Bulgarien
Proteste gegen den begonnenen Abriss des sowjetischen Ehrenmals in Sofia
Seit Mitte Dezember wird im Auftrag der Regionalregierung von Sofia/Bulgarien das dortige sowjetische Ehrenmal abgerissen. Das Ehrenmal wurde 1954 errichtet und erinnert an den Sieg der roten Armee gemeinsam mit der antifaschistischen Bevölkerung in vielen Ländern Europas.
Seit 30 Jahren wurde in parlamentarischen Debatten, aber auch durch antikommunistische und faschistische Initiativen, der Abriss gefordert und letztlich verhindert, dass in den Erhalt des Denkmals investiert wird. Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine gab es mehrere Anschläge auf das Denkmal. All das dient jetzt der Gouverneurin des Bezirks Sofia, Vjara Todewa, als Rechtfertigung für den Abriss. Nach deren Aussage gäbe es „schwerwiegende Risse“, welche die 37 Meter hohe Statue zu einer Gefahr für die Passanten mache. [1] Das Vorhaben, die Statue im Garten für sozialistische Kunst in Sofia aufzustellen, war von Beginn an aufgrund ihrer Größe eine Farce und der letztendliche Verbleib ist ungewiss.
Hätte man zu Beginn der Debatte den baulichen Zustand festgestellt und entsprechende Maßnahmen zu deren Sanierung ergriffen, hätten natürlich die nun vorgebrachten Argumente gefehlt. Es war bereits ein Merkmal der bürokratisch-kapitalistischen Regierungen vieler osteuropäischer Länder, dass sie sich „sozialistisch“ im Namen nannten, aber ihre Interessen woanders lagen als u.a. in dem Erhalt solcher Denkmäler und einer entsprechenden antifaschistischen Aufklärung.
Schnell gab es erste Proteste gegen den Abriss, an denen sich auch die Bulgarische Kommunistische Partei (BKP), Mitglied der revolutionären Weltorganisation ICOR, beteiligte. Einer ihrer Vertreter berichtet: „Dass gerade jetzt, nach 30 Jahren Diskussion, das Denkmal abgerissen werden soll, ist nur durch den Zusammenhang zum Krieg in der Ukraine zu erklären. Es ist Ausdruck der Faschisierung der Regierung in Bulgarien und ihres Antikommunismus, den sie neuerdings mit dem Angriff des angeblich 'sozialistischen Russland' rechtfertigen.“
Nach dem Zusammenbruch des bürokratischen Kapitalismus 1989 entbrannte in ganz Osteuropa eine hitzige Debatte über den Umgang mit den Denkmälern, die zu Ehren der Roten Armee, der Befreierin vom Hitler-Faschismus errichtet worden waren. Je mehr der Antikommunismus Staatsräson wurde und einigen der Regierungen die Mitgliedschaft in der reaktionären NATO oder dem imperialistischen Staatenbündnis EU in Aussicht gestellt wurden, umso schneller fielen die Entscheidung gegen den weiteren Erhalt vieler solcher Denkmäler. Nachdem diese Entwicklung ab einem gewissen Punkt zur Ruhe kam, hat sie durch den Angriff Russlands auf die Ukraine einen neuen Anschub erhalten. Einerseits ist der Antikommunismus in den Regierungen und reaktionären Teilen der Bevölkerung schon tief verankert, andererseits halten große Teile der Arbeiter und der breiten Massen dennoch an diesen Denkmälern fest. Bei vielen genießt die bis zum revisionistischen Verrat 1956 sozialistische Sowjetunion ein positives Ansehen. Also mussten neue Argumente gefunden oder einfach Tatsachen geschaffen werden. So wie aktuell in Sofia.
Jede einigermaßen sachliche Diskussion über den Erhalt des Denkmals wurde in der Vergangenheit damit erstickt, dass man das vorhandene Ansehen Stalins diffamierte. Wie bei allen bisherigen Angriffen auf sowjetische Ehrenmäler, so auch auf „Aljoscha“ in Plovdiv, der zweitgrößten Stadt des Landes, ließ der Aufschrei aus Russland nicht lange auf sich warten. Einer der Vorwürfe lautete, dass mit dem Abriss eine weitere Faschisierung stattfinden würde. Das trifft zu. Aber Russland hat heute selbst einen faschistischen Präsidenten und fördert den europäischen Faschismus. Ein weiterer Zusammenhang zu faschistischen Schmierereien der letzten Jahren ist, dass das Denkmal sich in der Nähe des Vassil-Levski-Stadion (ZSKA Sofia) befindet, das für seine faschistische Anhängerschaft bekannt und berüchtigt ist.
Die Verteidigung solcher Denkmäler der sozialistischen Geschichte und Kultur, ihre Verankerung und Aufklärungsarbeit gerade unter der Masse der Jugend ist Teil der Bewegung, dem Sozialismus auf Grundlage der proletarischen Denkweise zu neuem Ansehen zu verhelfen.
Siehe auch "Denkmal für die Befreiung der Slowakei durch die Rote Armee"