IG-Metall-Gewerkschaftstag
Brief von Reinhard Funk vom Zentralkomitee der MLPD an den Vorstand der IG Metall
In Kürze beginnt der 25. IG-Metall-Gewerkschaftstag. Reinhard Funk vom Zentralkomitee der MLPD hat bereits im Sommer, also weit im Vorfeld des Gewerkschaftstags, einen Brief an den IG-Metall-Vorstand geschickt. Bisher gibt es keine Antwort darauf. "Rote Fahne News" dokumentiert nun den Brief.
Liebe Christiane Benner,
lieber Jörg Hofmann
im Vorfeld des 26. Gewerkschaftstags der IG Metall wende ich mich heute aus aktuellem Anlass an Euch. Zunächst meine Gratulation an Christiane zur Nominierung als künftige Vorsitzende der IG Metall.
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Darüber, welche grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen erforderlich sind, gehen die Meinungen freilich auseinander, auch in der IG Metall. Sicher ist, dass der wissenschaftliche Sozialismus zu den Wurzeln unserer Gewerkschaften gehört: Karl Marx und Friedrich Engels förderten Zeit ihres Lebens den Aufbau kämpferischer Gewerkschaften und revolutionärer Parteien, damit die Arbeiterbewegung ihre Ziele erreicht. Sie entwickelten den Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft und prägten unter anderem den wissenschaftlichen Begriff der Diktatur des Proletariats, als das Ende von Ausbeutung und Unterdrückung durch die Herrschaft der Arbeiterklasse (Mehrheit) über die Ausbeuter und Kapitalisten (Minderheit).
Ist es da nicht absurd, dass unter anderem die Verwendung genau dieses Begriffs heute dafür herhalten soll, in der IG Metall Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegen die Marxistisch Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) zu begründen?
Wie uns inzwischen bekannt ist, wurde 2009 während des Vorsitzes von Berthold Huber ausgehend von der IG-Metall-Vorstandsabteilung 'Grundsatzfragen' eine nichtöffentliche Präsentation erstellt, um Gründe für diesen Unvereinbarkeitsbeschluss zurechtzulegen. Die Methode des Papiers ähnelt, ob gewollt oder nicht, in Machart und Argumentation leider den Pamphleten des deutschen Geheimdiensts, dem sogenannten Verfassungsschutz: So dienen als „Kronzeugen“ nicht nur zweifelhafte Geheimdienstler wie Rudolf Hüllen oder der Erfinder der inzwischen breit kritisierten reaktionären „Hufeisentheorie“ Eck-hard Jesse. Es werden dann auch Zitate aus dem Zusammenhang gerissen, willkürlich und manipulativ interpretiert, um dann die MLPD mit Begriffen wie „Sekte“, „Säuberung“, „Verherrlichung von Mao und Stalin“, sogar zeitlos mit „Aufruf zum bewaffneten Kampf“ in Verbindung zu bringen.
So wird beispielsweise aus der völlig richtigen Feststellung, dass die MLPD der Arbeit in Großbetrieben und Gewerkschaften größte Bedeutung beimisst, eine „ ...Instrumentalisierung“ abgeleitet. Jegliche Beweise für gewerkschaftsschädigendes Verhalten bleiben die Autoren als auch die Verfechter der antikommunistischen Beschlüsse bis heute schuldig! Kritik an Klassenzusammenarbeits- und Stellvertreterpolitik zugunsten von Gewerkschaften als Kampforganisationen ist laut diesem Schubladen-Papier „Teufelswerk“. Dabei gibt es daran in Teilen der Gewerkschaften die Kritik und gibt es mehr und mehr Stimmen, die sich darauf besinnen und bekräftigen, dass die Gewerkschaften von jeher Kampforganisationen für Arbeiterrechte sind. Antikommunistisch herabgewürdigt wird auch, dass in der MLPD kritisch-selbstkritisch gearbeitet und darum gerungen wird, mit typischen kapitalistischen Einflüssen auf die Denk- und Lebensweise wie Egoismus, Karrierismus, Bevormundung usw. fertig zu werden.
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Ihr kennt sicher selbst der MLPD zugerechnete Leute, die eine gute Gewerkschaftsarbeit machen – trotz oder eben, weil sie Marxisten-Leninisten sind. Die Unvereinbarkeitsbeschlüsse sind ein undemokratisches Instrument und trauriges Relikt aus der antikommunistischen Mottenkiste. Sie verstoßen eklatant gegen den in der IG-Metall-Satzung festgeschriebenen Grundsatz der Einheitsgewerkschaft auf antifaschistischer Grundlage. Inzwischen nehmen Kritik und Unverständnis darüber unter IG-Metall-Mitgliedern bis in die Reihen hauptamtlicher Kolleginnen und Kollegen zu. Das zeigen zahlreiche Diskussionen in Betrieben und nicht zuletzt die uns bekannt gewordenen Anträge zur Abschaffung der Unvereinbarkeitsbeschlüsse, die im Vorfeld des 26. Gewerkschaftstags an Delegiertenversammlungen in zahlreichen Geschäftsstellen in Ost und West gestellt wurden! Als letzte und einzige DGB-Gewerkschaft hält nur die IG Metall bis heute daran fest, Marxisten-Leninisten und Revolutionäre mit Unvereinbarkeitsbeschlüssen zu bedrohen und teilweise auszuschließen. Das ist weder mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vereinbar, das Diskriminierung auch aufgrund der Weltanschauung ahndet, noch passt es zu IG Metall-eigenen Slogans von „Respekt!“ und „Ungebrochen solidarisch!“
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In diesem Sinne fordere ich Euch auf, meinen Brief ernsthaft und vorurteilsfrei zu überdenken und möchte Euch auch um eine Antwort bitten.
Liebe Christiane, lieber Jörg! Macht Euren Einfluss (nicht nur) auf dem kommenden Gewerkschaftstag geltend und setzt Euch ein für eine starke, fortschrittliche und überparteiliche IG Metall, für eine echte Einheitsgewerkschaft auf antifaschistischer Grundlage und dafür, dass der Antikommunismus keine Chance hat!
Lasst uns gemeinsam für eine starke IGM als Einheitsgewerk-schaft auf antifaschistischer Grundlage eintreten. Sie ist in diesen Zeiten gefragt.
Mit freundlichen und solidarischen Grüßen
Reinhard Funk
Hier steht der Brief von Reinhard Funk ungekürzt zur Verfügung