3. Internationale Bergarbeiterkonferenz
Streitbare Beratung, wegweisende Beschlüsse für Koordinierung und Kooperation, begeisternde Bergarbeiterkultur
Im Mittelpunkt des heutigen dritten Tags der 3. Internationalen Bergarbeiterkonferenz in Truckenthal (Thüringen) standen ein gemeinsames Forum zum Thema „Höherentwicklung der Koordinierung und Kooperation der Bergleute weltweit“ und die Generalversammlung der Delegierten aus den verschiedenen Ländern.
Bildreport vom bisherigen Verlauf der 3. Internationalen Bergarbeiterkonferenz
Der zweite Tag war mit einem tollen internationalen Kulturfest zu Ende gegangen, bei dem ein großer Teil der insgesamt 630 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeinsam feierte. Nach Kontinenten geordnet brachten die internationalen Delegationen und Teilnehmer ihre Beiträge ein. Rolando Rodriguez, Mitglied der Internationalen Bergarbeiterkoordinierung aus Peru, und Lea, Arbeiterin aus Thüringen, führten durch das Programm.
Volks- und Bergarbeiterlieder aus vier Kontinenten rissen nach und nach fast alle von ihren Stühlen: Afrika machte den Anfang, unter anderem mit dem traditionellen Arbeiterlied Shosholoza. Schweizer Delegierte sangen: „Mein General, ich gehe nicht nach Algerien, um meine Brüder und Schwestern zu töten.“ Aus Deutschland wurde nach dem Knappenlied das selbstgedichtete Lied „Wieder Mensch sein“ über die Notwendigkeit der Todesverachtung im Kampf gegen imperialistische Kriege vorgetragen.
Aus Georgien kam der Tanz eines Sprengmeisters zum Gesang seiner Kollegen. „Wenn wir wie Brüder kämpfen, werden wir diesen Kampf gewinnen“, sang ein kolumbianischer Bergmann. Die Stimmung steigerte sich von einem Kontinentalblock zum nächsten. Letzte Schüchternheit wurde abgelegt, der Wunsch nach Freiheit, Optimismus und Siegeszuversicht lagen in der vom Tanz erhitzten Luft. Ein Höhepunkt dieser gelebten internationalen Solidarität war die Ankunft weiterer Delegationen aus den Niederlanden und aus Tunesien. Letzteren gelang nach hartem gemeinsamen Kampf um ihre Visa die Einreise! Der Jubel war groß und auch das wurde gefeiert.
Kritisch-selbstkritische Auswertung
Das Forum „Höherentwicklung der Koordinierung und Kooperation der Bergleute weltweit“ heute Vormittag war geprägt von der Beratung, wie es gelingen kann, dieser großen Anforderung tatsächlich gerecht zu werden. Hauptkoordinator Andreas Tadysiak trug zu Beginn den Rechenschaftsbericht der Internationalen Bergarbeiterkoordinierung als informative Grundlage vor. Er wird auf der Generalversammlung diskutiert und beschlossen.
Der Bericht wertete kritisch und selbstkritisch Erfolge und noch vorhandene Schwächen in der Zusammenarbeit aus. 44 Mitgliedsorganisationen aus 24 Ländern gehören mittlerweile zur Bergarbeiterkonferenz. Beim letzten Treffen 2017 in Indien wurden Bergleute aus vier Kontinenten in die Koordinierungsgruppe gewählt. Ihre Arbeit hat insgesamt eine positive Entwicklung genommen. Es hat sich ein freundschaftliches, vertrauensvolles Verhältnis entwickelt.
