Hamburg, Weimar, Stuttgart

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Hamburger Aufstand lehrt: Die revolutionäre Partei muss stärker werden

Mit drei Veranstaltungen in Hamburg, Weimar und Stuttgart beging die MLPD am Samstag, 28. Oktober, den 100. Jahrestag des Hamburger Aufstands. Insgesamt rund 800 Besucherinnen und Besucher verfolgten begeistert die Rede und eine tolle musikalische Revue, etwa 500 in Hamburg, 100 in Weimar und 200 in Stuttgart. Die Veranstaltungssäle platzten aus allen Nähten. In Hamburg kamen cliquenweise junge Leute und viele neue Gesichter.

Hamburger Aufstand lehrt: Die revolutionäre Partei muss stärker werden
Gabi Fechtner bei ihrer Rede in Hamburg (Foto: RF)

Viele Besucher hatten zuvor an den regionalen Herbstdemonstrationen von Montagsdemo-Bewegung und Internationalistischem Bündnis teilgenommen (siehe Bericht dazu).

Aufstand entwickelte sich zum gewaltigen Massenkampf

Im Mittelpunkt der Veranstaltungen standen die Lehren des mutigen, von der Kommunistischen Partei organisierten Aufstands in Hamburg für heute. In einer Situation, die von Hyperinflation, Ruhrbesetzung durch die französische Armee sowie einer extrem arbeiterfeindlichen Politik der damaligen Cuno-Regierung gekennzeichnet war, hatte sich die KPD in Massenstreiks und -kämpfen der Arbeiter an immer mehr Fragen die Meinungsführerschaft erkämpft. Insbesondere dass ein bewaffneter Aufstand richtig und notwendig ist, dass der Kapitalismus gestürzt werden muss und nicht reformiert werden kann. Tausende Arbeiter wurden Mitglied der KPD, wechselten zum Teil von der USPD.

 

Willi Dickhut, der spätere Vordenker und Mitbegründer der MLPD, wertete in seiner Schrift „Proletarischer Widerstand gegen Faschismus und Krieg“ aus: "Die revolutionäre Gärung der Massen wurde immer stärker, sie forderten loszuschlagen und warteten auf einen Aufruf der Partei. Die revolutionäre Stimmung der proletarischen Massen in Hamburg war stärker als im übrigen Deutschland, darum sollte der Hamburger Aufstand das Signal für den Generalaufstand werden."

 

Am 23. Oktober 1923 um 5 Uhr morgens drangen Arbeiter in 17 Polizeiwachen ein. Es gelang ihnen, die völlig unvorbereitete Polizei zu überwältigen und zu entwaffnen. Gleichzeitig mit dem Losschlagen wurde der Generalstreik proklamiert und die Masse der Arbeiterinnen und Arbeiter zum aktiven Kampf aufgefordert. Der Hamburger Aufstand entwickelte sich zu einem gewaltigen Massenkampf.

Damalige KPD-Leitung versagte

Doch die Parteileitung der KPD versagte, ließ die Arbeiter im Stich, enttäuschte sie in ihrem Vertrauen auf die KPD. Als die reichsweite Betriebsrätekonferenz am 21. Oktober 1923 den Aufruf zum Generalstreik ablehnte, ordneten sich opportunistische KPD-Führer unter Heinrich Brandler dem unter und bliesen den bereits begonnenen Aufstand ab. Der Vorsitzende der Hamburger KPD, Ernst Thälmann, gab notgedrungen den Befehl zum geordneten Rückzug. Er wertete in der KPD-Zeitung "Rote Fahne" aus: "Alle Bedingungen für den Sieg der Arbeiterklasse waren da, außer einer einzigen: dem Bestehen einer klaren, eisern zusammengeschlossenen unauflöslich mit den breitesten Massen verbundenen kommunistischen Partei, die entschlossen und fähig war, den spontanen Kampf der Arbeitermassen zusammenzufassen, ihn zu organisieren, ihn zu leiten."

 

Diese Schlussfolgerung war der wichtigste rote Faden in der Rede, die in Hamburg die Parteivorsitzende der MLPD, Gabi Fechtner, hielt - in Stuttgart die Internationalismusverantwortliche der MLPD, Monika Gärtner-Engel und in Weimar Tassilo Timm, Vorsitzender der MLPD in Thüringen.

