33 Jahre Wiedervereinigung

33 Jahre Wiedervereinigung

Den "exzellenten" Kapitalismus "verbessern" oder neuen Anlauf zum echten Sozialismus wagen?

33 Jahre nach der Wiedervereinigung wird heute wieder der „Tag der deutschen Einheit“ gefeiert. Die offiziellen Feierlichkeiten finden dieses Mal in Hamburg statt - mit einem Festakt in der Elbphilharmonie, einem Gottesdienst im "Michel" und einem Bürgerfest in der Innenstadt.

Von RF-Redaktion
Den "exzellenten" Kapitalismus "verbessern" oder neuen Anlauf zum echten Sozialismus wagen?
Tarifprotest für die Angleichung der Arbeitszeit in Ost und West (Foto: RF)

Die Festreden und Interviews der bürgerlichen Politiker waren vor allem geprägt vom Lob des seit der Wiedervereinigung Erreichten, vom Herunterspielen der realen Spaltung und von der Ermahnung an die Ost- und Westdeutschen, sich doch bitte nicht von der bürgerlichen Demokratie abzuwenden. So beteuerte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, in seiner Festrede, in Deutschland sei "vieles gut, einiges exzellent", aber manches könne und müsse "verbessert werden, um auch künftig zu bestehen".

 

Unter "exzellent" verbucht er offenbar die gigantischen staatlichen Subventionen für die internationalen Monopole, wie zum Beispiel für die geplante Chipfabrik von Intel in Magdeburg in Höhe von zehn Milliarden Euro. "Verbessert" werden kann das freilich noch durch einen Industriestrompreis von 5 Cent pro Kilowattstunde, der dafür sorgen soll, dass die Weltkonzerne mit Sitz in Deutschland im härter werdenden internationalen Konkurrenzkampf bestehen. Bestehen bleiben soll für Harbarth vor allem das kapitalistische System, das allenfalls noch ein bisschen zu "verbessern" ist.

Erkämpfter historischer Fortschritt

Die Menschen, die vor 33 Jahren in der DDR auf die Straße gingen, verbanden mit ihrem Protest in großer Mehrheit andere Hoffnungen. Sie wollten ein unterdrückerisches Regime loswerden und den lang gehegten Wunsch nach nationaler Einheit verwirklichen. Entsprechend groß und berechtigt war die Freude über den Fall der Mauer und der Grenze mitten durch Deutschland. Das war freilich oft mit großen Illusionen in die "westliche Demokratie" und auf ein besseres Leben verbunden, die von den Herrschenden in der BRD bitter enttäuscht wurden.

 

Dennoch war die Wiedervereinigung ein hauptsächlich erkämpfter historischer Fortschritt. Sie ermöglichte das Zusammenwachsen der Arbeiterklasse in Ost- und Westdeutschland und damit auch den Austausch ihrer reichhaltigen Erfahrungen. Sie ermöglichte zugleich den Aufbau der MLPD in beiden Teilen Deutschlands, der seitdem erfolgreich vorangetrieben wird. Die MLPD ist in den vielen fortschrittlichen Kämpfen und Bewegungen in Gesamtdeutschland eine nicht mehr wegzudenkende aktive und führende Kraft.

 

Ihre Genossinnen und Genossen stehen mit vorne dran bei den hartnäckigen Tarifkämpfen für die Angleichung der Löhne, Gehälter und Arbeitszeiten in Ost und West. Sie unterstützt den Protest gegen umweltzerstörende LNG-Terminals wie auf Rügen. Dort konnte ein schwimmendes LNG-Terminal vor der Küste durch Protest und Demonstrationen tausender Menschen verhindert werden. Die MLPD fördert seit ihrer Entstehung im Jahr 2004 die bundesweite Montagsdemo-Bewegung, die sich am 28. Oktober mit drei überregionalen Herbstdemos in Erfurt, Hamburg und Stuttgart positionieren wird. Vor allem führt sie die massenhafte Auseinandersetzung darum, wie es zu einem neuen Anlauf im Kampf für den echten Sozialismus kommen wird.

