Hamburg
Hamburger Hafen: Erfolgreicher und richtungsweisender Hafenarbeitererfahrungsaustausch
Am 29. Oktober fand in Hamburg der 7. Internationale Hafenarbeitererfahrungsaustausch statt.
"Wir möchten uns dafür entschuldigen, dass wir erst heute darüber berichten, was diesem wichtigen Ereignis nicht gerecht wird. Die Seite www.dockers-international.org war hier schon Ende Oktober schneller. Sie berichtet aktuell breit über den selbständigen Streik im Hamburger Hafen vom 6./7. November und einige seiner Hintergründe!“, so der Korrespondent.
Auf dieser Homepage wird auch die Abschlussresolution dokumentiert:
„Der 7. Internationale Hafenarbeitererfahrungsaustausch hat erfolgreich nach einer fünfjährigen Pause Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter und Freunde aus Griechenland, Italien, den Niederlanden und aus Deutschland zusammengebracht. … .“ (Den kompletten Text gibt es hier)
Der 7. Ratschlag hat also erfolgreich stattgefunden. Ein gelungener Neustart, der diesen wichtigen Aspekt der internationalen Arbeit unterstrich. Es waren gut 40 Kolleginnen und Kollegen anwesend, der größte Teil von verschiedenen Betrieben am Hamburger Hafen aber auch aus der Automobilindustrie von VW, von Airbus, vom Hafen Rotterdam, vom Hafen Piräus, von der Gewerkschaft SI Cobas aus Italien, vom Hafen Duisburg und vom Hafen Lübeck. Wir sind überzeugt davon, dass sich weitere Hafenarbeiter aus den Seehäfen an der norddeutschen Küste wie aus Europa insgesamt anschließen werden.
Ein Schiffsführer aus Hamburg hat die breite Solidarität erfahren. Er ist in Italien angeklagt, weil er, mit 20 weiteren, in der Seenotrettung aktiv war. Ihm drohen 20 Jahre Haft! (Mehr dazu unter: www.iuventa-crew.org)
Mit den Berichten aus den Häfen wurde das bestehende Kampfprogramm sowie dessen Erweiterung wie Aktualisierung diskutiert. Die entsprechende Ausarbeitung wird die neu gewählte, erweiterte Koordinierungsgruppe in Angriff nehmen. So gegen die Tagelöhnerei an den Häfen. Aus Italien, Griechenland und aus Rotterdam wurde berichtet, das die Kollegen von Subunternehmen Tage- oder Stundenweise zu miesen Bedingungen angeheuert werden, dass jüngere mit schlechterem „Jugendlohn“ abgespeist werden. Aus Lübeck wurde berichtet, dass mit „neuen“ Tarifverträgen Spaltung betrieben wird, um die Löhne um bis zu 20 Prozent zu senken. Szenarien, die mit dem Verkauf an MSC auch in Hamburg drohen. Die Rolle der Automatisierung wurde diskutiert, die, wenn es nach den Finanzinvestoren geht, Tausende Arbeitsplätze vernichten soll. Es wurde von Kämpfen anderer Logistiker berichtet (DHL, Amazon …), aber auch davon, dass die Kämpfe oft noch isoliert sind. Die Hamburger berichteten, wie ihr ehemaliger Ver.di-ITF-Vorstand (Internationale Transportarbeiter-Föderation wozu die Vereinigung der Schiffskontrolleure zur Überwachung der Arbeitsbedingungen auf See gehört), die „Seite gewechselt“ hat und jetzt gegen Ver.di verhandelt.
Zu Gast war die Parteivorsitzende der MLPD, Gabi Fechtner. Sie betonte, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter die Grenzen der gewerkschaftlichen Kämpfe erkennen, gegebenenfalls diesen Rahmen durchbrechen und selbständige Kämpfe fördern müssen. Die Gewerkschaften müssen und können von den Arbeitern zur Kampforganisation gemacht werden, haben aber einen Doppelcharakter: Sie werden vom Gewerkschaftsapparat als „Ordnungsfaktor“ eingesetzt. Darüber darf man sich keine Illusionen machen. Sie machte am Beispiel des Opel-Streiks 2004 und des Bergarbeiterstreiks 1997 im Ruhrgebiet deutlich, was alles möglich ist, wenn die Arbeiter mit selbständigen Streiks die Sache in die eigene Hand nehmen. Die Dokumentationen dazu stießen auf Interesse (Hier geht es zum Buch "Was bleibt...10 erkämpfte Jahre Opel Bochum 2004-2014").
Die Kämpfe der Basis müssen international koordiniert werden. Streikbrecherarbeit muss verhindert werden. International koordinierte Streiks in den Häfen sind sehr wirksam. International ist ein Fortschritt gegenüber den in Deutschland noch überwiegend ökonomisch geführten gewerkschaftlichen Streiks, dass politische Streiks geführt wurden, etwa gegen Waffenlieferungen und reaktionäre Regierungen wie in Griechenland und Italien. Sie haben große politische Bedeutung für den Klassenkampf und die Entwicklung der Arbeiteroffensive. Sie trat in Diskussion mit bisherigen Auffassungen und Erfahrungen, dass Kämpfe zunehmend offensiv, statt nur als Verteidigungskämpfe, mit einer gesellschaftlichen Perspektive und fertig werden mit dem Antikommunismus geführt werden müssen.
Der Erfahrungsaustausch war sich einig, der Forderung nach einem richtigen, einem allseitig und vollständigen gesetzlichen Streikrecht größte Bedeutung beizumessen.
Großes Interesse bestand an den Erfahrungen der Hafenarbeiter aus Rotterdam und anwesenden Vertretern von Rode Morgen (Marxistisch-Leninistische Organisation der Niederlande). Sie berichteten zu ihrer über Jahrzehnte entwickelte Arbeit v.a. im Containerhafen Rotterdam. Die Kollegenzeitung „De volle Lading“ ist für viele Hafenarbeiter feste Orientierung im Kampf für Arbeitsplätze, Arbeiterrechte, für die Zukunft der Jugend. Sie treten gegen die allgegenwärtige Zerstörung der Umwelt ein und verbreiten im Hafen die Losung „Arbeiter schießen nicht auf Arbeiter“.
Der Seenotretter Dariush berichtet über die Situation der Seeleute und der Seenotrettung. Dass es ein gemeinsamer Kampf ist, gegen die Rechtsentwicklung der Regierung gegenüber Geflüchteten zu kämpfen und für lebenswerte Arbeitsbedingungen der Hafenarbeiter. Die Grenzen laufen zwischen oben und unten.
Ein Lascher, das sind Kollegen, die die Container verzurren, wertete aus, wie sie durch den letzten Tarifstreik neues Selbstbewusstsein und selbständige Elemente entwickelten.
Den daraus erwachsenden höheren Anspruch des Hafenarbeiterratschlags haben die Docker vom Burchardkai in Hamburg gut eine Woche später im Kampf gegen Arbeitsplatzvernichtung und Privatisierung des Hafenkonzerns HHLA eindrucksvoll bestätigt und in der Praxis bewiesen. Der Kampf und die Auseinandersetzung sind in vollem Gange!