Auch heute wächst die Kapitalismuskritik

Gabi Fechtner führte aus: "Das imperialistische Weltsystem hat die Menschheit sehenden Auges in eine latente Existenzkrise gestürzt. ... In dieser Situation wächst die Kapitalismuskritik und die Suche nach einer gesellschaftlichen Perspektive. Gerade deshalb veranstalten die Imperialisten mit ihren Verbündeten auf der ganzen Welt ein beispielloses Verwirrmanöver. ... An das Klassenbewusstsein der Arbeiterklasse sind heute unvergleichlich höhere Anforderungen als damals gestellt. ... Vor allem muss sie mit dem modernen Antikommunismus fertig werden, der der Arbeiterbewegung jede Perspektive jenseits der kapitalistischen Ausbeutergesellschaft raubt, der ihre Entwicklung und Entfaltung hemmt und sie zu unterdrücken sucht."

MLPD als Partei neuen Typs aufgebaut

Gabi Fechtner ließ nicht offen, was die entscheidende Antwort darauf ist: "Die Partei damals war in 1000 Strömungen zersplittert, hatte keine klare Linie, auf die sie auch vereinheitlicht war und auf deren Grundlage sie eine wirklich einheitliche Führung ausüben konnte. Die von Lenin ausgerichtete Bolschewisierung der kommunistischen Parteien erfolgte erst später. Willi Dickhut zog als Fazit: 'Ohne zielklare Führung und gründliche Organisierung kann der bewaffnete Aufstand nicht siegreich sein, das ist die wichtigste Lehre des Hamburger Aufstands im Herbst 1923.' Daraus zog er Lehren, wie die MLPD als Partei neuen Typs nach 'fünf grundsätzlichen Seiten des Parteiaufbaus' aufgebaut werden muss:

'1. Der Marxismus-Leninismus, die ideologische Grundlage der Partei.
2. Das Programm, die politische Linie der Partei.
3. Die Organisation, das Instrument der praktischen Tätigkeit der Partei.
4. Der demokratische Zentralismus, das Organisationsprinzip der Partei.
5. Kritik und Selbstkritik, das Entwicklungsgesetz der Partei.'

 

Von Beginn ihres Aufbaus an legte sie größten Wert auf eine einheitliche, in sich geschlossene ideologisch-politische Grundlage. Das bedeutet übrigens nicht abgeschlossen, sondern ermöglicht gerade erst, schöpferisch neue Erscheinungen und wesentliche Veränderungen mit klarer Orientierung zu analysieren und zu qualifizieren. Diese ideologisch-politische Linie ist heute in inzwischen 38 Nummern der Reihe REVOLUTIONÄRER WEG, dem theoretischen Organ der MLPD, und zwei Ergänzungsbänden dazu festgeschrieben. Sie kennzeichnet die dialektische Auswertung der internationalen und geschichtlichen Erfahrungen der revolutionären marxistisch-leninistischen und Arbeiterbewegung und verarbeitet diese theoretisch - immer als Anleitung zum Handeln für den Kampf um den echten Sozialismus auf dem Weg zum Kommunismus.

 

Auch heute befinden wir uns wieder in einer weltpolitischen Situation mit gesamtgesellschaftlichen Krisen. Wir können keine exakten Prognosen stellen, wann es auch in Deutschland wieder zu revolutionären Erhebungen kommt. Heute ist es vor allem der moderne Antikommunismus, der die Massen vom Kampf um den echten Sozialismus abhält und Vorbehalte, Verunsicherung und kleinbürgerliche Gefühle schürt. So verbreitet nicht umsonst gerade der moderne Antikommunismus Vorbehalte gegen eine solche gut organisierte, in sich geschlossene Partei, die sicher auch noch den ein oder anderen von einer Organisierung abhalten.

 

Das Vorstandsmitglied Benjamin Gruschka der IG Metall regte sich in seiner Verteidigung der Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegen die MLPD vor wenigen Tagen auf dem Gewerkschaftstag ganz besonders über den demokratischen Zentralismus auf. Benjamin Gruschka hätte wahrscheinlich lieber, dass die MLPD vor einem Scherbenhaufen wie die Linkspartei steht. Diesen verursachte die 'Linke' wesentlich durch ihren Pluralismus statt demokratischem Zentralismus - nach dem Motto: vier Leute, fünf Meinungen und drei Spaltungen. Wahrscheinlich gerade deshalb, weil der demokratische Zentralismus eben Garant für die Stabilität und Schlagkraft der MLPD ist. Da wird intensiv demokratisch diskutiert, Meinungsfindung organisiert, werden falsche Ansichten im Kampf um die Denkweise überwunden, die Erfahrungen und Kenntnisse der Mitgliedschaft zum Tragen gebracht und theoretisch verarbeitet – und dann wird schlagkräftig und gemeinsam gehandelt.

