Klartext
Hurra: Die Kerninflation sinkt!
Gegen Monatsende ist das Rechnen in den Arbeiterfamilien groß: „Reicht das Geld auf dem Konto noch bis zum Monatsende? Die Kinder bräuchten Schulmaterial. Eigentlich müssten wir für die Versicherung und die Strom- und Heizungsnachzahlung Geld zurücklegen. Im Urlaub waren wir doch schon auf Balkonien!“ Jeder Einkauf und jede Tankfüllung schlägt neue Löcher in die Haushaltskasse. Viele ergreift die Sorge, andere auch die Wut. Auch in den Betrieben und Gewerkschaften ist das weiter ein brennendes Thema.
2021 und 2022 machten sich bürgerliche Politiker und Ökonomen über die „gefühlte“ Inflation lustig, die nur in der Einbildung der Masse der Bevölkerung existiere. Real seien dagegen die statistischen Durchschnittswerte. Es ist genau umgekehrt! Die Inflation für diejenigen Ausgaben, die den Geldbeutel von Arbeiterfamilien am meisten belasten, lag 2022 weit über der offiziellen von 7,9 Prozent. Für Heizöl bei 87 Prozent, für Erdgas bei 64,8 Prozent, für Strom bei 20,1 Prozent, für Kraftstoffe bei 26,8 Prozent und für Lebensmittel bei 13,4 Prozent.1 Mit der Umstellung des „Warenkorbs“ wurde die offizielle Inflationsrate nochmal von 7,9 auf 6,9 Prozent heruntergerechnet.
Aber jetzt die frohe Botschaft des Statistischen Bundesamts im Oktober 2023: Die Kerninflation sinkt.2 Von 5,8 Prozent im Juni auf 4,5 Prozent im September. Kerninflation ist nach Lesart der Statistiker die Preissteigerung ohne Lebensmittelpreise, Energie, Alkohol und Tabak. Ganz davon abgesehen, dass die aktuell im Verhältnis zu 2022 leicht gesunkene Inflation nicht bedeutet, dass die Preise wirklich gesunken sind. Das bedeutet nur, dass auf die exorbitanten Preissteigerungen von 2022 im August zusätzlich 9 Prozent zum Beispiel bei Lebensmitteln oben draufkommen.
Wahrscheinlich kommen ab November die Empfehlungen des Statistischen Bundesamts, das Heizen der Wohnungen, das Tanken der Autos und das Einkaufen von Lebensmitteln einzustellen – und schon ist das Problem der Inflation ganz beseitigt Peter Römmele, Landesvorsitzender der MLPD Nordrhein-Westfalen
Die Inflationsrate wird also je nach Wunsch so bezeichnet und berechnet, dass sie den regierungsamtlichen Wunschvorstellungen entspricht. Energie und Lebensmittelpreise steigen zu stark? Also raus damit aus der Inflationsrate, lasst uns über die „Kerninflation“ sprechen. Das ist gerade so, als ob ich nach einer Strafe wegen Falschparkens protestiere, dass ich schließlich an drei anderen Tagen nicht falsch geparkt hätte, mir „im Kern“ also kein Strafzettel zusteht.
So weit ist es gekommen mit dem Elend der bürgerlichen Ökonomie! Wahrscheinlich kommen ab November die Empfehlungen des Statistischen Bundesamts, das Heizen der Wohnungen, das Tanken der Autos und das Einkaufen von Lebensmitteln einzustellen – und schon ist das Problem der Inflation ganz beseitigt. „Kerninflation“ sei Dank!
Statt der Taschenspielertricks der bürgerlichen Statistiker ist Klarheit und Durchblick angesagt. Im Wesentlichen treibt heute die Kapitalspekulation die Inflation an. Deshalb braucht es in Einheit mit dem Kampf für sozialpolitische Sofortmaßnahmen eine starke Bewegung für ein neues Ansehen des echten Sozialismus. Das ist ein Gesellschaftssystem, das keine Inflation mehr kennt.
Glück AUF!
Peter Römmele, Landesvorsitzender der MLPD Nordrhein-Westfalen