Hamburg
Einstieg der weltgrößten Reederei MSC in Hamburger Hafen: Letztes Wort längst noch nicht gesprochen!
Nahezu jeden Tag verkünden Hamburger Medien den aktuellen Stand des Einstiegs des MSC-Konzerns in den Hamburger Hafen; dass immer noch etliche Prozentpunkte beim Aufkauf von HHLA-Aktien fehlen. So wurde auch die Sitzung des Hamburger Senats, auf der über den Einstieg entschieden werden soll, zunächst einmal auf den Jahresanfang 2024 verschoben.
Hintergrund sind aber weniger fehlende Aktien, als dass der Protest und der Unmut über den Deal in Hamburg anhält. Insbesondere unter den Hafenarbeitern und ganz besonders unter denjenigen, die Anfang November mit vier Schichten selbstständig am Burkhard-Kai gegen die Privatisierungspläne gestreikt hatten. Dem Hamburger Senat aus SPD und Grünen ist es bisher nicht gelungen, die Arbeiter und die Bevölkerung von ihrem »strategischen Geschäft« zu überzeugen. Auch CDU und AfD, die wie die FDP für die Privatisierung sind, wollen diesen Verkauf nur mit einem sogenannten „Bieterwettbewerb“ auch für andere Reedereien öffnen.
MSC – ein zwielichtiger Konzern?
MSC ist nach offiziellen Angaben in Familienbesitz (Familie Aponte) und lässt sich ungern in die Karten schauen. Die Tageszeitung »Il Messagero« hat in diesen Tagen Daten zu MSC veröffentlicht: sie sprechen von einem Gewinn 2022 in Höhe von 36,2 Milliarden Euro, Gesamtumsätzen von 86,4 Milliarden Euro. MSC bezeichnet diese Berichte als »Gerüchte« und verkündet, dass die Bilanz des Unternehmens vertraulich sei.
Die Einschätzung als „zwielichtiger Konzern“ greift zu kurz. MSC ist ein multinationaler Konzern, der in den letzten 50 Jahren einen kometenhaften Aufstieg an die Spitze des weltweiten Containertransports und der Kreuzschifffahrt - auf Kosten seiner derzeit etwa 180.000 Beschäftigten - hingelegt hat. Im härtesten kapitalistischen Konkurrenzkampf! Derzeit verfügt der Konzern über 793 Containerschiffe, 123 sind mal eben neu bestellt. Dazu kommen 22 Kreuzfahrtschiffe. Der Konzern dominiert mehr als 20 Prozent der weltweiten Seefracht. In der Logistik-Branche und insbesondere der Weltschifffahrt hat sich eine mit am weitesten fortgeschrittene Herausbildung international beherrschender Monopole entwickelt. Den Weltmarkt teilen sich eine Handvoll Konzerne wie MSC, Maersk, Cosco Shipping, Hapag Lloyd auf - im Konkurrenzkampf untereinander.
Der MSC-Konzern verfügt über Barreserven von 83 Milliarden Euro und ein Eigenkapital von 91 Milliarden Euro. Es entspricht dem kapitalistischen Gesetz der Kapitalakkumulation, diese Maximalprofite ständig neu anzulegen. So verfügt MSC über den Besitz bzw. Anteile an 70 Hafenanlagen weltweit.
Weltweite Kapitalkonzentration
2022 gab Bolloré SE den Verkauf von 100 Prozent von Bolloré Africa Logistica an MSC bekannt. Dort sind alle Transport- und Logistikaktivitäten der Bolloré-Gruppe in Afrika zusammengefasst. Der Preis: 5,1 Milliarden Euro. Nicht zuletzt hat sich MSC in den südafrikanischen Betreiber von Privatkrankenhäusern "Mediclinic" eingekauft - Preis: 4,5 Milliarden Euro. Der Verdacht liegt nahe, dass der Einstieg bei der HHLA vor allem auf deren Tochter Metrans abzielt. Der Transport auf der Schiene quer durch Europa und bis nach Asien wuchs seit 2013 um 50 Prozent (1,4 Millionen TEU) und Metrans hat ein Potenzial von 2 Millionen TEU. MSC-Tochterfirmen betreiben selbst das höchst profitable „Hinterlandgeschäft“ v.a. in West- und Südeuropa, die Metrans ins Osteuropa.
Miese Arbeitsbedingungen
Die MLGS (Marxistisch-Leninistische Gruppe Schweiz, Mitgliedsorganisationen der ICOR) berichtet über den Konzern, der seinen Sitz in der Schweiz hat. »Erst kürzlich wurden die Firmeninhaber von MSC zu den reichsten Schweizern mit einem Vermögen von 32 Milliarden Dollar gekürt. (…) Die Firma MSC ist berüchtigt in der Schweiz für ihre miesen Arbeitsbedingungen und das Abwracken von Containerschiffen in Indien, Pakistan und Bangladesch, was zu massiven Umweltschäden führt. Die Arbeit ist extrem gefährlich, unter Lebensgefahr werden die Schiffe dort von Hand abgewrackt.« Hafenarbeiter aus Hamburg berichten, dass insbesondere in der Zeit der Corona-Pandemie Schiffe für die Reederei auf den Weltmeeren unterwegs waren, die nur noch »von Lack und Farbe zusammengehalten werden«; aber auch darüber, dass die Seeleute auf den MSC-Containerschiffen zu niedrigsten Löhnen schuften und selbst die einfachsten Arbeitsschutzmaßnahmen fehlen.
„Strategische Partnerschaft“
Noch immer sind die Gesamtheit der Verträge nicht öffentlich. Der Öffentlichkeit werden immer Brosamen angeboten wie ein Zuwachs beim Containerumschlag von netto 400.000 TEU im Jahr 2031. Dem steht aber gegenüber, dass MSC heute im Hamburger Hafen ca. 600.000 TEU bei Eurogate (einem weiteren Hafenkapitalisten) abwickelt. Damit würde dieses zugesicherte Mehr an Containerumschlag von MSC ein Weniger bei Eurogate bedeuten.
Die Zusicherungen »keine betriebsbedingten Kündigung in den kommenden fünf Jahren vorzunehmen«, sind einfach leere Versprechungen. Sie gehören sozusagen zum Betrugsbesteck kapitalistischer Propaganda. Wohl wissend, dass es zig Methoden gibt, offiziell betriebsbedingte Kündigungen zu umgehen.
Der Rückgang im weltweiten Containerumschlag wie auch weitere Automation und Rationalisierungsmaßnahmen im Hafen fordern die Hafenarbeiter heraus, für die Arbeits- und Ausbildungsplätze zu kämpfen, für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und ihre eigene Rechnung aufzumachen. Die Rechnung von HHLA Geschäftsführung und Hamburger Senat folgt der Logik des staatsmonopolistischen Kapitalismus. „Staatsmonopolistischer Kapitalismus bedeutet die vollständige Unterordnung des Staates unter die Herrschaft der Monopole, die Verschmelzung der Organe der Monopole mit denen des Staatsapparates und die Errichtung der wirtschaftlichen und politischen Macht der Monopole über die gesamte Gesellschaft,“ so die MLPD (zitiert nach REVOLUTTIONÄRER WEG Nr. 16, Seite 62)