Ford
Verschiebung des Explorers – Ford soll die Karten auf den Tisch legen!
Der „Scheinwerfer“, die Zeitung von Kollegen für Kollegen bei Ford Köln und angegliederten Betrieben, macht Vorschläge für Forderungen und Kampfmaßnahmen, darunter eine außerordentliche Betriebsversammlung zu fordern, und sich nicht dem Launch-Plan unterzuordnen. In der Belegschaft wird auch diskutiert, dass ein selbständiger Streik ein geeignetes Mittel ist.
Im Juni wurde mit großer Show das Electric-Vehicle-Center eröffnet. Bundeskanzler Scholz sprach von einer „neuen Ära“. Direkt nach dem Werksurlaub dann der Hammer: der Produktionsstart des Explorer verschoben auf Juni 2024. Viele sind verunsichert, sauer, ratlos. Überall wird diskutiert. Diese Entscheidung wurde bestimmt nicht erst vor zwei Wochen getroffen – die feierliche Eröffnung des EVC war also mindestens aus Detroit ein Betrugsmanöver! Die offizielle Begründung: Aus lauter Sorge um Qualität und Kunden will Ford den Explorer direkt mit der neuesten Batteriegeneration starten. Wenig überzeugend. Für die Stückzahl wurde die Qualität stets geopfert. Wenn es Ford wirklich um die Bedürfnisse der Kunden ginge, müssten sie günstige Familien- und Kleinwagen anbieten. Diese streicht Ford aber ganz im Gegenteil einen nach dem anderen aus dem Programm.
Worum geht es wirklich?
Zum einen gibt es eine Überproduktionskrise, seit 2018 gingen die Stückzahlen runter, auch die des Fiesta bei uns. Außerdem wird die internationale Produktion komplett neu organisiert, bringen Digitalisierung und Umstellung auf E-Autos die bisherigen Strukturen in eine Krise. Vor diesem ganzen Hintergrund findet auf dem Automobilmarkt eine regelrechte Vernichtungsschlacht statt. Kapitalistische Leitlinie dabei ist, sich auf die profitabelsten Märkte und Produkte zu konzentrieren. Ford hat in Indien, Russland und Südamerika Werke geschlossen, massiv in den USA investiert, in Europa wurden Genk, Bordeaux geschlossen und Tausende Arbeitsplätze vernichtet. Mit den Angriffen auf das Entwicklungszentrum hat Ford längst angedeutet, dass sie perspektivisch keine neuen Autos in Europa entwickeln und damit letztlich auch bauen wollen. Im Mai 2022 schrieb das Management, worum es ihnen auch bei den E-Autos geht: „Ziel ist es, Wachstum und Wertschöpfung voranzutreiben und Ford so zu positionieren, sowohl etablierte Automobilhersteller als auch Wettbewerber für E-Fahrzeuge zu übertreffen.“ Was bringt es, den Explorer zu verschieben, wenn Ford sowieso schon spät dran ist mit eigenen E-Autos in Europa?
Wir müssen uns auf mehr als eine Verschiebung einstellen.
Natürlich ist es möglich, dass der Explorer ab Juni 2024 gebaut wird. Vielleicht spekulierte das Management auf Kurzarbeit, um die Kosten auf die Gesellschaft abzuwälzen. Es ist aber auch möglich, dass Ford sich gerade überlegt, ob der Explorer überhaupt in Köln gebaut wird oder sich bereits dagegen entschieden hat, sich aber schlicht nicht traut, damit vor die Belegschaft zu treten, weil sie unsere Reaktion fürchten. Der ID4 läuft nicht gut, VW hat die Produktion in Emden bereits gedrosselt. Erinnern wir uns an Genk / Belgien. 2012 wurde das Werk geschlossen, obwohl die Produktionslinie für den neuen Mondeo schon aufgebaut war. Die Zusagen von heute können morgen schon Schnee von gestern sein! Auch Investitionen sind keine Garantie.
Was ist zu tun?
1. Wir brauchen eine außerordentliche Betriebsversammlung! Das war kurzfristig auch Anfang des Jahres möglich, als es um das Entwicklungszentrum ging. Offensichtlich will der Betriebsrat aber erst mal Infos von Ford. Ford will aber nichts rausrücken. Wir dürfen Ford diese Hinhaltetaktik nicht durchgehen lassen! Dafür braucht es bei der Betriebsversammlung sowohl eine Aussprache als auch wirkliche Antworten der Geschäftsleitung auf unsere Fragen!
2. Ford will sich nicht in die Karten gucken lassen, lässt den Launch-Plan weiterlaufen, sichert zu, dass wir alle weiter bezahlt werden, organisiert „Arbeit“, die mehr Beschäftigungsmaßnahme ist. Wir sollten nicht abwarten, bis wir eventuell im Oktober alle nach Hause geschickt werden und jeder für sich monatelange im Ungewissen grübelt. Jetzt können wir gemeinsam aktiv werden. Die Kollegen vom Solinger Autozulieferer Borbet konnten sich bis zum Schluss nicht vorstellen, dass das Werk wirklich schließt, sie nahmen ihren Kampf erst nach Produktion der letzten Felge auf. Wir sind nicht „zu früh“ dran, jetzt das Heft in die Hand zu nehmen! Wer behauptet, wir würden mit Aktionen den Launch gefährden und uns selbst ins Knie schießen, stellt die Sache auf den Kopf. An uns liegt es nicht, planmäßig zu produzieren. Aber wir lassen uns nicht über den Tisch ziehen.
3. Wir haben auch ohne laufende Fahrzeugfertigung Druckmittel: Zum einen sind wir eine Belegschaft und das geht alle Bereiche an. Wir pressen Teile für Saarlouis, Craiova, liefern Ersatzteile nach ganz Europa und und und. Zum anderen fürchtet Ford an einem Kampf nicht bloß den wirtschaftlichen Schaden. Ein Kampf in Köln-Niehl wäre ein Signal: An die Kollegen im Entwicklungszentrum in Merkenich, an die Belegschaft in Saarlouis, die seit Monaten um ihre Arbeitsplätze kämpft und auch an unsere Kollegen in Valencia. Es wäre auch ein politisches Signal, gemeinsame Kampfaktionen vor den Toren zu machen. So wird die IG Metall zu unserer Kampforganisation. Beraten wir das in den Abteilungen.
Wir brauchen klare Forderungen:
- Keinen Cent Verzicht! Volle Bezahlung durch Ford!
- Kampf um jeden Arbeits- und Ausbildungsplatz!
- Außerordentliche Betriebsversammlung mit Aussprache! Keine Geheimverhandlungen!
- Wir brauchen ein vollständiges und allseitiges gesetzliches Streikrecht!