Extremwetter
"Landunter" heißt es für halb Deutschland
Dauerregen, Sturm, steigende Pegelstände an Flüssen und Bächen, Hochwasser und in den Bergen Lawinengefahr: Diese Phänomene bestimmten und bestimmen vielerorts das aktuelle Wettergeschehen in Deutschland.
Wer glaubt, nach der Ahrtal-Überschwemmung sei überall und mit allen Kräften der Hochwasserschutz ausgebaut worden, der irrt. Der grüne Umweltminister von Nordrhein-Westfalen mahnt zu großer Vorsicht und sagt, beim Hochwasserschutz in Nordrhein-Westfalen gebe es "deutlichen Sanierungsbedarf, der Aufgabe in den nächsten Jahren bleibe." Ein Hohn gegenüber der Bevölkerung! Und wieder ginge gar nichts ohne die vielen ehrenamtlichen freiwilligen Helferinnen und Helfer. Auch Mitglieder von MLPD, REBELL und Freunde packen tatkräftig an, helfen Nachbarn; etliche sind selbst betroffen.
Keine Entschärfung der Hochwasserlage
In Braunschweig in Niedersachsen rechnen die Behörden damit, dass sich die Lage am Abend verschlimmert. Es wurden dort schon Straßensperren errichtet. Die Okertalsperre im Harz hat ihre maximale Kapazität erreicht. Über den Überlauf der Staumauer wird nun mehr Wasser als üblich in die Oker abgegeben: 30 Kubikmeter pro Sekunde statt 16 Kubikmeter pro Sekunde. Die Welle kommt wahrscheinlich spätabends in Braunschweig an. Man gehe aber davon aus, "dass sich die durch die Oker und deren Nebenflüsse verursachten Überschwemmungen weiterhin auf die ausgewiesenen Überschwemmungsgebiete beschränken." Davon kann man aber nicht einfach ausgehen. Seit der letzten großen Überschwemmung wurden keine Böden entsiegelt, keine neuen Überschwemmungsauen geschaffen.
Auch andere Regionen sind schwer betroffen. Eine Korrespondentin aus Ostwestfalen schrieb heute früh an Rote Fahne News: "Die Hochwasserlage in Teilen von Ostwestfalen wird immer kritischer. Im Kreis Minden-Lübbecke und den Kreisen Herford, Paderborn und Höxter sind die Flüsse weit über die Ufer getreten und setzen Gebäude unter Wasser. Die Kräfte sind an den großen Flüssen in Ostwestfalen im Dauereinsatz. Auch in Bielefeld gab es vollgelaufene Keller, umstürzende Bäume und stellenweise überflutete Wiesen und Wege. Am Halhof in Schildesche war außerdem die Talbrückenstraße überspült."
Außer Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein sind auch Nordrhein-Westfalen, darunter die Städte am Rhein, Nordthüringen, Nord- und Niederbayern, Teile von Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt betroffen. In Thüringen musste das Dorf Windehausen der Stadt Heringen mit 500 Bewohnern evakuiert werden. Eine Anwohnern aus Windehausen berichtet: "Wir hatten noch einigermaßen Glück. Wir wohnen noch ein Stückchen weiter höher. Bei uns ist der Keller vollgelaufen. Die Wohnung ist noch in Ordnung. Aber darum herum ist es ein einziger großer Fluss." [1]
Deiche drohten und drohen zu brechen
Vielerorts drohten Deiche zu brechen. Gerade über die Weihnachtsfeiertage trifft es die Leute hart, viele berichten von einer großen Hilfsbereitschaft unter der Bevölkerung.
Eine Korrespondentin aus dem Ruhrgebiet schrieb gestern abend an Rote Fahne News: "An Heiligabend sind einige Familien aus Oberhausen-Alstaden an den Deich gekommen, um sich in sicherer Entfernung von der gefährdeten Stelle einen Eindruck vom Hochwasser zu verschaffen. Auch wir machen hier unseren Weihnachtsspaziergang, immerhin wohnen wir nur zwei km entfernt. Wo sonst in den Ruhrauen nur ein schmaler Fluss gemütlich dahinfließt, sieht es jetzt so aus wie auf dem Foto (siehe oben, d. Red.) – normalerweise fließt die Ruhr hier quer unter der Brücke durch, auf beiden Seiten sind weite Auen, Weiden für Kühe und so weiter. Das Problem ist nicht, dass der Deich zu niedrig wäre, es sind jetzt sicher noch vier Meter bis zur Deichkrone. Aber er ist nach dem vielen Regen an einer Stelle so aufgeweicht, dass die Feuerwehr und viele weitere Hilfskräfte zwei Nächte und einen ganzen Tag lang Sandsäcke und Kies zur Stabilisierung anbringen mussten. Bäume wurden vorsorglich gefällt, damit sie nicht, wenn sie in stürmischem Wetter umfallen sollten, mit ihrem Wurzelwerk Stücke aus dem Deich reißen. Die akute Gefahr des Deichbruchs war am 24. Dezember gebannt - aber langanhaltende Wetterlagen wie der momentane Dauerregen werden öfter Deiche aufweichen. Wie viele Feuerwehrleute und Sandsäcke sollen dann nötig sein? Jetzt gemeinsam für umfassende Sofort- und Schutzmaßnahmen gegen die begonnene globale Umweltkatastrophe kämpfen! Im Sozialismus würde gestützt auf die Massen damit sofort begonnen."
