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Einige Gedanken zum Schneechaos im bayerischen Oberland ...

Als in wenigen Stunden fast ein halber Meter Schnee fiel, legte das in Oberbayern für einige Tage nahezu den gesamten Öffentlichen Nahverkehr lahm. Ich erinnere mich an meine Jugendzeit wo ich als Schüler mit der Bahn von Lenggries nach Bad Tölz gefahren bin.

Von wr
Einige Gedanken zum Schneechaos im bayerischen Oberland ...
Verschneites Dorf in Bayern (rf-foto)

Damals in den 1950er /1960er Jahren gab es fast jeden Winter sogar die doppelten Schneehöhen. Zu unserem Leidwesen konnten wir uns aber im größten Schneechaos nicht einmal auf einen schulfreien Tage freuen. Die alte Dampflok fuhr immer unbeirrt durch Wind und Wetter. Sie wurde erst in den 1970er Jahren durch Dieseltriebwagen ersetzt.

 

Deshalb wünsche ich mir zwar nicht diese sogenannte „gute alte Zeit“ zurück. Die Frage ist aber, warum der technische Fortschritt ein solches Chaos nicht verhindert.* Damals gab es auf jedem noch so kleinen Bahnhof einige Arbeiter und Angestellte, die nachts die Schienen und Weichen frei schaufelten, mit jedem Zug fuhren drei Beschäftigte mit, die eigenhändig Schneewehen auf der Strecke beseitigen konnten. Die Lokomotiven waren so gebaut, dass sie eine unverwüstliche Lebensdauer hatten. Heute sollen die modernen Schienenfahrzeuge nicht so lange halten, schließlich wollen die Konzerne laufend Kapital umschlagen und Produkte immer schneller abschreiben.

 

Klar ist, wir brauchen keine Heizer neben dem Lokführer, keine Schrankenwärter an jedem Bahnübergang, und keine Trupps von Arbeitern auf jeder Bahnstation, usw.. Aber dafür könnte man die anfallenden Arbeiten auf mehr Schultern verteilen. Zudem wäre im Interesse der Reisenden durchaus angebracht, dass man an jedem Bahnhof jemanden persönlich ansprechen kann, dass älteren Leuten geholfen wird, Tickets zu lösen, die richtigen Wagen und Abteile zu finden, usw.

 

Legendär ist der Kampf der britischen Lokführer, die lange Zeit nach dem Ende der Dampflokzeit für den Erhalt des Heizers als zweitem Mann auf der Lok und für eine Kürzung der Arbeitszeit gekämpft haben. Damals wurde das von den bürgerlichen Politikern und ihren Medien mit einer unglaublichen Hetze überzogen und die Arbeiter wurden als fortschrittsfeindliche Nostalgiker hingestellt. Dabei war ihr Kampf eigentlich sehr weitsichtig. Und gemessen an dem, was mit der begonnenen globalen Umweltkatastrophe auf uns zukommt, sind solche Kämpfe sogar sprichwörtlich (über)lebensnotwendig. [1]

 

* Nicht nur im bayerischen Oberland, auch in der Großstadt herrschte Chaos seit dem Wintereinbruch Ende letzter Woche, zum Teil bis heute. Tagelang war der Münchner Hauptbahnhof nicht anfahrbar, die S-Bahnen, auf die Pendler dringend angewiesen sind, fahren immer noch nur auf Teilabschnitten. Selbst die U-Bahn musste erst mühsam wieder in Gang gebracht werden. Es müssen nämlich Züge oberirdisch geparkt werden und dort wurden sie zugeschneit. Die Straßenbahnen fahren bis heute nicht. In Oberbayern protestierten Bahnbeschäftigte gegen die jahrelange Arbeitsplatzvernichtung und dass der Bahnkonzern in lukrative Projekte auf der ganzen Welt investiert, nicht aber in winterfeste S-Bahnen und weitere Infrastruktur, insbesondere in ländlichen Gebieten. Der Flughafen wurde zwei Mal gesperrt - man kam mit dem Enteisen nicht nach. Auch hier: Viel zu wenig Beschäftigte. Eine Ergänzung zum obigen Bericht: Auf der Strecke Lenggries - Bad Tölz, die der Autor beschreibt, fährt seit dem diesjährigen Wintereinbruch auch kein Zug. Ein Grund: Haufenweise umgestürzte Bäume, die unter der Schneelast zusammenbrachen. Das war in den 1960er Jahren auch noch nicht so verbreitet ...