Regierungskrise

Regierungskrise

Lindner verhängt Haushaltssperre - Ampel vor dem Aus?

Gerade einmal ein Vierteljahr ist es her, dass die Ampel an einer offenen Regierungskrise vorbeischrammte. Auch damals - und bereits im März - ging es um den Haushalt. Die Familienministerin und der Finanzminister blockierten sich gegenseitig in Gesetzesvorhaben. Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), forderte von der Ampel ultimativ ein Ende der "Sandkastenspiele".

Von fu/gis
Lindner verhängt Haushaltssperre - Ampel vor dem Aus?
Keinen einzigen Cent darf die Ampel noch ausgeben, so ihr Finanzminister Lindner (pixabay)

Auch nach einer vorläufigen Einigung ging der Kampf um die einzelnen Haushaltsposten weiter, die latente Regierungskrise hat sich in letzter Zeit wieder verschärft. Auch wenn jetzt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts über den Nachtragshaushalt 2021 akuter Anlass der Haushaltskrise ist, geht es darum, dass die Monopolverbände in Deutschland mit Ausmaß und Tempo der Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten auf die breiten Massen nicht zufrieden sind. Russwurm und Co. verlangen eine "Agenda für mehr Wettbewerbsfähigkeit." Sie wollen noch bessere Bedingungen für die Profitwirtschaft von Monopolen und Konzernen auf Kosten der Arbeiterklasse, der Massen und der Umwelt. Die Arbeiterstreiks der letzten Wochen zeigen, dass diese Monopolpläne nicht so einfach durchzusetzen sind.

 

Gestern abend hat Finanzminister Christian Lindner mit einem Rundschreiben seine Kabinettskollegen darüber informiert, dass er "mit sofortiger Wirkung" eine Ausgabensperre für den Haushalt des laufenden Jahres verfügt habe. Nur in Einzelfällen und nach Freigabe durch das Finanzministerium dürfen jetzt noch Auszahlungen erfolgen. Ausgenommen von dieser Haushaltssperre sind Verfassungsorgane wie der Bundespräsident, der Bundestag, der Bundesrat und das Bundesverfassungsgericht. Ziel der Maßnahme sei es, "weitere Vorbelastungen für künftige Haushaltsjahre zu vermeiden". Es geht um mehr als 200 Milliarden Euro. Eine mögliche Lösung wäre, dass die Bundesregierung nachträglich für das Jahr 2023 eine "außerordentliche Notlage" erklärt. Über einen solchen Plan berichtete heute das Handelsblatt. In diesem Fall ließe die Schuldenbremse eine höhere Verschuldung zu.

 

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert führte im ARD-Morgenmagazin heute aus, dass die SPD dies machen würde, säße sie allein in der Regierung. Die vorgesehenen Ausgaben müssten getätigt werden. "An deren Notwendigkeit hat sich mit dem Urteil des vergangenen Mittwochs gar nichts geändert. Sonst verlieren wir im internationalen Wettbewerb." Damit meint er die Subventionierung der hier ansässigen Übermonopole im internationalen Konkurrenzkampf hauptsächlich mit China und den USA, der sich zur Vernichtungsschlacht steigert.

 

„Es ist zu viel Verteilung, es ist zu viel Sozialpolitik, da müssen wir ran“, sagte Lindner bereits vor drei Wochen. Also will FDP-Fraktionsvorsitzender Christian Dürr "darüber reden, wo der Sozialstaat seinen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten kann". 163 Milliarden hat das Budget des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Viel Geld, aber davon werden alleine 121,28 Milliarden Euro für die Rentenversicherung und die Zuschüsse für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gebraucht. Mehr oder minder der Rest - 40,59 Milliarden Euro – sind Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende, 4,2 Milliarden Euro für Eingliederungsmaßnahmen beinhaltend. Die FDP will lieber bittere Armut, Obdachlosigkeit, Hunger unter den Massen und die Beseitigung jeglicher Umweltstandards in Kauf nehmen, als die Monopolinteressen anzutasten.

 

An dieser Frage werden sich die Widersprüche in der Regierung weiter entwickeln, was zur offenen Regierungskrise und bis zum Regierungswechsel führen kann. Die FAZ schreibt in ihrer heutigen Ausgabe: "Scholz hat zwar eine Mehrheit mit der Union im Bundestag und könnte sich in eine große Koalition retten. Aber das wäre der sprichwörtliche Selbstmord aus Angst vor dem Tod. Denn die Union lässt keinen Zweifel daran, dass sie Scholz nur für eine begrenzte Zeit unterstützen würde. Dann wäre eine vorgezogene Bundestagswahl fällig."