Bulgarien

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Bergarbeiter im Kampf

Seit Freitag, den 29. September, streiken und protestieren bulgarische Bergarbeiter. Sie haben die Grenzübergänge in die Türkei und nach Griechenland blockiert und bereiten einen »effektiven Streik« vor. Dafür gibt es allerdings in Bulgarien hohe Hürden, es müssen mehr als 3400 Unterschriften von den Bergarbeitern und mehr als 50 % der Beschäftigten in Wärmekraftwerken gesammelt werden.

Korrespondenz aus Hamburg
Bergarbeiter im Kampf
In Bulgarien geht es um die Zukunft der Kohle. (Bild: Dexter Fernandes)

Was ist der Hintergrund der Proteste?

Bulgarien hat den Ausstieg aus der Kohle beschlossen. Ein Gewerkschaftsführer der zweitgrößten bulgarischen Gewerkschaft Podkrepa im Braunkohlebergwerk Mariza Ost befürchtet verheerende Folgen für die gesamte Region. 15.000 Arbeitsplätzen würden in der Region verloren gehen und etwa 90.000 weitere Arbeitsplätze, die indirekt mit den Aktivitäten des Werkes zusammenhängen. „Die Familien blieben ohne Existenzgrundlage“

Misstrauen in die Regierung

Ein Vertreter der Bulgarischen kommunistischen Partei (BKP) – Mitglied der ICOR – erklärt: „die Notwendigkeit der Schließung der Kohlegruben und Kraftwerke im Jahr 2038 wird nicht bestritten. Der Protest richtet sich dagegen, das in einem Brief der Regierung an die EU-Kommission erhebliche Anteile diese Industrie schon 2026 geschlossen werden sollen. (…) Mit diesem Schritt will sich die Regierung 1,7 Milliarden € aus dem Fond der EU sichern. Diese sind faktisch schon an zehn Unternehmen, verbunden mit der Regierung, verteilt. (…) Und die Firmen wollen mit dem Geld der EU keine neuen Arbeitsplätze schaffen oder Energieproduktion entwickeln, sondern ziemlich fragwürdige Projekte wie Batterieproduktion für Solaranlagen.“

 

Viele Kumpel misstrauen deshalb auch der Regierung angesichts der dort herrschenden Korruption. Und insbesondere den vagen Versprechungen dass sie zukünftig in einer staatlichen Übergangsgesellschaft angestellt werden sollen. Die protestierenden Kumpel werfen der Regierung vor, dass sie einfach geldgierig sei. „Diese Energiewende wird nicht so stattfinden, wie man sagt. Sie wollen das Geld nehmen – jetzt das ganze Geld einsammeln und die Energieanlagen schließen.“

Internationale Bergarbeiterkonferenz an Seiten der Kumpel

Noch ist der Kampf der Kumpel auf Bulgarien beschränkt. Viele Fragen werden in dem Kampf diskutiert. Bedeutend wird sein, dass unter den Kumpeln die Information von der kürzlich stattgefundenen internationalen Bergarbeiterkonferenz bekannt wird. In der Resolution „Bergarbeiter stehen auf gegen die begonnene globale Umweltkatastrophe!“ hat sie sich unter anderem darauf geeinigt: „auch künftig braucht es Bergbau, aber: Rohstoffe müssen umweltgerecht abgebaut und dürfen nicht vergeudet werden. Wir fordern umweltverträglichen Bergbau und umfassende Recycling von Rohstoffen. Verbrennung fossiler Rohstoffe muss umgehend beendet werden. (…) Es ist unsere Aufgabe als internationale Bergarbeiterbewegung bewusstseinsbildenden über die begonnene globale Umweltkatastrophe zu wirken, uns an die Spitze des Kampfes für allseitige Schutz und Sofortmaßnahmen zu stellen – ohne damit Illusionen in die Möglichkeit einer grundsätzlichen Umsetzung in diesem System zu fördern.“

 

Insbesondere die Losung, dass es eines gesellschaftlichen Paradigmenwechsels für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung von Mensch und Natur bedarf, ist eine unverzichtbare Erkenntnis, die den bulgarischen Bergarbeitern zugänglich gemacht werden muss. Für Donnerstag, den 12. Oktober, wird ein nationaler Protest vorbereitet.