Rundbrief der Initiative „Medizin für Rojava“

Rundbrief der Initiative „Medizin für Rojava“

Wir stehen ganz bewusst für die Solidarität mit Rojava

„Medizin für Rojava“ teilt mit:

Zunächst ein herzliches Dankeschön an alle, die für die Opfer des furchtbaren Erdbebens im türkisch-syrischen Grenzgebiet gespendet haben. „Medizin für Rojava“ hatte dafür kurzfristig 10.000 Euro überwiesen. Insgesamt konnten von Solidarität International e. V. 108.000 Euro an Spendengeldern weitergeleitet werden. Diese gingen an Heyva sor a Kurd (Kurdischer Roter Halbmond, Anm. d. RF-Red.) – die Partnerorganisation, mit der wir bereits in der Vergangenheit verlässlich zusammengearbeitet haben. Die Erdbebenhilfe ist besonders wichtig in den Gebieten Nordsyriens, die von staatlichen Hilfstransporten abgeriegelt sind.

 

Was uns sehr betroffen macht: Seit dem 3. Oktober bombardiert die Türkei nahezu ununterbrochen zivile Ziele in Rojava. Der türkische Außenminister und ehemalige Geheimdienstchef Hakan Fidan hatte Tags zuvor angekündigt, dass alle Einrichtungen dort legitime Ziele seien. Die Angriffe richten sich vor allem gegen die Infrastruktur, auch Krankenhäuser und zivile Lebensräume.

 

Bereits vorher hat der türkische Staat den Städten in Rojava immer wieder das Wasser abgesperrt, um seine politischen Ziele zu erreichen. In der Stadt Hasaka hat das bereits zu Cholera-Ausbrüchen geführt, weil Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser mehr haben. Wie kann man das anders bezeichnen als Staatsterror?

 

Auch die Politik der NATO-Staaten hat den Nahen Osten zu einem Pulverfass gemacht, dass jederzeit in einen Dritten Weltkrieg münden kann. Neben den russischen Militärs mit ihrer Unterstützung für das Assad-Regime sind US-Militärs stationiert, die ihren Zugang zur Erdölquellen in Nordsyrien absichern. Weiterhin sind terroristische Gruppen im Auftrag der Türkei und des Iran aktiv – während die Türkei ihren Bombenkrieg gegen Kurdengebiete im Norden des Irak und jetzt auch in Rojava intensiviert.

 

Deshalb breitet sich in Rojava – trotz der guten Arbeit der Selbstverwaltung – unter einem Teil der jüngeren Perspektivlosigkeit aus. „Sie versuchen zu flüchten, obwohl sie wissen, dass eine Flucht so viele das Leben kostet“, sagt Basrawi Ali, ein befreundeter Arzt aus der Region. Während der Staatsterror gegen Rojava und die tieferen Gründe der Flüchtlingskrisen in unseren Medien bewusst ausgeblendet werden, erleben wir aktuell eine unsägliche Hetze und Kriminalisierung gegenüber Flüchtlingen aus nichteuropäischen Ländern.

 

Demgegenüber dokumentieren aktuelle Fotos aus Kobanê den bewundernswerten Wiederaufbau dieser Stadt – trotz der wirtschaftlichen Probleme und trotz der anhaltenden Drohnenattacken des türkischen Militärs, die jede Woche immer neue Opfer fordern. Viele Flüchtlinge aus der Region konnten in Kobanê aufgenommen und untergebracht werden.

 

Die ICOR-Geburtsklinik ist weiterhin ein großes Symbol der internationalen Solidarität – wie uns Chefarzt Dr. Ahmad Nassan in einem Telefoninterview am 20. September versicherte: „Wir möchten uns noch einmal bedanken für euren großen Einsatz zum Aufbau der ICOR-Geburtsklinik und für die anhaltende Unterstützung. Das werden wir nie vergessen, was ihr und die übrigen Brigadisten hier geleistet hat. Aktuell werden hier jeden Monat 300 bis 350 Babys entbunden, ein Drittel davon mit Kaiserschnitt. Auch die Solaranlage läuft gut … .“

 

Wir haben uns in dem Gespräch für die engagierte Arbeit des Klinikteams bedankt und betont, dass diese Klinik inzwischen vielen Menschen in Deutschland ans Herz gewachsen ist - besonders den Brigadisten.

 

Auch andere Gesundheitseinrichtungen in Kobanê, wie die medizinische Fußambulanz von Professor Trabert, laufen sehr gut. In Qamislo wurde eine medizinische Akademie aufgebaut, wo neben Pflegekräften und Medizintechnikern jetzt die ersten Mediziner ihren Abschluss machen konnten.

 

Wir von „Medizin für Rojava“ stehen in dieser Situation unverändert und ganz bewusst ein für die Solidarität mit Rojava – als ein bewundernswertes Beispiel für ein friedliches Zusammenleben unterschiedlicher Ethnien, Kulturen und Religionen, für die Befreiung der Frauen für das Streben nach einer befreiten Gesellschaft – auch wenn vieles wegen der Blockade und den Bombardements bislang nur in Ansätzen zu verwirklichen ist. …