Wachsende Kriegsmüdigkeit

Wachsende Kriegsmüdigkeit

Ukraine und Russland: Beide haben große Probleme mit der Mobilisierung von Soldaten

In Kiew demonstrierten Ende November Frauen mit der Forderung, dass ihre Männer von der Front abgezogen werden.

Korrespondenz

Rote Fahne News berichtete: "Es gelingt den Kriegstreibern auf beiden Seiten immer weniger, die Menschen für ihren Krieg zu begeistern. Der 'Stern' zeigt Bilder von einer Demonstration von Frauen in Kiew und zitiert die 43-jährige Antonina Danylewytsch: 'Wir haben uns heute hier versammelt, um unsere Regierung dazu zu bringen, anzuerkennen, dass unsere Männer gleich zu Beginn des Krieges zum Dienst angetreten sind, als die Invasion in vollem Umfang begann. (…) Ich, wir sind hier, um zu fordern, dass sie sich ausruhen können. Was wir brauchen, ist eine Demobilisierung."

 

Im Herbst 2022 hat die rus­si­sche Ar­mee in­ner­halb kür­zes­ter Zeit mehr als 300 000 Men­schen eingezogen. Diese Mobilmachung lös­te die bis­her grö­ß­ten Pro­tes­te in Russ­land seit Kriegs­be­ginn aus - sicher ein Grund, warum auf eine weitere solche Massenrekrutierung seither verzichtet wurde. Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Ser­gej Scho­j­gu hat­te damals vorgerechnet, dass die Einberufung nur ein Pro­zent der 25 Millionen Reservisten beträfe.

 

Die An­ge­hö­ri­gen die­ses „un­glück­li­chen ei­nen Pro­zents“ melden sich jetzt mit Protesten zu Wort. In einer Chat-Gruppe „Weg nach Hau­se“ fragen Frauen nach ih­ren Män­nern, Söh­nen und Brü­dern. En­de No­vem­ber ver­öf­fent­lich­ten sie ein Ma­ni­fest im In­ter­net. Dar­in for­dern sie die De­mo­bi­li­sie­rung und dass je­der ein­ge­zo­ge­ne Zi­vi­list nicht län­ger als ein Jahr in der Ar­mee fest­ge­hal­ten wer­den dür­fe. „Vie­le wer­den nie zu­rück­keh­ren“, schreibt die Grup­pe.

 

In Mos­kau gin­gen ei­ni­ge Frau­en be­reits am Jah­res­tag der Ok­to­ber­re­vo­lu­ti­on auf die Stra­ße: „Bringt den Kin­dern die Vä­ter zu­rück!“, stand auf ei­nem der Schil­der, der Pro­test wur­de nach we­ni­gen Mi­nu­ten auf­ge­löst. Inzwischen können die Proteste nicht mehr übersehen und überhört werden. Putinpropaganda versucht, sie als Werkzeuge west­li­cher Ge­heim­diens­te darzustellen.

 

Für die ein­ge­zo­ge­nen Zi­vi­lis­ten gelten die gleichen Bedingungen wie für die Berufssoldaten: Sie können nicht kündigen. Nur schwer verwundet, wenn sie der Sabotage überführt werden oder das Rentenalter erreichen, werden sie entlassen. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der Staatsduma sagte noch im Sep­tem­ber. „Ei­ne Ab­lö­sung ist nicht vor­ge­se­hen“.

 

Wie sich die Proteste der Frauen in der Ukraine und in Russland gleichen! Volle Solidarität der kämpferischen Frauenbewegung in Deutschland mit den russischen und den ukrainischen Soldatenfrauen, -müttern und -schwesten!

 

Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 23. Dezember 2023