Andreas Tadysiak: „Der Sprung von der gegenseitigen Solidarität zur wirklichen Zusammenarbeit und Koordinierung der Kämpfe steht noch bevor. Die Internationale Bergarbeiterkoordinierung hat das internationalistische Bewusstsein der Bergarbeiter gefördert. Kämpfe werden mit Grußbotschaften, Artikeln und Solidaritätserklärungen weltweit bekanntgemacht. …
Der bedeutende Generalstreik mit tausenden Bergleuten in Peru 2019 war wesentlich Ergebnis der Internationalen Bergarbeiterkonferenz in Arequipa. Es war wichtig, dass der Hauptkoordinator … selbst nach Peru reiste und dort ein Grußwort hielt. Er konnte die Internationale Bergarbeiterkoordinierung dort weiter verankern. Die persönliche Teilnahme am Streik stärkte das gegenseitige Vertrauen. Der Streik wurde in der Folge unterdrückt. Das hätte eine Ausweitung der Solidarität durch die Internationale Bergarbeiterkoordination, zum Beispiel mit Solidaritäts- und Protestaktivitäten in anderen Ländern gefordert. Das wollen wir verbessern, wozu unbedingt die kontinentale Zusammenarbeit ausgebaut werden muss.“
Vorschläge für bessere Koordinierung und Kooperation
Weitere Vorschläge für die Höherentwicklung der Koordinierung und Kooperation waren unter anderem: Effektivere Kommunikation; Verwirklichung des kämpferischer Charakters internationaler Kampftage gegen formale Erscheinungen; Austausch von Vorträgen und Ausarbeitungen für den gegenseitigen Erkenntnisfortschritt; Arbeitsgruppen zur Analyse der Veränderung der Strukturen internationaler Bergbaukonzerne, um den Blick auf den gemeinsamen Gegner zu schärfen; engere Koordinierung mit den Automobilarbeitern, deren Konzerne für die E-Autoproduktion teilweise selbst in die Rohstoffförderung einsteigen; aber auch mit den Hafenarbeitern und Seeleuten, die für den weltweiten Transport der Rohstoffe verantwortlich sind; Integration der Lkw-Fahrer im Tagebau in die Bergarbeiterbewegung; verstärkte Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Bergarbeiterinitiativen zu ihrer Beratung; Verwirklichung eines Pakts zwischen Bergarbeitern internationaler Konzerne und von im Kleinbergbau besonders ausgebeuteten Beschäftigten.
Die Höherentwicklung der Koordinierung und Kooperation erfordert aber auch eine höhere Vereinheitlichung, unter anderem durch das Austragen von Widersprüchen. Ein Bergmann berichtete, dass es bei einzelnen Teilnehmern noch Zweifel gab, ob die Imperialisten wirklich einen Dritten atomaren Weltkrieg vorbereiten oder ob der Ukrainekrieg nur „europäische Dimension“ habe. Er forderte auf, darüber offen zu diskutieren und das zu klären.
Monika Gärtner-Engel, Hauptkoordinatorin der revolutionären Weltorganisation ICOR, ergänzte, dass es neben objektiven Hürden, die der internationalen Koordination und Kooperation entgegenstehen, auch „Hürden in unseren Köpfen und Herzen“ gebe. Die nationalistische Losung „Unser Land zuerst“ wirke subtil teilweise so, dass man nur die nationalen Aufgaben sehe. „Nein, wir müssen mehr Kräfte in die internationale Zusammenarbeit investieren!“
Das Plenum erklärte sich in einer Resolution solidarisch mit dem sechsstündigen Warnstreik der Braunkohlekumpel in der Lausitz am 1. September, dem Antikriegstag, für ihre Tarifforderung nach 12 Prozent mehr Lohn.
Streitbare und konstruktive Diskussionsforen
In die Beratung flossen auch die Ergebnisse der acht anderen Foren ein, die am Tag zuvor stattgefunden hatten. Bis zu 50 Menschen hatten sich am Forum „Bergleute gegen Krieg und Faschismus“ beteiligt, vorbereitet und eingeleitet von S.V. Rao aus Indien. In verschiedenen Beiträgen aus Bergbau- und Automobilkonzernen wurde deutlich, dass die Herrschenden auf zunehmende Rechtsentwicklung und faschistische Tendenzen setzen, um die Massen für imperialistische Kriege zu gewinnen und den Widerstand gegen die akute Weltkriegsgefahr zu verhindern. „Wir müssen diese Demagogie überzeugend entlarven. Es muss klar werden, dass die Faschisten die Arbeiterbewegung zerschlagen wollen“, so ein Redner. Diskutiert wurde, dass dazu unbedingt auch die positive Alternative einer sozialistischen Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung gehört.
