Tarifrunde Handel
Handelskonzerne wollen mit freiwilligen Lohnerhöhungen die gewerkschaftliche Streikfront schwächen
Auf Empfehlung des Handelsverbands Deutschland (HDE) zahlen die Rewe-Gruppe, die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland, Aldi, Ikea und andere ihren tariflichen Beschäftigten vom 1. Oktober an freiwillige und später auf den Tarifabschluss anrechenbare Vorweganhebungen in Höhe von 5,3 Prozent.
Empört zeigt sich Silke Zimmer, die neue Verantwortliche für den Handel im ver.di-Bundesvorstand: „Die Beschäftigten warten seit Mai auf eine Einkommensverbesserung, weil ihre Lebenssituation wirklich dramatisch ist. Das, was wir auf dem Tisch haben, reicht bei Weitem nicht aus, weil es einen weiteren Reallohnverlust bedeutet.“ [1]
Ja, es ist schon ein starkes Stück. Ausgerechnet die Konzerne, die aufgrund ihrer Preistreiberei riesige Profite machen, aber die Lohnforderungen von ver.di von 2,50 Euro höherem Stundenlohn als völlig unrealistisch ablehnen und deshalb die Tarifverhandlungen regelrecht blockieren, geben sich jetzt spendabel. Sie hoffen, damit einen Keil in die Streikfront treiben zu können und die Streikbereitschaft zu schwächen. Auch spielt eine Rolle, dass sie Angst vor Abwanderung ihrer Angestellten in andere Betriebe oder Branchen haben. So zahlt der Drogeriekonzern DM rückwirkend vom 1. April an sechs Prozent seinen „lieben Mitarbeitern“.
Doch Silke Zimmer prophezeit, dass die Strategie des HDE, mit der Empfehlung die Mobilisierung zu schwächen, nicht aufgehen wird. Sie sei vielmehr der Überzeugung, dass das eine Reaktion auf die anhaltenden Streiks und auf die Solidarität der Organisation war. Denn es gelinge diesmal besser als in den vorigen Tarifrunden, gezielt den filialisierten Einzelhandel und die Zentrallager der Konzerne zu bestreiken.1
Die bürgerlichen Medien und Politiker hoffen aber, dass die Gewerkschaft nach dem Bundeskongress Signale ihrer Einigungsbereitschaft an die Belegschaften sendet, "um sich den Spielraum für Kompromisse zu eröffnen." [2] Doch Kompromisse ohne den vollen Einsatz der gewerkschaftlichen Kampfkraft bedeuten faule Kompromisse. Deshalb ruft die MLPD den streikenden Kolleginnen und Kollegen zu, die Initiative weiter in der Hand zu behalten und so auch ein Einknicken der Ver.di-Führung zu erschweren.