bauer geopfert damit die Größeren höhere Sprünge machen können“! Die Ruinierung von Klein- und Mittelbauern führt lediglich dazu, dass Großagrarier und Agrarkonzerne die Produktion übernehmen. Das sieht man bereits in Ostdeutschland. Sie bekommen auch die größten Anteile der Dieselbeihilfen oder der Hektarprämien, die über die EU ausgezahlt werden. Deshalb ist ein anderes Schild „Ohne Bauern keine Lebensmittel“ zumindest eine Täuschung.
In Dresden wurde die Bauerndemo regelrecht gekapert durch die faschistische Gruppe „Freie Sachsen“, die zum Tag des Widerstands aufriefen und die „Auslöschung der Ampel“ forderten. Auch bei vielen Protesten der Bauern wurden erneut faschistische oder AfD-Symbole gezeigt. Es war wichtig, hier intensiv zu diskutieren.
Die Forderung der MLPD „Erzeugerpreise rauf – Verbraucherpreise runter!“ fanden die meisten Klein- und Mittelbauern richtig. Eine große Mehrheit der Bauern sprach sich auch klar für notwendige Umweltschutzmaßnahmen aus. „Klar ist das notwendig. Aber die Streichung der Agrardiesel-Subventionen hat nichts mit Umweltschutz zu tun. Wir müssen weiterhin mit Diesel-Traktoren fahren, weil es noch keine Alternative gibt“. Wir hatten auch das Buch „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen“ dabei und boten es an. Der Dauer- und Starkregen, die Überschwemmungen der letzten Wochen und Monate führen dazu, dass die Bauern noch nicht aussäen konnten und die nächste Ernte dadurch schon beeinträchtigt wird.
Es war genau richtig, zu den Protesten und mitten rein in die polarisierte Diskussion zu gehen. Wenn wir von der MLPD klare Kante zeigen gegen die Rechtsentwicklung von Regierung und Monopolen, orientiert sich ein Teil daran. Über die staatsmonopolitischen Machtverhältnisse und wie man sie revolutionär überwinden kann, gibt es noch viel Diskussions- und Klärungsbedarf. Besonders über den echten Sozialismus als Perspektive gilt das.