Wann sind taktische Kompromisse angebracht?

Wann sind taktische Kompromisse angebracht?

Die Einheit des palästinensischen Volks muss auf antifaschistischer Grundlage geschmiedet werden

Mit einem Leser des "Rote Fahne Magazins" entwickelte sich ein Briefwechsel zur Position der MLPD zur strikten Ablehnung der Zusammenarbeit mit faschistischen Organisationen wie der Hamas und dem Islamischen Dschihad im palästinensischen Befreiungskampf:

Von Rote Fahne Redaktion

Der Leser schrieb:

„Eine Frage habe ich zur Behandlung des Verhältnisses zwischen palästinensischem Widerstand und dem Iran bzw. Waffen und Unterstützung. Meines Erachtens muss man strikt unterscheiden, zwischen taktischen Absprachen bis hin zu einer gewissen taktischen Zusammenarbeit, wobei größte Wachsamkeit auf die Frage gelegt werden muss, sich abhängig zu machen. Das kann zulässig sein, wenn es nötig und geboten ist. So etwas gab es zum Beispiel in Rojava, wo es Absprachen zwischen dem US-Imperialismus und den Demokratischen Kräften Syriens (SDF) im Kampf gegen DAIS (der faschistische IS, Anm. d. Red.) gab. Etwas ganz anderes ist es wenn man allen Ernstes das faschistische Regime und seine mit ihm verbundenen, von ihm abhängigen Kräfte im Land als wichtigsten Bündnispartner bezeichnet. Damit fällt man ja dem Freiheitskampf im Iran direkt in den Rücken.

 

Aber, es kann sinnvoll sein in Palästina taktische (militärische) Absprachen zwischen den Kräften von PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas, Anm. d. Red.) und denen von Jihad und Hamas zu treffen, ohne sich Illusionen zu machen. Solche Absprachen gab es auch im antijapanischen Befreiungskrieg in China zeitweise zwischen der KP und der Kuomintang. Zeitweise gliederte sich die Rote Armee sogar in deren Armee ein.“

Reinhard Funk vom Zentralkomitee antwortete darauf für die MLPD:

„Es reicht nicht aus, die Wachsamkeit darauf auszurichten, sich nicht abhängig zu machen. Notwendig ist, den faschistischen Charakter des Iran aufzuzeigen und die Massen für einen unabhängigen Weg auf antifaschistischer Grundlage zu gewinnen. Man kann ggf. taktisch zeitweilig zwischenimperialistische Widersprüche ausnutzen, ohne jedoch aufzuhören, über den wahren Charakter aufzuklären, keine Illusionen zu erzeugen oder gar mit faschistischen Kräften zusammen zu kämpfen. So war der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt eine Vereinbarung mit einem faschistischen Regime, um dem Sozialismus eine notwendige Atempause zu sichern. Das kann man aber nicht einfach auf die Innenpolitik übertragen, auch die Sowjetunion hat deshalb nicht mit Faschisten (und Unterstützern Hitler-Deutschlands) im Land zusammengearbeitet.

 

Absprachen zwischen der SDF und dem US-Imperialismus in Rojava bezogen sich auf den Zeitraum des Vormarsches der faschistischen IS-Truppen, die 2014 nach dem Nordirak akut den Aufbau und das Leben in Rojava bedrohten. Es ging damals darum, den Vormarsch des faschistischen IS in der Region zu stoppen und Kobanê zu verteidigen. Doch auch damals waren die taktischen Absprachen mit dem US-Imperialismus nur zeitweilig, bezogen auf das gemeinsame Interesse (gegen die Ausbreitung des faschistischen IS, Rettung Kobanê) und man durfte sich keine Illusionen über den Charakter dieser taktischen Absprachen machen.

 

Was Absprachen zwischen der KP und der Kuomintang im antijapanischen Befreiungskrieg in China betrifft, so waren die Kuomintang damals keine Faschisten und Vertreter imperialistischer Kräfte; es ging um ein zeitweiliges Bündnis unter komplizierten Bedingungen mit den kleinbürgerlichen Kräften und der nationalen Bourgeoisie.

 

Du machst meines Erachtens den Fehler, die taktische Nutzung von zwischenimperialistischen Widersprüchen damit zu verwechseln, die antifaschistische Grundlage für eine Bündnisarbeit aufzulösen bzw. zur Disposition zu stellen. Es gibt natürlich ein Bedauern über die Spaltung im palästinensischen Volk und es gibt einige Kräfte, die fordern, die Palästinenser sollten sich einigen, hätten sonst keine Chance gegen die israelische Besatzung. Aber dabei wird von ihnen doch der Charakter der faschistoiden bzw. faschistischen Kräfte verkannt bzw. diese werden massiv verharmlost. Man muss klar gegen eine faschistische (auch arabische) Querfrontpolitik Position beziehen und dies nicht aufweichen. Die Einheit des palästinensischen Volkes muss auf antifaschistischer Grundlage geschmiedet werden, da kann es m.E. kein Vertun geben und dazu muss man Überzeugungsarbeit leisten.“