Zum Vorwurf von Robert Habeck und anderen über „linken Antisemitismus“

Zum Vorwurf von Robert Habeck und anderen über „linken Antisemitismus“

Sozialisten: Seit 130 Jahren gegen Antisemitismus

Robert Habeck ruft angesichts der breiten Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf die bürgerliche Politik und Justiz auf, unter anderem gegen den „linken Antisemitismus“ vorzugehen.

Von wm
Sozialisten: Seit 130 Jahren gegen Antisemitismus
Karl Marx (links) und Friedrich Engels (rechts)

Herr Haebck, es gibt keinen „linken“ Antisemitismus. Ich kenne keine revolutionäre Bewegung und Partei, die den Antisemitismus so grundsätzlich ablehnt und kritisiert wie die kommunistische Bewegung in Deutschland. Entweder behaupten Sie das aus Unwissenheit oder, was wahrscheinlich ist, bewusst als Vorwand, um gegen revolutionäre Kräfte vorzugehen.

Ich verweise hier auf die Schrift von Friedrich Engels „Über den Antisemitismus“ von 1890:

„Der Antisemitismus ist das Merkzeichen einer zurückgebliebenen Kultur. …

 

Es ist in Preußen der Kleinadel, das Junkertum, das 10.000 Mark einnimmt und 20.000 Mark ausgibt und daher den Wucherern verfällt, das in Antisemitismus macht, und in Preußen und Österreich ist es der dem Untergang durch die großkapitalistische Konkurrenz verfallene Kleinbürger, Zunfthandwerker und Kleinkrämer, der den Chor dabei bildet und mitschreit. …

 

In ganz Nordamerika, wo es Millionäre gibt, deren Reichtum sich in unseren lumpigen Mark, Gulden oder Franken kaum ausdrücken läßt, ist unter diesen Millionären nicht ein einziger Jude, und die Rothschilds sind wahre Bettler gegen diese Amerikaner. Und selbst hier in England ist Rothschild ein Mann von bescheidenen Mitteln z. B. gegenüber dem Herzog von Westminster. Selbst bei uns am Rhein, die wir mit Hilfe der Franzosen den Adel vor 95 Jahren zum Land hinausgejagt und uns eine moderne Industrie geschaffen haben, wo sind da die Juden?

 

Der Antisemitismus ist also nichts anderes als eine Reaktion mittelalterlicher, untergehender Gesellschaftsschichten gegen die moderne Gesellschaft, die wesentlich aus Kapitalisten und Lohnarbeitern besteht, und dient daher nur reaktionären Zwecken unter scheinbar sozialistischem Deckmantel; er ist eine Abart des feudalen Sozialismus, und damit können wir nichts zu schaffen haben. …

 

Dazu kommt, daß der Antisemitismus die ganze Sachlage verfälscht. Er kennt nicht einmal die Juden, die er niederschreit. Sonst würde er wissen, daß hier in England und in Amerika, dank den osteuropäischen Antisemiten, und in der Türkei, dank der spanischen Inquisition, es Tausende und aber Tausende jüdischer Proletarier gibt; und zwar sind diese jüdischen Arbeiter die am schlimmsten ausgebeuteten und die allerelendesten. Wir haben hier in England in den letzten zwölf Monaten drei Streiks jüdischer Arbeiter gehabt, und da sollen wir Antisemitismus treiben als Kampf gegen das Kapital?

 

Außerdem verdanken wir den Juden viel zuviel. Von Heine und Börne zu schweigen, war Marx von stockjüdischem Blut; Lassalle war Jude. Viele unserer besten Leute sind Juden. Mein Freund Victor Adler, der jetzt seine Hingebung für die Sache des Proletariats im Gefängnis in Wien abbüßt, Eduard Bernstein, der Redakteur des Londoner "Sozialdemokrat", |51| Paul Singer, einer unserer besten Reichstagsmänner - Leute, auf deren Freundschaft ich stolz bin, und alles Juden! Bin ich doch selbst von der "Gartenlaube" zum Juden gemacht worden, und allerdings, wenn ich wählen müßte, dann lieber Jude als ‚Herr von‘!“

Friedrich Engels, London, 19. April 1890. (Aus: „Friedrich Engels, Über den Antisemitismus“)


Die MLPD ist stolz auf solche Freunde!