Armut in Deutschland auf hohem Niveau

Armut in Deutschland auf hohem Niveau

Bundesweite Montagsdemo: Die Stimme des Widerstands

Armut ist ein Riesenthema in Deutschland und dennoch findet es in den bürgerlichen Massenmedien kaum Aufmerksamkeit. Da ist es erfreulich, dass unter dem Titel „Armut in Deutschland: Kein Geld, keine Kraft“ am vergangenen Freitag ein Artikel von Anna Mayr in der "ZEIT" erschien. 24 Stunden später standen dazu schon 1147 Kommentare auf der Homepage. Das Thema brennt, denn fast ein Fünftel der Deutschen ist armutsgefährdet.

Von gc
Bundesweite Montagsdemo: Die Stimme des Widerstands
Stimme dsr Straße - die Bundesweite Montagsdemobewegung (rf-foto)

Die Autorin widmet sich der Frage, warum die Betroffenen nicht stärker aufbegehren. Sie schildert anhand von Schicksalen die vielfältigen Gründe und zitiert eine Aktivistin: „‘Wenige von uns gehen auf Demos’, sagt sie. "Wir haben Alleinerziehende, die haben kaum Zeit. Pflegende Angehörige, die nicht einfach weggehen können, weil sie jemanden pflegen. Leute, die arbeiten und trotzdem zum Jobcenter müssen. Und Leute mit psychischen Erkrankungen, für die das alles zu viel wäre.‘ Außerdem sei es eben teuer, zu Demos zu fahren. Wenn man sich zwischen Lebensmitteln und einem Bahnticket entscheiden muss, kauft man eher die Lebensmittel.“

 

Für Aktivistinnen und Aktivisten in der Bundesweiten Montagsdemobewegung, die gegen die Hartz-Gesetze kämpft - ist das ein bekanntes Thema. Waren es zu Zeiten der Einführung des Hartz-IV-Armutsgesetzes viele Menschen, die auf die Straße gingen, sind es heute weniger. Die Gründe sind vielfältig.

 

In einem der Kommentare wird unter dem Pseudonym „barfussfee“ geschildert: „Oft ist es auch die Scham, dass man in einem Land des immer noch Überflusses und der smarten schlauen Jobs, die es angeblich überall gäbe und man nur zu deppert oder zu faul sei, sie flugs zu ergreifen, dass man sich lieber nicht zeigen möchte. (…) Das schief angeschaut werden zehrt dermaßen an der bereits schwachen mentalen Substanz, da bleibt so jemand lieber daheim. Nicht wenige sind depressiv oder / und haben Angststörungen. Oft ist man erst dadurch abgerutscht.“

 

Das Bürgergeld hatte viele Erwartungen geweckt und tief enttäuscht. Die ganze Inszenierung um das Thema Bürgergeld hat an der Armut in Deutschland nichts geändert. Im Gegenteil: im Zusammenhang mit der Inflation und dem enormen Preisanstieg ist sie weiter gewachsen.

 

Der Paritätische Wohlfahrtsverband berichtet in seinem Armutsbericht 2 / 2023: „Das Statistische Bundesamt musste die Daten nachträglich korrigieren, die Armut ist höher als angenommen. Die Armut hat in Deutschland mit einer Armutsquote von 16,9 Prozent im zweiten Pandemie-Jahr 2021 einen neuen Höchststand erreicht. 14,1 Millionen Menschen müssen demnach hierzulande derzeit zu den Armen gerechnet werden, 840.000 mehr als vor der Pandemie. Nach wie vor zeigen Haushalte mit drei und mehr Kindern (32,2 Prozent) sowie Alleinerziehende (42,3 Prozent) die höchste Armutsbetroffenheit aller Haushaltstypen. (...) Die Armut unter Kindern und Jugendlichen hat mit 21,3 Prozent eine neue traurige Rekordmarke erreicht. Gleiches gilt für ältere Menschen (17,6 Prozent) und Rentner*innen (18,2 Prozent), darunter vor allem Frauen. Altersarmut ist überwiegend weiblich.“

 

Die Bundesweite Montagsdemo fordert unter anderem: "Keine Kürzung der Fördermittel bei den Langzeitwerbslosen und sinnvoller Einsatz dieser Gelder für qualifizierte Weiterbildung oder Umschulung! Abschaffung der Arbeitsgelegenheiten! Sofortige Anhebung der Regelbedarfssätze um 150 € (Forderung von Verdi.) Anstelle des neuen „Bürgergeldes“ sanktionsfreie Fortzahlung des Arbeitslosengeldes I von mindestens 1 200 Euro (Haushaltsvorstand, für Familien entsprechend mehr) für die Dauer der Arbeitslosigkeit!"

 

Die Montagsdemobewegung ist heute weiter auch eine Plattform von Armen und für sie. Die Saarbrückener Montagsdemo schreibt in ihrer Presseerklärung: „Wir dürfen uns nichts vormachen lassen – heutzutage lassen die Regierungen alle Hemmungen fallen, wenn es darum geht, an den verheerenden Krisen des Kapitalismus auf Kosten der Arbeiterklasse und der Weltbevölkerung herumzudoktern – ohne Erfolg übrigens. Gefragt ist, sich zusammenzuschließen und den Kampf aufzunehmen für unsere elementaren Lebensinteressen. Die heutige Montagsdemo in Saarbrücken ist dafür ein weiterer Schritt“¹