Offizielle Inflationsrate 3,2 %

Offizielle Inflationsrate 3,2 %

Gibt es eine Trendwende bei der Inflation?

Die offizielle Inflationsrate wird im November 3,2% betragen. Finanzminister Christian Lindner frohlockt, dass sich die Inflationsrate wesentlich besser entwickelt habe als prognostiziert. (1) Ist tatsächlich eine Trendwende erreicht?

Von hr
Gibt es eine Trendwende bei der Inflation?
Foto und Grafik: iStock-1170493923

Nun weiß jeder, der rechnen kann – und das sollte ein Finanzminister ja können - dass eine Inflationsrate von 3,2% bedeutet, dass die Inflation um 3,2% gestiegen ist und nicht gesunken. Zweitens ist diese Zahl manipuliert. Die Regierung operiert mit einer "Kerninflation", wo die Hauptpreistreiber, Kraftstoffe und Heizung, nicht eingerechnet werden. Drittens ist der November eine Momentaufnahme und sagt nichts über die längerfristige Entwicklung aus. Hier muss selbst das Statistische Bundesamt zugeben, dass die Preise seit 2020 um 17,8% gestiegen sind. (2) Die reale Inflation für einen Arbeiterhaushalt ist wesentlich höher. 

 

Eine Arbeiterin aus Essen erzählt, wie sie die Inflation misst: „Vor drei Jahren bekam ich mit 100 Euro noch einen Einkaufswagen voll mit Lebensmitteln, heute ist er nur noch halb voll. Wir haben vor vier Monaten ein Schreiben von unserem Vermieter bekommen. Mit Verweis auf den Mietspiegel hat er unsere Netto-Kaltmiete um 20% erhöht. Ich kann gar nicht so schnell sparen, wie die Preise steigen.“

 

Die Lebensmittelpreise sind allein im letzten Jahr nach Angaben des MDR um 22% gestiegen. (4) Besonders wurden Fette (Sonnenblumen- und Rapsöl) und Milchprodukte (Quark, Sahne, Frischmilch) teurer. Die Mieten und Mietnebenkosten, die Hauptkosten eines Arbeiterhaushalts, steigen unaufhörlich. Wer viel mit dem Auto fahren muss, gerät ob der Benzin- oder Dieselpreise ins Verzweifeln. Stiftung Warentest und Verbraucherzentralen, die die Entwicklung der Preise sachlich untersuchen, geben dann tolle Sparvorschläge wie Haushaltsgeräte mieten statt kaufen oder bei Versicherungen eine Jahreszahlung vereinbaren, die etwas günstiger ist. Natürlich kann der einzelne Ratschlag vernünftig sein, aber in der Summe gehen sie alle am Kern der Sache vorbei und suggerieren, man müsse sich mit der Inflation abfinden.

 

Mancher Kollege erwartet von der Regierung, dass sie eingreift und die Inflation stoppt. Aber die Regierung profitiert von ihr. 20% Inflation sind 20% höhere Steuereinnahmen bei der Mehrwertsteuer. Im Jahr 2022 waren die Mehrwertsteuer-Einnahmen um 41 Milliarden Euro höher als 2019.*5)

 

Viele rechnen auch damit, dass bei sinkenden Einkaufspreisen z.B. für Gas die Endverbraucherpreise sinken. Das ist aber nicht der Fall. 95 Energie- und Lebensmittelkonzerne haben ihre offiziellen Gewinne 2022 mehr als verdoppelt. (6) Die Monopolpreise sind Raubpreise. Sie haben ihre Grenze nur darin, was die Arbeiter erwirtschaftet haben, sprich was von ihnen zu holen ist.

 

Seriösere Institute gehen von einem Anstieg der Inflation im nächsten Jahr aus, weil die sogenannte Gaspreisbremse, die Deckelung der Kosten für die Verbraucher und die Finanzierung des erhöhten Preises für die Energiekonzerne ausläuft. Die zeitweilige Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie ebenfalls. Das 60-Milliarden-Loch aufgrund des Gerichtsurteils des Bundesverfassungsgerichts ist dabei noch nicht berücksichtigt. Das 100 Milliarden-Sondervermögen der Bundeswehr soll nicht angetastet werden, und vergünstigte Industriestrompreise sind geplant. Die Arbeiterklasse hat genügend Erfahrungen, dass diese Kosten auf die breiten Massen abgewälzt werden sollen.

 

Die Auswirkungen der Inflation können nur durch den Kampf der Arbeiter und Arbeiterinnen begrenzt werden, durch Lohnerhöhungen. Ohne durchzublicken, wer die Profiteure sind und worin die Ursachen der Inflation liegen, wird sich nicht das Bewusstsein bilden, mit den richtigen Maßnahmen dagegen vorzugehen. Die Monopole haben sich den Staat vollständig untergeordnet und sind mit seinen Organen verschmolzen. Von der Regierung haben die Arbeiter nichts zu erwarten. Was Monopole und Regierung aber verstehen, ist der Kampf der Arbeiterklasse. Der muss mit aller Härte geführt werden.

 

Das betrifft die laufenden und anstehenden Tarifrunden und den selbständigen Kampf für Lohnnachschlag. Gerade der selbstständige Streik der Hamburger Hafenarbeiter zeigt, dass der gewerkschaftliche Rahmen durchbrochen werden muss, um die Interessen der Arbeiterklasse durchzusetzen. „Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter müssen ihre eigene Rechnung aufmachen.“ Diese Denkweise ist zukunftsweisend. Die Gesetzmäßigkeit der Inflation kann im Kapitalismus jedoch nicht abgeschafft werden, dazu braucht es den echten Sozialismus.

 

  • Keine Rücknahme der Mehrwertsteuersenkungen!
  • Keine Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen!
  • Für gewerkschaftliche und selbständige Streiks für höhere Löhne und Gehälter!