Wuppertal

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Den Friedenswunsch der Massen genau registrieren und nutzen

Man muss kein Fan des Schlagerbarden Howard Carpendale sein. Aber sein Konzert „Die Show meines Lebens“ in der Hamburger Barclay-Arena hatte es in sich. Nicht nur die sehr gute zwanzigköpfige Band, die Backgroundsängerinnen und -sänger und die stimmungsvollen Lieder begeisterten die wohl überwiegend über vierzigjährigen Zuschauerinnen und Zuschauer in der mit 15.000 Menschen ausverkauften Halle.

Korrespondenz
Den Friedenswunsch der Massen genau registrieren und nutzen

In einer Überleitung bezog der Sänger überraschend Position:

„Und nun, für den Fall, dass jemand mich hören kann oder hören möchte und vielleicht - wenn derjenige ein ganz mächtiges Netzwerk hat, viele wichtige Menschen kennt, vielleicht Politiker, ganz wichtige Politiker, vielleicht Chefs von Tech-Firmen, die viel zu wenig Steuern bezahlen. Es gibt so viele wichtige Menschen – weil, so viele sind es nicht - aber denen möchte ich nur eines sagen: Auf dieser Erde leben 8 Mrd. Menschen und ich sage euch, 99,9 Prozent von ihnen möchten mit ihren beschissenen Kriegen überhaupt nichts zu tun haben“. Hier springt das ganze Publikum auf und klatscht frenetisch stehend Beifall. Und Howard Carpendale fährt fort: „Es geht allerdings nicht um einen Krieg. Es gibt im Moment auf der Welt, da habe ich ganz genau nachgeschaut, 23 größere Kriege. Und das komische ist: Es sind nicht so viele Menschen, die dafür zuständig sind, die die Kriege wollen. Es sind höchstens ein paar Hundert oder ein paar Tausend Menschen. Und eigentlich - behaupte ich zumindest: Jeder Krieg, wenn man früh genug drüber nachdenkt und eine Vision hat, da ist jeder Krieg mit ein bisschen diskutieren, Diplomatie und vor allem ein bisschen Verzicht, zu vermeiden. Und ich möchte nur eins sagen: Wir Menschen, die auf dieser Erde leben, wir wollen keinen Krieg, wir wollen, dass unsere Kinder groß werden in einer schönen grünen Welt. Und wir dürfen bitte nie vergessen - verdammt noch mal, wir leben alle hier unter einem Himmel“. Und wieder gibt es lang anhaltenden Applaus.

 

Noch mit den verschiedensten Varianten pazifistischer Illusionen behaftet, drückt sich hier die aufkeimende tiefe Friedenssehnsucht der Massen aus, die heute von den bürgerlichen Meinungsmachern nur allzu gern unter den Teppich gekehrt wird.
Mitten im Ersten Weltkrieg - 1915 - gab Lenin dazu einen sehr wichtigen Hinweis: „Die Losungen der klassenbewussten Avantgarde der Arbeiterschaft und die spontanen Forderungen der Massen sind zweierlei Dinge. Die Friedenssehnsucht ist eines der wichtigsten Symptome für die beginnende Enttäuschung über die bürgerliche Lüge von den 'Befreiungszielen', von der 'Vaterlandsverteidigung' und über den sonstigen Betrug, den die Kapitalistenklasse am gemeinen Volk verübt. Diesem Symptom müssen die Sozialisten größte Aufmerksamkeit schenken. Es müssen alle Anstrengungen darauf gerichtet werden, die Friedensstimmung der Massen auszunutzen. Aber wie soll das geschehen?(…) Wir müssen die Friedensstimmung ausnutzen, um die Massen darüber aufzuklären, dass die guten Dinge, die sie vom Frieden erwarten, ohne eine Reihe von Revolutionen unmöglich sind“ (Lenin Werke, Bd. 21, S. 291/292).

 

Das heißt nichts anderes, als das Ohr an der Schiene zu haben. Und, um mit überzeugenden Argumenten aufzuklären und zu sensibilisieren, heißt es vor allem, noch mehr zu lernen, genau zuzuhören, immer besser zu argumentieren und praktische Konsequenzen zu ziehen.