Automobilarbeiter

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Mercedes-Benz-Chef stimmt Belegschaft auf „harte Bedingungen“ ein

Auf der Automesse IAA in München zieht Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius mit der Ankündigung des Ein-Liter-Autos eine wahre Mercedes-Stern-Show ab.

Von wb
Mercedes-Benz-Chef stimmt Belegschaft auf „harte Bedingungen“ ein
Warnstreikende Kollegen bei Mercedes in Berlin im letzten Jahr (rf-foto)

Das neue Elektro-Kompaktmodell stelle „‘alles in den Schatten (stellt), was wir bisher auf dem Markt haben’: Der CLA schafft 100 Kilometer mit zwölf Kilowattstunden Strom. Auf die Verbrennerwelt übertragen ist der CLA ein Ein-Liter-Auto. Damit kommen wir auf eine Reichweite von mehr als 750 Kilometern. Zudem ist die Ladeleistung enorm.“¹

 

Sorry, dass wir Källenius an dieser Stelle unterbrechen müssen. Denn die Beschäftigten wollen wissen, was sie von der Produktion und dem Vertrieb des Wunderautos zu erwarten haben. Källenius bestätigt zunächst die Gerüchte, dass die A- und B-Klasse Auslaufmodelle sind. Doch an den kompakten Modellen werde Mercedes-Benz festhalten, allerdings im Rahmen der Luxusstrategie. Die neuen Modelle richten sich vor allem an eine „Generation von Kundinnen und Kunden, die das unverwechselbare Mercedes-Benz-Gefühl schätzen und auch auf umfangreiche Ausstattung, mehr Komfort und Sicherheit, modernste Technologie sowie konsequent umgesetzte Nachhaltigkeit Wert legen“. Sicher ist nur, dass der Konzern damit seine nachhaltige Profitmaximierung mit immer teureren Autos und entsprechend geringeren Stückzahlen verfolgt.


Zu den Auswirkungen auf die Arbeitsplätze stellt Källenius fest: „Unterm Strich wird es im Bereich Antriebe weniger Arbeitsplätze geben, in den Aufbauwerken bleibt die Zahl etwa gleich, andere Bereiche wachsen, beispielsweise die Software-Entwicklung.“ Geringere Stückzahlen bedeuten in der kapitalistischen Logik auch weniger Personal in den Montagebereichen. Deshalb machen sich die Kolleginnen und Kollegen im Werk Rastatt, wo die A- und B-Klasse gebaut wird, Sorgen um ihre Zukunft.

 

Wenn der Vorstand beklagt, dass die steigenden Investitionen in die E-Mobilität „die variablen Kosten pro Auto“ in die Höhe treiben, dann nur, um die Belegschaft auf weitere harte „Sparprogramme“ einzustimmen. Er will deshalb „gegensteuern, (weil die) Erosion von Gewinnmarge und Kapitalrendite“ nicht zu „akzeptieren“ ist.  Wie er im Interesse der Großaktionäre denkt, fasst er rechnerisch so zusammen: Unser klares Ziel ist, unter günstigen Marktbedingungen eine Umsatzrendite von vierzehn Prozent, auch in einer vollelektrischen Welt.“ Damit verbunden ist die Kampfansage an die chinesische Konkurrenz, diese mit einer „beispiellosen, mehrjährigen Produktoffensive“ zu schlagen - und zwar auf dem Rücken der Belegschaft, dem Rücken der Belegschaften anderer Brachen und über Ländergrenzen hinweg!

 

Die Betriebsgruppen der MLPD werden deshalb die Kolleginnen und Kollegen ermutigen und beraten, ihrerseits in die Offensive zu gehen. Dazu müssen die Arbeiter mit der sozialchauvinistischen Losung fertig werden, sie müssten gemeinsam mit den Konzernen die führende Rolle der deutschen Autoindustrie verteidigen bzw. zurückerobern. Wir Arbeiter wissen aus Erfahrung: Der Konkurrenzkampf der Konzerne wird auf unseren Knochen ausgetragen - bis hin zu kriegerischen Auseinandersetzungen! Deshalb ist der internationale Zusammenschluss der Arbeiter mit den Kolleginnen und Kollegen in China und in anderen Ländern so wichtig. Das ist einer der Grundgedanken, den die Internationale Automobilarbeiterkonferenz (IAC) seit ihrer Gründung vertritt. Es ist auch reine Augenwischerei, dass ein „übertriebener und unrealistischer Umweltschutz“ Arbeitsplätze und Profitmaximierung gefährden würde. Das wird von der faschistischen Betriebsratsgruppe „Zentrum“ verbreitet, die damit Umweltschützer und Linke zu Hassobjekten erklärt. Fakt ist: Um bei der E-Mobilität die Nase vorn zu haben, kämpfen die Konzerne um den Zugriff auf Rohstoffquellen, um sie ohne Rücksicht auf Mensch und Natur ausbeuten zu können. Mercedes will mit dem kanadischen Konzern „Rock-Tech Lithium“ Verträge abschließen - über rund 10.000 Tonnen Lithiumhydroxid pro Jahr. Der Kampf um jeden Arbeitsplatz muss deshalb mit dem Kampf für den Umweltschutz verbunden werden.

 

Nicht zuletzt geht die schleichende Arbeitsplatzvernichtung meist mit der offenen Entlassung von Leiharbeitern einher. Diese werden seit einiger Zeit in großer Zahl eingesetzt. Damit erhoffen sich die Vorstände, den Widerstand der Stammbelegschaften gegen offene Massenentlassungen zu verhindern. Dieses Kalkül darf nicht aufgehen! Jetzt gilt es, Initiativen für Kampfprogramme zu ergreifen - mit den Eckpfeilern: Kampf für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, für Lohnnachschlag und für ein vollständiges und allseitiges gesetzliches Streikrecht, das die Arbeiter auch für den Widerstand gegen die Weltkriegsgefahr und gegen die Ausreifung der begonnenen globalen Umweltkatastrophe brauchen - und auch das über Branchen- und Ländergrenzen hinweg! Weil der Kapitalismus immer umfassender die Existenz der Menschheit und der arbeitenden Menschen infrage stellt, gehört die Frage nach der sozialistischen Alternative auf die Betriebs- und Gewerkschaftsversammlungen und in die Pausengespräche.

 

Die Mercedes-Arbeiterinnen und -Arbeiter stehen in ihrem Kampf nicht allein. Auch die Kolleginnen und Kollegen in anderen Ländern und bei VW, Ford oder Opel werden mit „Sparplänen“ und Arbeitsplatzvernichtung angegriffen. Auf der 3. Internationalen Bergarbeiterkonferenz in Thüringen erlebten Automobilarbeiter, dass auch viele Kumpel in den Minen nicht mehr bereit sind, die immer schärfere Ausbeutung von Mensch und Natur hinzunehmen. Dort wurden wichtige Beschlüsse zur praktischen Koordinierung und gegenseitigen Unterstützung der Kämpfe der Arbeiterinnen und Arbeiter beider Branchen gefasst. Eine kongolesische Delegierte brachte das Ziel auf den Punkt: „Wir Bergarbeiter sind eine starke Armee. Wenn wir reden, demonstrieren, streiken, dann haben die Herrschenden Angst vor uns." Dasselbe gilt für die rund 12 Millionen Automobilarbeiter weltweit: Auch sie sind eine Macht - und zusammen mit den Bergarbeitern erst recht nicht zu schlagen!

 

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