Klartext
Frieden auf Erden?
"Frieden auf Erden"– das ist die sicher am häufigsten zitierte biblische Weihnachtsbotschaft. In Wirklichkeit werden im Namen des „christlichen Abendlandes“ die Arbeiter und die Massen Russlands sowie der Ukraine in brutaler Weise aufeinander gehetzt. Zynischerweise sind derzeit gegnerische Verluste von beiden Seiten aus das wichtigste Kriegsziel. Doch die Kriegsmüdigkeit in der Ukraine und in Russland nimmt zu.
Seit Anfang Dezember demonstrierten immer wieder Frauen und Kinder in Kiew und anderen ukrainischen Städten dafür, dass ihre Männer und Väter von der Front abgezogen werden. Auf ihren Schildern und Plakaten steht: „Mein Mann ist kein Gefangener“ oder „Mein Mann hat ein Recht auf sein Leben“. Wehrpflichtige werden zum Teil mit Gewalt an die Front geschickt. Ein weiterer Hintergrund der Proteste ist die gewaltige Korruption im Land. Während reiche Ukrainer ihre Söhne vom Militärdienst freikaufen konnten, müssen die Söhne derjenigen, die kein Bestechungsgeld zahlen können, den Kopf hinhalten und sind häufig schon seit über 20 Monaten an der Front.
Innerlich stehen die Menschen im Widerstreit mit ihrer Liebe zur Heimat, die berechtigt den Angriffskrieg Russlands zurückweist. Viele Menschen glauben aber auch noch, dass die Regierung Selenskyj das Land gegen Putin verteidigt. Aber die Zustimmung zu Selenskyj bekommt Risse. Wenn die Familien statt ihrer Männer, Väter und Söhne die Leichen der gefallenen Soldaten zurückbekommen und gleichzeitig der Krieg auf der Stelle tritt, wächst das Nachdenken in der Bevölkerung, werden Fragen laut. Warum sollen wir uns weiter in dem mörderischen Krieg verheizen lassen?
Meine Weihnachtsbotschaft lautet: „Reden erst die Völker selber, werden sie schnell einig sein!“ Klaus Dumberger, Parteigeschäftsführer der MLPD
Auch aus Russland gibt es verstärkt solche Nachrichten. „Die Mobilisierung hat sich als schrecklicher Fehler erwiesen“, heißt es zum Beispiel in einem Appell von Ehefrauen russischer Soldaten vom 27. November.
An der Front geht die ukrainische Armee dazu über, vorrangig Festungsanlagen zur Verteidigung an der Front zu errichten. Trotz anderslautender Ansagen von Selenskyj scheint die ukrainische Armee klar zu sehen, dass ihre Offensive gescheitert ist und in absehbarer Zeit keine Offensivoperationen möglich sind.
Mit der Krise der Kriegsführung gibt es auch im ukrainischen Militärapparat und international zunehmend Widersprüche. Ein Teil der Militärs und Politiker bringt verstärkt die Suche nach einem imperialistischen Frieden in die Diskussion, was jedoch keine Entschärfung des Kriegs bedeutet. Die Diskussion um die Nachkriegsordnung und die „Wiederaufbauhilfe“ ist nichts anderes als zurzeit das wichtigste Kriegsziel: Es geht darum, die ukrainische Wirtschaft von westlichen Monopolen beherrschen zu lassen. Darauf zielen auch die Aufnahmegespräche in die EU.
Die zunehmende Kriegsmüdigkeit unter den Massen ist ein Boden dafür, dass das Bewusstsein reift: Lassen wir uns nicht mehr gegen unsere Klassenbrüder im jeweils anderen Land hetzen. Meine Weihnachtsbotschaft lautet: „Reden erst die Völker selber, werden sie schnell einig sein!“