Spaltung "politisch gewollt"

Renate Voss, 80 Jahre, ehemalige Schiffbauerin und alleinerziehende Mutter von vier Kindern aus Rostock-Lichtenhagen, prangert an, wie stattdessen die Spaltung in Ost und West bewusst aufrechterhalten wird: „30 Jahre nach der deutschen Einheit gibt es immer noch Unterschiede zwischen Ost und West. Man könnte meinen, dass man doch gut arbeitsteilig zusammenleben kann. Es ist aber politisch gewollt, dass diese Trennung akut noch da ist.“


Tassilo Timm, Landesvorsitzender der MLPD Thüringen, berichtet: "In diesem Jahr gab es in Thüringen wichtige Streiks in etlichen Branchen, die für höhere Löhne und Angleichung in Ost und West kämpften, wie in der Lebensmittelindustrie oder etlichen Metallbetrieben. Nur der gemeinsame Kampf in Ost und West kann an dieser Situation etwas ändern. Gegen diesen gemeinsamen Kampf hetzt die AfD, die die Denkweise vermittelt, dass es schon jemand anderes für uns richten wird. Wie sagten die um ihre Arbeitsplätze kämpfenden Kumpel von Bischofferode 1993 doch schon: Um uns selber müssen wir uns selber kümmern!"

"Freiheitlich-demokratische Ordnung" erlangt?

Dass die faschistoide AfD gerade in Ostdeutschland steigende Umfragewerte verzeichnet, liegt vor allem an der antikommunistischen Medienzensur, die jede linke Alternative und insbesondere die MLPD als nicht existent erscheinen lässt. Wenn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seinem gestrigen Interview mit der Tagesschau zum wiederholten Mal vom "Unrechtsregime" sprach, das mit der Wiedervereinigung der "freiheitlich-demokratischen Ordnung" des Westens gewichen sei, bläst er damit ins gleiche Horn. Was aber war "freiheitlich" und "demokratisch" an der Spaltung Deutschlands durch die Gründung des westdeutschen Separatstaats auf Betreiben der westlichen Imperialisten und des reaktionären Adenauer-Regimes? Was war "freiheitlich" und "demokratisch" an der skrupellosen Ausnutzung der erkämpften Wiedervereinigung durch die westdeutschen Monopole, die sich 1990 mit der DDR auch deren ganze Wirtschaft für ein Butterbrot einverleibten? Hinter der Fassade der "freiheitlich-demokratischen Grundordnung" der BRD verbirgt sich in Wirklichkeit die Diktatur dieser Monopole über die ganze Gesellschaft.

 

Es war kein sozialistisches Regime, das mit der Honecker-Diktatur 1989 zugrunde ging. Tatsächlich gab es in der DDR nach 1945 den hoffnungsvollen Aufbau einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung und den Beginn einer sozialistischen Umwälzung. Weil die Wachsamkeit und Kontrolle der Massen nicht ausreichend entwickelt war und sie den neuen revisionistischen Verrat einer kleinbürgerlichen Bürokratie nicht durchschauten, konnte sich in allen Staaten des Warschauer Pakts ausgehend vom 20. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion 1956 ein neuer bürokratischer Kapitalismus herausbilden. Nur zur Täuschung der Massen hielt das Honecker-Regime an seinen pseudosozialistischen Phrasen fest. Die Wiedervereinigung wurde möglich, weil dieser bürokratische Kapitalismus in den 1980er-Jahren in eine tiefe Krise geriet.

Schöpferische Lehren für den Sozialismus der Zukunft

Die MLPD hat grundsätzliche Lehren für einen neuen Anlauf im Kampf für den Sozialismus gezogen. In ihrem Parteiprogramm kritisiert sie den revisionistischen Verrat am Sozialismus und fasst zusammen: "In der DDR hatte sich der kleinbürgerliche Bürokratismus schon frühzeitig in der Führungsspitze der SED entwickelt. Misstrauen in die Massen und bürokratisch-zentralistische Führungsmethoden verdrängten immer mehr die geduldige Überzeugungsarbeit und unterhöhlten den demokratischen Zentralismus. ... Die entscheidende Lehre ist: Mit einer kleinbürgerlichen Denkweise kann man den Sozialismus nicht aufbauen. Der Sozialismus kann nur siegen, wenn die proletarische, sozialistische Denkweise vorherrscht. Dazu ist die Kontrolle der Denkweise der verantwortlichen Bürokratie auf allen Ebenen und die Entwicklung und Festigung der proletarischen Denkweise der Massen ausschlaggebend." (S. 78)

 

Gesamter Text des Programms der MLPD

 

Hier bestellen: "DDR aktuell 1: Wie der Sozialismus verraten wurde" und "DDR aktuell 2: Wie der Sozialismus verraten wurde"