Noch sind die Verwüstungen durch das aktuelle Extremwetter und die Überschwemmungen noch gar nicht absehbar, vor allem, welche langfristigen Auswirkungen sie haben. Die regionalen Umweltkatastrophen, so heißt es im neuen Buch der MLPD, "Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen", haben zunehmend die Tendenz, irreparable Schäden zu hinterlassen (Seite 392). Weiter wird hier deutlich, dass es sich um einen Vorgeschmack auf noch viel drastischere Entwicklungen handelt.
Warum der anhaltende und zerstörerische Dauerregen?
Eine Folge der begonnenen globalen Klimakatastrophe sind Veränderungen des Systems der Jetwinde (Höhenwinde). Im Buch „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen“ heißt es dazu: „Wind entsteht durch Ausgleich von Luftdruckunterschieden in der Atmosphäre, die wiederum auf Temperaturunterschiede zurückgehen. Die Temperatur in der Arktis hat sich seit 1979 viermal schneller erwärmt als im globalen Durchschnitt. ... Infolge der raschen Erwärmung der Arktis hat sich der Temperaturunterschied auf der Erdoberfläche zwischen Äquator und Nordpolargebiet reduziert, was den polaren Jetwind schwächte. Gleichzeitig steigt dadurch, insbesondere durch die starke Erwärmung oberhalb des Äquators, mehr Wasserdampf bis in höhere Schichten der Troposphäre auf und setzt dort Wärme frei, was den Temperaturunterschied zwischen Äquator und Arktis in der Höhe wiederum verstärkt. Die Jetwindbänder beginnen zu mäandern, das heißt, sie bewegen sich uneinheitlich, wellenförmig und gegenläufig. Sie bilden Dellen und verringern so ihre Zirkulargeschwindigkeit. Diese in sich widersprüchliche Entwicklung führt häufiger zu lang anhaltenden Wetterlagen". (Seite 398f)
Nach dem Sturm Zoltan, baute sich zum letzten Samstag eine Luftmassengrenze über Deutschland auf. Es zog eine Warmfront von Südwesten auf. Sie kam gegen kältere Luft im Nordosten und Osten nicht so schnell voran. Seit vergangenem Dienstag sind zum Beispiel im Harz in Braunlage über 200 mm Niederschlag gefallen. Zum Vergleich: Im November 2023 betrug der durchschnittliche Niederschlag in Deutschland 126 Liter pro Quadratmeter. [1]
Der Kampf um die Forderungen, die die MLPD in ihren Leitlinien für ein erweitertes Kampfprogramm der Sofort- und Schutzmaßnahmen gegen die globale Umweltkatastrophe aufstellt, muss als Schule des gesellschaftsverändernden Umweltkampfs geführt werden:
- Staatlich finanzierter Zugang jeder Person zu Schutzausrüstungen, Erste Hilfe Maßnahmen, Lebensmittel- und Trinkwasserreserven für Katastrophenfälle.
- Einführung eines allseitigen und umfassenden Früh- und Akutwarnsystem. Umfassender Ausbau von Rettungsdiensten, bürgernaher Notfallmedizin, Bergwacht, Feuerwehr und Katastrophenhilfe.
- Schneller Auf- und Ausbau weiträumiger Überlaufflächen, Entsiegelung und drastische Einschränkung weiterer Flächenversiegelung. [3]
- Wir brauchen eine breite gesellschaftliche Debatte über einen grundlegenden Ausweg aus dem Krisenchaos des Kapitalismus: Den echten Sozialismus!
Studien- und Bildungstage jetzt nach den Weihnachtsfeiertagen, wie sie mancherorts durchgeführt werden, sind sehr gut dafür geeignet, die aktelle Wetterkatastrophe mithilfe des Buchs "Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen" zu analysieren und die Erkenntnisse zu vertiefen. Die regelmäßigen Studiengruppen natürlich genauso.