Wolfsburg/Braunschweig

Wolfsburg/Braunschweig

Betriebsversammlungen bei VW - „Hände weg von unseren Ausbildungsplätzen“

Am 6. Dezember waren Betriebsversammlungen bei VW Wolfsburg und Braunschweig. Wie zu erwarten, hat der Vorstand die Steigerung der Rendite auf 6,5 % als alternativlos dargestellt. Dafür müssten "die Kosten runter" und Arbeitsplätze abgebaut werden.

Von einem Korrespondenten
Betriebsversammlungen bei VW - „Hände weg von unseren Ausbildungsplätzen“
Blick auf einen Teil des VW-Werks (foto: shutterstock_2278556361)

Alleine im Jahr 2024 sollen bei VW in Deutschland 4,3  Milliarden „eingespart“ werden. Seit Monaten gibt es ein Wechselbad von Kurzarbeit, Sonderschichten und Schichtabsagen. Seit Wochen widersprüchliche Ankündigungen und Gerüchte, was VW vor hat: mal sollen 6.000 Kollegen in Wolfsburg abgebaut werden, mal ist von 20% Belegschaftsabbau bei VW insgesamt die Rede, mal sogar von 40 % (weil E-Autos 40% weniger Teile haben), mal soll die Arbeitszeit auf 37,5 Stunden verlängert werden, dann wurde über eine 4-Tage-Woche spekuliert, usw. Mit dieser Methode von Verwirrung und Gerüchten sollen die Kollegen weichgekocht werden. Zugleich zeigt das eine Defensive und Angst der Konzernchefs, dass die Kollegen das nicht kampflos hinnehmen werden. Auf den Betriebsversammlungen wurde  wieder nichts Genaues gesagt, sondern ein „Eckpunktepapier“ bis Weihnachten angekündigt. 

 

Die Linie der Betriebsratsspitze ist, das Kürzungsprogramm „mitgestalten“ zu wollen - „ohne Abstriche an bestehenden Tarifverträgen.“ Das erfordere „gerechtes Sparen": auch beim Management, nicht einseitig bei der Belegschaft. Dafür bekamen sie Applaus. Die allgemeine Argumentation, dass angesichts der Krise gespart werden müsse, stößt noch auf Verständnis bei einer Masse der Kollegen. Zugleich werden Angriffe auf Tarifverträge, Arbeitszeiten, Ausbildungsplätze konsequent abgelehnt. Und wenn es um konkrete Angriffe geht, ist das Verständnis schnell vorbei.

 

Den größten Beifall bekamen die Azubis, die in beiden Werken geschlossen und kämpferisch auftraten. In Braunschweig kamen ca. 60, in Wolfsburg mehrere Hundert Azubis nach vorn, mit Fahnen und der Forderung: „Hände weg von unseren Ausbildungsplätzen.“ Offiziell hat VW 1400 Ausbildungsplätze pro Jahr,  davon wurden in den letzten Jahren bereits 250 „umgewidmet“ in Weiterbildungsplätze und ähnliches. Laut Gerüchten sollen jetzt weitere 400 gestrichen werden.

 

Kollektive Protestaktionen gab es in Wolfsburg auch von den Schwerbehinderten, weil es wegen der zunehmenden Arbeitsverdichtung für sie kaum mehr geeignete Arbeitsplätze gibt. Und erstmals hielt eine größere Gruppe Angestellter Schilder gegen das Outsourcing von Kernkompetenzen hoch, jeweils einen Buchstaben pro Plakat. 

 

Bei beiden Versammlungen gab es mehr Redebeiträge als sonst. Einige prangerten unter Beifall anschaulich Beispiele von Missmanagement, Bürokratie und Verschwendung bei VW an und sahen darin das Hauptproblem. VW muss wieder konkurrenzfähig werden, aber durch bessere Management-Entscheidungen, Prozesse und Produkte. Ein Kollege  sprach dagegen zum Kapitalismus als Ursache aller Krisen. Wenn wir keine Krisen mehr haben wollen, müssen wir ihn abschaffen. Da reicht keine andere Regierung. Sinngemäß: „Ein Karren Mist bleibt ein Karren Mist, auch wenn man den Kutscher auswechselt.“ Auch dafür gab es Beifall. Es wurde aufgefordert, nicht abzuwarten, was im Eckpunktepapier kommt, sondern jetzt die eigenen Forderungen aufzustellen, wie es die Hafenarbeiter gemacht haben. Gesprochen wurde auch zur Solidarität mit Zwickau, für die Übernahme von Befristeten und Leiharbeitern, zur 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und gegen den Krieg in Gaza.