Javier aus Kolumbien begrüßte die rund 80 Teilnehmer des Forums „Für die Einheit des Kampfs für Umwelt und Arbeitsplätze“. Er sagte: Es wird erzählt, dass der Kampf der Bergarbeiter dem entgegensteht, was gut für den Schutz der Umwelt sei. Aber: das, was dem Schutz der Umwelt entgegensteht, ist der Schutz des Kapitalismus! Diskutiert wurde, dass eine globale Umweltkatastrophe begonnen hat und dass besonders die Bergarbeiterbewegung sich an die Spitze des Umweltkampfs stellen muss. Diese Dimension wurde in den vielen Beiträgen noch unterschätzt. Stefan Engel, der auch Sprecher der Bergarbeiterzeitung Vortrieb ist, warnte: Wir müssen uns vor Illusionen hüten. Der Kapitalismus funktioniert nur noch auf der Basis der Umweltzerstörung. Die ganze Menschheit ist in Gefahr. Wir müssen den Umweltschutz als Schule des Kampfes für den Sozialismus führen! Und der Kampf muss verbunden werden mit Überzeugungsarbeit. Die Teilnehmer beschlossen eine Abschlussresolution, die auf der Generalversammlung verabschiedet werden soll.
Im Forum „Bergarbeiterlöhne, Renten und der Kampf für höhere Löhne und Renten“ wurde hart um eine gemeinsame Position gerungen. Ausgangspunkt war der Standpunkt, dass die Bergarbeiter von ihren Interessen ausgehen müssen und gerade angesichts der extremen Inflation einen deutlich höheren Lohn brauchen. Der Leiter des Forums aus Kasachstan schlug eine weltweit einheitliche Lohnerhöhung auf 10.000 US-Dollar pro Monat vor. Darum entbrannte eine lebhafte und kontroverse Diskussion. Die vierzehn Teilnehmer konnten sich darauf einigen, dass zweifellos auch einheitliche Forderungen der Bergleute notwendig sind. Eine weltweit einheitliche Lohnforderung würde aber dem widersprechen, dass die Voraussetzungen für ein kulturvolles Leben genauso wie die Gefahr und Schwere der Arbeit, Anforderungen an Ausbildung und Versorgung der Kinder und Familien in den einzelnen Ländern noch sehr unterschiedlich sind.
Darüberhinaus gab es noch die Foren „Der Kampf gegen die Politik der verbrannten Erde der RAG“, „Situation, Bedingungen und Ausbeutung von minderjährigen Jugendlichen“ und „Lebensverhältnisse, Frauen und Familien“. Vom Forum „Bergleute und Sozialismus“ wurde gestern bereits berichtet (mehr dazu). Ein ausführlicher Bericht dazu folgt noch.
Generalversammlung mit Delegierten aus 19 Ländern
Am heutigen Nachmittag hat die Generalversammlung der Bergarbeiterkonferenz begonnen. 39 Delegierte aus 19 Ländern waren anwesend.
Nach gründlicher Klärung wurde der Aufbau einer antiimperialistischen und antifaschistischen Plattform innerhalb der Internationalen Bergarbeiterkonferenz beschlossen, die zukünftig in der Internationalen antiimperialistischen und antifaschistischen Einheitsfront (United Front) mitarbeiten wird. Rote Fahne News berichtet morgen über weitere Ergebnisse der Generalversammlung.
"Ich bin stolz auf diese Konferenz"
Schon jetzt ist die Begeisterung über den Verlauf der Bergarbeiterkonferenz groß. So meint die Vorsitzende der Umweltorganisation Canto Vivo aus Peru: „Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich hier eingeladen wurde und bin beeindruckt von der großen Teilnahme. Ich bin sehr froh darüber, dass es hier einen Austausch gibt sowohl über die Probleme der Bergarbeiter wie auch über Umweltthemen.“ Zwei Rebellen wollen ihren Freunden daheim unbedingt erzählen von der afrikanischen Bergarbeiterfrau, die in einer kleinen Mine arbeitet und direkt davor zeltet, damit ihre Kinder in die Schule gehen können.
Und ein junger Bergarbeiter aus Thüringen: „Ich bin stolz auf diese Konferenz. Vor allem, dass man sieht, dass wir, die als Arbeiter immer kleingeredet werden, so ein internationales Event auf die Beine stellen. Dass die Leute überall aus der Welt sich hier einbringen können, dass wir auf Augenhöhe und jetzt auch sehr fruchtbar diskutiert haben, wie wir international Kämpfe organisieren und uns dabei unterstützen.“
Heute Abend wird der dritte Tag mit einem großen Verbrüderungsfest ausklingen. Auch dazu morgen mehr auf Rote Fahne News.