Wirtschaft

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Kapitalismus: Von wegen „anstandsloser Wohlstand“

Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Thorsten Frei hat es sich vor einigen Wochen wieder einmal nicht nehmen lassen, die Menschen in seinem Wahlkreis auf seine Sicht der Dinge einzustimmen.

Korrespondenz

Der gute Mann macht sich Sorgen, denn seiner Meinung nach ist Deutschland das einzige Industrieland der Welt, dessen Wirtschaft schrumpft. Und er hat auch gleich die Verantwortlichen im Visier. Wir Arbeiterinnen und Arbeiter, wer denn sonst? Wir wollen immer mehr, ohne entsprechend mehr zu leisten. Denn, so Frei: „Die Idee des anstandslosen Wohlstands funktioniert nicht. Wir können nicht gleich viel Wohlstand mit weniger Arbeit erreichen“. 

 

Deshalb will er steuerfreie Überstundenzuschläge, eine freiwillige Verlängerung der Lebensarbeitszeit, ebenfalls garniert mit Steuererleichterungen. Hier redet Frei der „Aktivrente“ das Wort: Steigerung des Ausbeutungsgrad durch längere Arbeitszeiten verbunden mit einer intensiveren Ausbeutung auf dem heutigen Stand der Technik. Mit der Folge, dass Arbeitsplätze vernichtet werden bzw. nicht neu geschaffen werden müssen. 

 

Das belehrt uns ausgerechnet einer, der noch nie in einer Fabrik gearbeitet hat - von Akkord- und Schichtarbeit ganz zu schweigen. Oder ist er selbst Nutznießer eines „anstandslosen Wohlstands“?


Wie ist das mit dem Wohlstand im Kapitalismus? Marx hat herausgearbeitet, dass das Gesetz der kapitalistischen Akkumulation (also der Anhäufung von Kapital) Wohlstand an einem Pol hervorbringt: bei denen, die über die Produktion herrschen und sich den Profit aneignen. Und wer wollte das leugnen angesichts der horrenden Profite, der wachsenden Zahl von Milliardären, die auf die steigende Produktivität der Arbeiter zurückzuführen ist? Reichtum auf der einen Seite bedeutet Verelendung auf der anderen Seite für einen immer größer werdenden Teil der Arbeiterklasse.

 

Die weltweite Realität mit Hunger, Armut und Flüchtlingsströmen zeigt dies deutlich. Und auch hier, in den alten imperialistischen Ländern, wird der bisher zeitweilig erkämpfte Wohlstand für große Teile der Gesellschaft systematisch abgebaut.


Das Gesetz der Anhäufung von Reichtum auf der einen Seite und der gleichzeitigen Verschlechterung der Lage der arbeitenden Massen ist im Kapitalismus nicht aufzuheben. Marx hat darauf hingewiesen, dass dieses Gesetz durch vielfältige Umstände ständig modifiziert wird. Und diese Umstände bestehen in der Art und Weise, wie wir uns organisieren, wie wir den Kampf um unsere Rechte führen und damit die Kapitalisten zu zeitweiligen Zugeständnissen an uns zwingen. Das hat nicht zuletzt die Tarifrunde gezeigt. Im Kapitalismus kann es keinen Wohlstand für alle geben, genauso wenig wie es allen gleich schlecht geht. Jeder Wohlstand, jedes Recht ist erkämpft und wird von den Kapitalisten ständig in Frage gestellt. Wohlstand für alle setzt voraus, dass es keinen Kapitalismus gibt. Die Lösung heißt echter Sozialismus.