Weltweite Folgen?
Chinesische Immobilienblase ist am Platzen
Chinas Immobiliensektor bebt. Der Aktienkurs des noch 2020 zweitgrößten chinesischen Immobilienkonzerns „Evergrande“ fiel kürzlich nach Wiedereinstieg an der Börse unverzüglich um fast 87 Prozent ab. Der Konzern war Ende 2021 für fast eineinhalb Jahre vom Handel ausgeschlossen worden, weil er trotz (umgerechnet) 12 Mrd. Euro staatlicher Rettungsgelder anstehende Zinszahlungen nicht begleichen konnte.
Seine Aktien sind jetzt mit 0,04 Euro so billig wie noch nie. 2017 waren es noch 3,86 Euro. Das Unternehmen stand damals auf Rang 94 unter den 500 größten Monopole der Welt. Der Börsenwert betrug fast 50 Milliarden Euro – jetzt schrumpfte er drastisch auf 342 Millionen Euro. Dabei ist Evergrande immer noch weltweit der mit 335 Milliarden Euro am höchsten verschuldete Immobilienkonzern. Er musste zudem in den USA Gläubigerschutz [1] beantragen. Dort kann der Konzern seine Schulden von 30 Milliarden Euro nicht zahlen.
Auch Chinas umsatzstärkster Immobilienkonzern „Country Garden“ ist in die Schlagzeilen geraten. Noch vor wenigen Monaten galt er als ökonomisch solide. Das Unternehmen hatte zwei Rückzahlungsfristen für US-Dollar-Anleihen verstreichen lassen, nachdem es im ersten Halbjahr einen Verlust von sieben Milliarden Euro hinnehmen musste. Auch Country Garden ist mit etwa 179 Milliarden Euro hoch verschuldet. Mindestens 28 weitere chinesische Wohnungsbaukonzerne sind mit ihren Rückzahlungen in Verzug oder mussten Umstrukturierungen einleiten.
In China hat sich eine gigantische Immobilienblase gebildet, die jetzt am Platzen ist. Durch die notwendige schnelle Ausdehnung der Städte im Zuge der sprunghaften Vergrößerung der kapitalistischen Industriebetriebe Chinas besonders nach 2008 wurde ein riesiger Bau-Boom entfacht. Durch ein Schnellballsystem spekulativ immer weiter in die Höhe geschraubter Preise für zu bauende Wohnungen wollten Immobilien-Spekulanten dabei immer noch höhere Gewinne erzielen. Der tatsächliche Wert der Gebäude [2] ist dagegen um ein Vielfaches geringer als der Preis, zu dem die Immobilien gehandelt werden.
Das Schneeball-System basierte auf einer immer weiter gesteigerten Ausgabe neuer Kredite durch Banken an die spekulierenden Wohnungsbau-Konzerne, aber auch an eine breite Masse arbeitender Menschen. Wer eine Wohnung kaufen wollte, musste Vorauszahlung leisten. Vorher gebaute Wohungen wurden mit Krediten für neue Wohnungen bezahlt. Die Masse der kleinen Käufer glaubte der ständig in der Öffentlichkeit geschürten Hoffnung, damit eine sichere Altervorsorge treffen zu können.
Doch das chinesische Schneeballsystem ist am Ende. Viele Käufer warten jetzt vergeblich auf die Fertigstellung ihrer bezahlten Wohnung. Neue Wohnungen sind kaum noch zu verkaufen. Regelrechte Geisterstädte verrotten. Geschätzte 50 Millionen Wohnungen - 22 Prozent aller Gebäude – stehen leer. [3] Das ganze Kartenhaus droht einzustürzen, denn ansteigende Arbeitslosigkeit und sinkende Löhne schränken außerdem die Kaufkraft der Massen ein.
Der Preis der Immobilien Chinas wird auf insgesamt etwa 62 Billionen Dollar geschätzt. Damit ist Chinas Blase der größte Teil einer weltweiten Immobilienblase, in der etwa 325 Billionen Euro Spekulationsgelder angelegt sind. Das ist mehr als das 3-Fache des jährlichen Weltsozialprodukts von 2022, d.h. der Summe aller Preise von Waren und Dienstleistungen auf der Erde in diesem Jahr. [4] Seit 2015 hat sich diese Immobilienblase um mehr als 50 Prozent aufgebläht. Es ist daher ein Fanal für die weltweite Immobilien-Blase, was da in China passiert.
Der Bauboom war verbunden mit einem Aufplustern der Baubranche, der Zulieferfirmen, der entsprechenden Kreditabteilungen bei den Banken, der Immobilien-Verwaltungen usw. Der Immobilien-Sektor trägt knapp 30 Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung. Beim Platzen der Blase gilt die Devise, „den letzten beißen die Hunde“. Das sind natürlich die kleinen Sparer, sowie die Arbeiter und Angestellten im Wohnungsbau und den verbundenen Branchen.
Da das ganze gigantisch-spekulative Immobilien-Kartenhaus auf der willkürlichen Ausweitung des Kreditsystems, d.h. auf einer Riesen-Verschuldung aufgebaut ist, werden sich aber auch Unmengen von Krediten an Unternehmen, Vermögensgesellschaften usw. in „faule“ Kredite verwandeln. Auch Banken und eine Reihe der großen chinesischen Monopole werden so in den Krisenstudel geraten.
Ein direkter weltweiter Dominoeffekt der sich abzeichnenden offenen Finanzkrise Chinas auf das Weltfinanzsystem entwcieklt sich nicht automatisch. Denn Chinas Bankensektor ist kaum internationalisiert. Aber die weiterreichenden wirtschaftlichen Auswirkungen des Immobilien-Bebens könnten dramatische Folgen für die Weltwirtschaft haben.