Tarifkampf im Einzelhandel

Tarifkampf im Einzelhandel

Mit den Erpressern vom Handelsverband HDE nicht verhandeln!

Die Ankündigung von ver.di, im Tarifkampf des Einzelhandels das Weihnachtsgeschäft zu bestreiken, hat dem Handelsverbands HDE die Aussicht auf die weihnachtlichen Gewinne seiner Mitglieder verhagelt. In letzter Minute bot er nach siebenmonatiger Blockadehaltung gnädigerweise neue Verhandlungen am 28. Dezember an.

Von wb/gis
Mit den Erpressern vom Handelsverband HDE nicht verhandeln!
ver.di-Kundgebung auf dem Münchner Marienplatz (rf-foto)

„Heute haben wir ver.di für dieses Jahr einen letzten Einigungsversuch über das Tarifgebiet in Hamburg vorgeschlagen. (Und) möchten wir uns auf der Basis unseres aktuellen Angebots in diesem Jahr weiterhin um einen Abschluss der Tarifrunde bemühen“, so HDE-Tarifgeschäftsführer Steven Haarke. [1]

 

Was soll das für eine Verhandlung sein, wo die Bedingung ist, dass ver.di von der Forderung nach 2,50 Euro mehr Stundenlohn abrückt und nur über das provokative Angebot von HDE verhandelt werden soll: 10,2 Prozent Gehaltserhöhung bei einer Laufzeit von 24 Monaten und einer Inflationsausgleichsprämie von insgesamt 750 Euro, die nicht in die Lohntabelle einfließt? Und um klar zu machen, dass diese Verhandlungen die letzte Möglichkeit für eine Einigung (im Sinne vom HDE) sind, droht Haarke damit, dass ihr bisheriges Angebot (dann) in dieser Form nicht mehr zur Disposition stehe.

 

„Mit Erpressern wird nicht verhandelt!“ - diese Losung der Gewerkschaftsbewegung ist auch die Losung der ver.di-Mitglieder im Handel. Es ist deshalb genau richtig, dass die ver.di-Führung an den angekündigten Warnstreiks festhalten will: "Von dem Verhandlungstermin in Hamburg unberührt bleiben die aktuellen bundesweiten Streiks in dieser Woche bis Heiligabend. Sie werden wie geplant weiter stattfinden." [2] ver.di hat für Mittwoch bis Heiligabend zu Warnstreiks aufgerufen. In Berlin und Brandenburg legten mehr als 1.300 Beschäftigte die Arbeit nieder. 

 

Kaum war der Aufruf zu diesen Warnstreiks in die Öffentlichkeit gelangt, da bekamen die ver.di-Mitglieder und die Streikenden Nachhilfe vom Journalisten Hugo Müller-Vogg, der in Focus titelte: "Keine Lohnforderung rechtfertigt, Millionen Bürgern das Weihnachtsfest zu vermiesen. Der Streik der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ... schädigt neben dem Einzelhandel in seiner umsatzstärksten Zeit auch völlig Unbeteiligte - wie zum Beispiel Kinder unterm Weihnachtsbaum." Ver.di wagt es allen Ernstes, was nicht einmal die "stets auf Krawall gebürstete" GDL sich getraut hat: Streiken vor und an Weihnachten.

 

Haben die streikenden ver.di-Mitglieder wirklich die Folgen ihres Tuns bis hinein in die zwischenmenschlichen Konsequenzen durchdacht? Haben sie nicht, eindeutig. Es geht ihnen um den schnöden Mammon. Ein Hammer! Wo doch die gutmütigen Einzelhandelsketten genau das anbieten, was die Menschen unter ihren Weihnachtsbäumen und auf ihren Festtafeln finden möchten: "Lebensmittel und Spirituosen, Unterhaltungselektronik und Textilien, Bücher und Spiele." Ein Hugo Müller-Vogg verabreicht seinen Kindern ja vielleicht Spirituosen. Die Mehrheit schenkender Omas und Eltern nehmen davon Abstand. Traurige Kinderaugen kommen eher davon, dass in einem der reichsten Länder der Welt im vergangenen Jahr knapp 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren armutsgefährdet sind.

 

Und nicht vom Streik der Verkäuferinnen, Logistikarbeiter und weiterer Beschäftigten im Einzelhandel. Die nämlich haben völlig Recht, sich für die volle Durchsetzung ihrer Lohnforderung ins Zeug zu legen! Indem sie ihre eigene Rechnung aufmachen, indem sie von den Arbeiterinteressen ausgehen, gehen sie auch von den Interessen der breiten Massen aus und vermiesen diesen keineswegs das Leben. Wenn durch erkämpfte Lohnerhöhungen Familien ein besseres Einkommen haben, haben ja die Kinder auch was davon. Wirkt sich das auf die Renten aus und stärkt das Selbstbewusstsein. Kein Wunder, dass die allermeisten Leute solidarisch sind mit den Streiks.

 

Tatsächlich werden HDE und andere Monopolverbände sowie die Regierung sehr nervös ob der Streikbereitschaft in den verschiedenen Branchen, wo 8 Millionen Menschen derzeit in Tarifauseinandersetzungen sind und ihre Kräfte bündeln können.