Alle 16 Länderchefs laufen in Brüssel auf
Industriestrompreis: Ein klares Nein zu milliardenschweren Subventionen für Großkonzerne
Gestern reisten sämtliche 16 Regierungschef der Bundesländer nach Brüssel, um Druck aufzubauen für einen deutschen Industriestrompreis von fünf Cent/Kilowattstunde. Kanzler Scholz ziert sich zwar noch, auch weil er weiß, dass solche Pläne am Konkurrenzkampf in der EU scheitern könnten.
Man muss aber die Frage aufwerfen: Bahnt sich hier eine ganz große Koalition für noch mehr Subventionen an die Großkonzerne an? Immerhin sind unter den Ministerpräsidenten Politiker der SPD, CDU, CSU, Grünen und der Linkspartei vertreten, auch die FDP ist in Bundesländern an der Regierung beteiligt. Die rechte Gewerkschaftsführungen unterstützen die Pläne wärmstens.
Angeblich geht es um einen 'wettbewerbsfähigen Brückenstrompreis', für die 'energieintensive' Industrie. Hinsichtlich der kapitalistischen Industrie wird mächtig auf die Tränendrüse gedrückt. So viel Empathie gibt es für die Masse der Verbraucher nicht. Sie zahlt gegenwärtig zwischen 28,28 Cent und 48,67 Cent/Kilowattstunde für Strom. Die großen Konzerne können ihn an der Strombörse zum Schnäppchenpreis von 8 bis 13 Cent buchen. Der deutsche Industriestrompreis liegt genau auf dem europäischen Durchschnitt. Hier geht es also vor allem darum, sich im internationalen Konkurrenzkampf einen Standortvorteil zu verschaffen.
Die Subvention des Strompreises ist auch keine "Brücke" hin zu den Erneuerbaren, sondern verfestigt die Verbrennung klimaschädlicher fossiler Energie. Denn sie garantiert ihre Höchstpreise und damit märchenhafte Profite der Energiekonzerne und machen jeglichen Anreiz für die Großkonzerne zur Einsparung des exorbitanten Stromverbrauchs zunichte. Allein die „energieintensive Industrie“ verbraucht nämlich ein Viertel des gesamten deutschen Stroms.
Während im Bundeshaushalt beim Sozialen der Rotstift regiert, will Habecks Wirtschaftsministerium allein für den sogenannten "Brückenstrompreis" 30 Milliarden € Subventionen bis 2030 zur Verfügung stellen. Dabei erhält die deutsche Industrie schon jetzt jährlich klimaschädliche Subventionen in Höhe von über 16 Milliarden €, davon 2,2 Milliarden € Energiesteuerentlastung (greenpeace, Zukunftsplan Industrie). Die Hauptprofiteure davon sind ThyssenKrupp, Linde Gas sowie BASF, die 2021 bis zu 60 Millionen € allein als Stromsteuersubvention erhielten. Das ist also bei der „'ökologischen und sozialen Transformation“ der Ampel herausgekommen: Der Staat garantiert als Dienstleister der Monopole ihre Maximalprofite und die ungezügelte weitere Umweltzerstörung.
Dabei sind nur 36 % der aktuell vom Meinungsforschungsinstitut Ipsos Befragten für die Einführung eines Industriestrompreises, 51 % dagegen, am stärksten unter der Wählerschaft der Grünen mit 61 %. Aber für die Monopolpolitiker ist das Wort des BDI, des führenden Monopolverbands, alle Mal gewichtiger, der vehement die Einführung eines Industriestrompreises fordert und noch weitergehend eine dauerhafte Deckelung der Preise für die Industrie.
Die ultrarechte Kritik von Lindner (FDP) und AfD ist heuchlerisch. Sie wollen stattdessen die Stromsteuer radikal senken. Natürlich sind Steuersenkungen für die Masse der Verbraucher notwendig, aber wieso sollen die Konzerne noch weniger Steuern zahlen?
Es gibt noch haufenweise andere Vorschläge und Forderungen, aus der bürgerlichen Politik oder dem Kapitalistenlager. Sie kommen teils als Kritik am Industriestrompreis daher. Sie laufen aber alle auf unterschiedliche Varianten der Umverteilung zu Gunsten der Monopole und zu Lasten der Massen heraus. Der DIHK (Deutscher Industrie- und Handelstag) bringt „Direktstromverträge“ zwischen Erzeugern erneuerbarer Energien und der kapitalistischen Industrie ins Spiel. Das hört sich ökologisch an, beutetet aber nur, günstige erneuerbare Energien aus dem Gesamtstrommarkt herauszunehmen – was billig für die Industrie und noch teurer für die Massen wird. Mehr erneuerbare Energie würde dadurch nicht erzeugt.
Ein radikales Umstellen auf 100 % erneuerbare Energien ist notwendig, auf Kosten der Monopolprofite, und nicht der Massen. Und es ist auch mehr Klarheit über den Charakter dieses Staates notwendig, der sich wieder einmal als kaum verhüllte Diktatur der Monopole zeigt. Das unterstreicht, dass der Umweltkampf als Schule des gesellschaftsverändernden Kampfs und des Kampfs um den Sozialismus geführt werden muss.
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