 

Die MLPD ist für viele Stein des Anstoßes, und dennoch ist bei Feind und Freund anerkannt, dass sie eine der schlagkräftigsten Parteien Deutschlands ist. An der revolutionären Kraft der Hamburger Arbeiter wird ja sehr deutlich, warum den Herrschenden vor einer solchen Partei graut, die sie nicht zu ihrem Spielball machen können, wie es bei Grünen und Linkspartei so gut gelungen ist. Um diese Frage geht es auch, wenn wir heute sagen, dass die Frage der Denkweise zur entscheidenden Frage im Klassenkampf geworden ist. Nur auf Grundlage der proletarischen Denkweise kann heute die internationale sozialistische Revolution vorbereitet und durchgeführt sowie der Sozialismus aufgebaut werden, nur auf Grundlage der proletarischen Denkweise kann heute eine revolutionäre Partei aufgebaut werden!

 

Wir haben mit der MLPD eine ideologisch-politisch gefestigte, schlagkräftige, unter den Arbeitern verankerte Partei in Deutschland, die auch gesamtgesellschaftlichen Einfluss gewonnen hat. Aber natürlich muss die MLPD noch deutlich stärker werden. Ich lade Euch und Sie herzlich ein, uns auf Herz und Nieren zu prüfen, am besten als Kandidat in der Partei, und die MLPD dann als Mitglied zu stärken. Organisiert zu lernen und zu kämpfen für den echten Sozialismus auf der Grundlage der proletarischen Denkweise - das ist der Weg, um den Hamburger Aufstand nicht zu vergessen und seine Lehren zu verarbeiten."

Revue machte den Tag komplett

Eine Korrespondentin aus Stralsund zog eine faszinierte Bilanz der Veranstaltung in Hamburg: "In der langen Rede von Gabi Fechtner war kein Wort zu viel. Spontaner Zwischenbeifall, zustimmende Zwischenrufe zeigten mir, hier wissen die Menschen, wovon sie spricht. Den Tag komplett machte die nachfolgende Revue zu '100 Jahre Hamburger Aufstand'. Engagiert, witzig, lebens- und zeitnah wurde brutale Zeitgeschichte dargestellt, der Mut der Unterdrückten und Ausgebeuteten zur Befreiung, den Tod verachtend. Der Verrat aus den Reihen derer, die vertrauensvoll von den Massen als 'Führung' gewählt, und die Größe derer, die im Kampf vorangegangen waren. ... Solidarität, Organisation, eine Führung, die aus den Massen kommt und in ihr verwurzelt ist und bleibt. Meinen Dank an alle Beteiligten!"

 

Im kurzen Bericht aus Weimar wird zusammengefasst: "Tassilo Timm, Landesvorsitzender der MLPD Thüringen, zog in seiner Rede die Lehren aus dem Hamburger Aufstand für heute. Danach wurde die von REBELL und MLPD einstudierte Revue gezeigt, die mit der 'Internationale' abschloss. Ein chinesischer Teilnehmer sprach auf der Rückfahrt darüber, dass der Film 'Thälmann – Sohn seiner Klasse' auf Chinesisch übersetzt wurde und so der Hamburger Aufstand in China einige Bekanntheit hat." In Weimar wurden 257,72 Euro an Spenden gesammelt.

Ernst Thälmann in Stuttgart "zu Besuch"

Aus Stuttgart wird berichtet: "Die Revue, die der REBELL zusammen mit dem Chor 'Avanti Comuna Kanti' aufführte, sorgte für eine begeisternde Stimmung, die vorhergehende Rede wurde nochmals lebendig. Erfrischend war die Idee, dass ein Kämpfer von 1923 und eine Kämpferin von 2023 'gemeinsam' auftraten. Das Brecht-Lied von der Ware 'Was ist ein Mensch, ich kenne nur den Preis' - sehr engagiert von einer Solistin vorgetragen - ging besonders unter die Haut. Außerdem kam Ernst Thälmann auf Besuch. Er hielt eine polemische und witzige Büttenrede. Am Schluss rief er nochmals dazu auf: 'Ich bleibe gern in eurer Mitte, und habe an euch nur eine Bitte: Den Kampf, den wir in Hamburg begonnen, führt ihn weiter, bis er gewonnen.' Das Publikum nahm diese Aufforderung gerne an, es kamen bei der Spendensammlung 1034,35 Euro zusammen."