Thüringen

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AOC in Jena – Beabsichtige Schließung nach üblem Drehbuch braucht klare Antwort!

Bereits im September 2022 wurde den Kolleginnen und Kollegen der Optikfirma AOC vom Fabrikbesitzer, Dr. Töpfer, mit Insolvenz gedroht. Dabei wird seit Jahren kein Pfennig mehr in die Firma gesteckt und das bei gestiegenen Qualitätsanforderungen an optische Produkte.

Korrespondenz

In einem anderen Bereich, der Kristallfertigung, ist die mittelständische Muttergesellschaft Hellma Weltmarktführer, wittert das große Geld und baut gegenwärtig ein neues Werk in Schweden für „im ersten Schritt“ 20 Millionen Euro. Die AOC wurde dagegen Schritt für Schritt gegen die Wand gefahren.

 

Was hier abläuft, hat ein brutales Drehbuch. 2013 hatte Annegret Gärtner-Leymann, Betriebsrätin und Streikführerin des 7-tägigen Streiks 2004 von Opel-Bochum, aufgedeckt, wie solche Strategien in Unternehmerkreisen geschult werden:

 

  1. Organisierung „eines Leidensdrucks“, so „dass das Problem körperlich spürbar wird … in Form von Angst vor der drohenden Gefahr“ [1]: Seit Anfang des Jahres wurde die Arbeitsvorbereitung immer chaotischer, wurden die Auftragsregale immer leerer, die Sorgen der Kollegen immer größer. Maschinen wurden als „Sicherheitsübereignung Hellma Materials“ gekennzeichnet und abtransportiert.
  2. „Die zwei zentralen Energiequellen für Veränderungsbereitschaft: Leidensdruck und Hoffnung[2]: Die Produktionsleitung ging rum, wiegelte ab, machte einzelnen Kollegen immer wieder Hoffnungen und Versprechungen – ein Wechselbad der Gefühle.
  3. „Um möglichen Widerstand zu absorbieren, nutzt die sogenannte Bombenwurfstrategie den Überraschungseffekt aus. Das ... Veränderungsprogramm wird im Stab der Unternehmensleitung detailliert ausgearbeitet und eines Tages von ihr unwiderruflich verordnet.“ [3]: am 25.August beruft der Fabrikbesitzer, Dr. Töpfer, eine Versammlung ein und verkündet die komplette Schließung der AOC Jena zum Ende des Jahres! Der Betriebsrat wurde erst fünf Minuten vorher über den Schließungsbeschluss informiert.
  4. Flankiert wird dies wiederum von vager Hoffnung und massivem, übelstem Mobbing: 15 Kollegen haben drei Stunden vorher ein Zwischenzeugnis erhalten. Das sind die, „bei denen es sich nicht lohnt“ (O-Ton Dr. Töpfer), rund 40 Kollegen wird vage in Aussicht gestellt, dass sie bei der Muttergesellschaft bzw. in einer Neugründung wieder neu eingestellt werden könnten. Diktatorisch versuchte Dr. Töpfer dem Betriebsrat jedes Rederecht zu verweigern, wurden die Betriebsräte als „diese Typen“ beschimpft: „Sie seien die Schuldigen für die Schließung“. Das war bereits drei Tage vorher in einer Unterschriftensammlung der Abteilungsleiter hinter dem Rücken des Betriebsrats verbreitet worden. Der Tenor war, „dass sich die Belegschaft entschuldigt, einen Betriebsrat gewählt zu haben, der der Firma wirtschaftlichen Schaden zufügt“.

    Geht’s noch? - Eine ganze Reihe Kollegen haben diese Erpressung und Angstmache nicht mitgemacht. Wut und regelrechter Hass brechen bei Dr. Töpfer durch, weil Belegschaft und Betriebsrat im letzten Jahr nicht mehr nach seiner Pfeife getanzt haben. Seid 2021 ist Dr. Töpfer bei dem Versuch, den Betriebsratsvorsitzenden und ehemaligen Bundestagskandidaten der Internationalistischen Liste/MLPD, Anatole Braungart, fristlos zu kündigen, mehrfach auf die Nase gefallen. Das kratzt am Image!

 

Was als vage Hoffnung auf Neueinstellung daherkommt, erweist sich bei genauerer Prüfung als perfide Strategie, widerspenstige Kollegen, Kolleginnen und Kollegen mit Schwerbehinderung und den Betriebsrat hinauszusäubern, alle anderen einzuschüchtern und verbleibende Produktion auf die Kristallbearbeitung umzustrukturieren.

 

Die Belegschaft steht damit vor einer neuen Herausforderung, denn sie muss sich an dieses üble Drehbuch nicht halten. In Hollywood platzen gerade vorgeschriebene Rollen, weil Autoren und Schauspieler streiken. Wer nicht kämpft, hat verloren – nur wer kämpft, kann gewinnen und bekommt Solidarität!

 

Das haben viele Belegschaften in selbständigen Streiks bereits bewiesen: Kampf um jeden Arbeitsplatz! Rücknahme des Schließungsbeschlusses oder Übernahme aller Kollegen bei der Hellma Materials! Auszahlung der Inflationsprämie! Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich!

 

Das Buch „Was bleibt ... 10 erkämpfte Jahre Opel-Bochum 2004 bis 2014 (hier auf der Webseite des Verlag Neuer Weg).